War es gestern? Das erste Telefonat mit Benjamin Stein, bis auf eine Stunde fehlten nur Sekunden. Ich müßte Worte für sein „Blau“ finden, komme über rudimentäre Sätze jedoch nicht hinaus. Zu viel liegt noch im Argen mit meiner Bibliothek. Wollte am Telefon etwas über Leo Perutz und sein Nachts unter der steinernen Brücke schwadronieren, tappte zum Regal und griff ins Lehre (es gelingt mir, mit einem Buch in der Hand besser über das Objekt, auch den Inhalt zu parlieren); ein Ärgernis sonders – aber ich bin zu erschöpft um einen meiner Marketing-cholerischen Anfälle zu bekommen.
Was ich ihm jedoch sagte, ihm und mir auf Blattpapieren:
Benjamin Stein tut hier etwas, das im ersten Augenblick harmlos aussieht. Er kettet schwimmende Prosa-Inseln aneinander, die so funktionieren wie dieser Zaubertrick: Die Ringe sind unteilbar ineinandergedreht, aber plötzlich und ohne daß man wüßte, wie, sind sie getrennt. Das Ganze läßt sich natürlich auch invertieren.
Innenschau: Ich möchte es betonen – der Innere Monolog, den die literarische Moderne so gerne zu einem nutzlosen Gestammel degradiert, findet hier seine Anwendung ohne jegliche Sprachzerstörung. Wer jemals Filmmusik nicht als Beiwerk des Bildersturms empfunden hat, weiß, wie Steins Sprache klingt…
Jetzt muß ich Fleischkugeln mit einer Muskat-Brandy- Beize einreiben, dazu werde ich mir einige Urquell-Büchsen durch den Verdauungstrakt jagen.
Monat: März 2007
März, Vierundzwanzig, Sieben
(Chat)
Marcella sagt:
würdest du denn allen ernstes mit einem leser tauschen wollen?
K.I.N.G sagt:
wenn ich ein leser wäre, würde ich mich erkennen können
Marcella sagt:
wenn über dich geschrieben würde oder wenn ein anderer dein werk geschrieben hätte?
K.I.N.G sagt:
über mich kann nur ein dummkopf schreiben oder jemand der mich liebt
März, Neunzehn, Sieben
Der erste Start im neuen Quartier. Reibungslos, wie erwartet, ich selbst: ein Wrack, ein Krüppel, ein mit körperlicher Arbeit entweihter Sklave der Dreidimensionalität. Ich werde Wochen benötigen, wieder zu Verstand zu kommen. Eine Woche lang Umzug. Unfaßbar. Kein kultivierter Mensch sollte so etwas tun müssen.
März, Siebzehn, Sieben
Heute ist der Haupttag des Umzugs. Ich bin ultrahocherhitzt, sogesehen fast pasteurisiert. Mich drängt es zur Arbeit, statt dessen muß ich DINGE schleppen, ganz zu schweigen davon, daß ich müde bin.
März, Fünfzehn, Sieben
Na! Muskelkater habe ich. Ich walke mich voran wie Link, der Butler und nichts ist von meiner arroganten Schrittfolge übrig, die ich gewöhnlich mit Bewegungsticks garniere, etwas dem Einbeugen der rechten Hand und dem ständige Zupfen an meinem Kragen, dem Rumfummeln am Hosenschlitz.