Beim Kauf eines Rettichs zur Prostata-Massage

„Bedeutet Ihnen dieser Rettich nichts?“ fragt der Gemüsehändler. Sein Gesicht sieht aus wie ein abgenagter Knochen und irgendwie will die Gesundheit nicht richtig in ihn einfahren.
„Nein“, bratsche ich schlechtgelaunt, „er ist zu dick, als daß ich ihn mir in den Arsch stecken könnte. Und genau das suche ich. Hatten sie jemals eine Prostata-Massage?“
Er glotzt auf einen Punkt zwischen meiner Stirn, was Menschen mit einem überkreuzten Blick stets sehr gut gelingt.
„Sie werden verstehen, daß ich darauf nicht antworten mag.“

Häfte

Zum Roman, gegen den ich eine berechtigte Aversion hege, drängt es mich aufgrund der ausufernden Stoffe, die ihrerseits miteinander in Verbindung stehen, die mir aber stets auch zeigen, daß sie unmöglich vollständig zusammenzuführen sind, daß es sie zur Erzählung hin drängt. Wenn aber ein Roman nur ein Verbund unterschiedlicher Erzählungen mit einer sich überschneidenden Thematik, sich wiederholender Protagonisten ist, ist der Roman selbst als Kunstform obsolet. Man käme nämlich dann nur einem Publikum entgegen, das nach Romanen schreit, ganz egal, ob es versteht, was ein Roman denn eigentlich ist (und glauben Sie mir, keiner weiß es!).
Ich bin nun also hier, um einige Häfte zu füllen; daß ich mich dabei gerade dieser Schreibweise bediene, hat etwas Extravagantes, tatsächlich aber ist der männliche Artikel keine Willkür, da er in einigen Gegenden dem Heft vorangestellt wird. Die Schreibweise Häft ist leider ebenfalls nicht auf meinem eigenen Mist gewachsen, auch wenn es mir ähnlich sähe. Sie entstammt dem Vorschlag Johann Christoph Gottscheds.

Ich mag diese Ruhe nicht, das können Sie mir glauben, diesen ins Gesicht gelogenen Frieden, diese guten Sitten, die alles in den Abgrund lenken und seit ehedem die Welt in die Psychose reiten. Ich stehe nicht an, sei’n Sie so gut und lassen Sie mich vor. Was soll ich mir sonst zuhause erzählen, wenn ich zu spät zu mir zurück komme?

Werk in Bewegung

Das, was sich fortwährend auf dem Weg befindet, auf Reisen ist, wirkt lebendig – man sieht es ihm an, da will einer am Universum teilhaben, koste es, was es wolle; ein unruhiges Flackern nur, aber ohne still zu stehen, wird er nicht das Ziel des Gewöhnlichen werden.

Flummi

Die dicke Tochter nannte ich der Einfachheit halber Flummi. Ich stellte mir vor, wie man sie auf den Fußboden schmeißen kann und sie dann wie ein irrer Gummiflipp up to the roof und wieder back to the bottom sprunkelt.
Das ist freilich nicht nett ausgedrückt für eine, die dann später, mit zwanzig bereits breitbeinig gehen mußte, weil ihre Schenkel aneinandergeigten. Dennoch behauptete sie von sich, eine Untote zu sein, so viel Verstand besaß sie dann doch. Sie sei eine Untote und sie liebe mich. Das war in etwa die Zeit als ihre Mutter im Sterben lag.

Das geheime Achsenwesen

Wenn man jemanden liebt, gibt es Momente, Personen, Töne, Farben, Gerüche, Reflexe, die die geliebte Person unmittelbar zur Anwesenheit zwingen. Das ist nicht ein Sehnen, das ist nicht ein Gedankenspiel, das ist Präsenz. Oft verkörpert sich das geliebte Objekt in einer anderen Person, die man hier und dort nur flüchtig und wage, aber auffällig oft an verschiedenen Orten antrifft. Es ist das geheime Achsenwesen.