Mai, Achtzehn, Sieben

14.26

Es muß dann über die Verzahnung der Introspektive mit den rasanten Erzählsequenzen nachgedacht werden, eine Einteilung und Kennzeichnung der Tableaus.
Das Traumvolk aus dem Enuma Elish ist parallel zu setzen mit dem Publikum des Theaters, der Punkt, an dem Franz-Anton die Uhren an Adam übergibt.
Über das Möbiusband der Postmoderne sinnieren, wie es John Barth in seinem Juxhaus verwendet, aber auch, wie es in den Filmen Lynchs zu sehen ist.

15.57

Umräumaktion. Ich muß die Pflanzen sehen, ziehe vom Nordzimmer in den ehemaligen Wohnraum. Ein Mensch ohne Bücher ist ein Krüppel. Ich muß so viele wie möglich neben mir haben. Bücher und Pflanzen, was gibt es wichtigeres außer zusätzlich nächtlich-tägliche Vulven (natürlich mit Frauen drumherum) und Weinbierschnaps.

18.07

Da ich alles Urquell bei Denner ausgetrunken habe, muss ich nun auf Budweiser ausweichen, und das, obwohl am Montag geliefert werden sollte. Ich war wütend, aber nicht maßlos sauer und man versprach mir, so schnell wie möglich, vor allem: noch einmal zu bestellen.
Essen werde ich heute ganz frischen Schweinehals mit einer eigenen „Westernsauce“. Die Zeit läuft davon, wegen dem Ortswechsel und ich habe heute nur recherchiert, noch nichts geschrieben, weshalb ich eine gewisse Gereiztheit nicht verbergen kann.

21.08

Zettelkästen neu Sortieren.
Trotz Materialien zu Babylon, Ausgrabungen, Vermessungen – keine Möglichkeit, diese Stadt zu transkribieren. Ich nehme als Vorlage nun Mexico City.

Mai, Fünfzehn, Sieben

Ich habe heute Nacht eine Muschel gefunden, in der Gespräche aufgezeichnet wurden, die man vor 17 Millionen Jahren in einer Höhle führte. Ich habe festgestellt, daß dies nicht nur sehr verblüffend ist, sondern daß die Kommunikation auf Poesie beruht.

Mai, Vierzehn, Sieben

Täuschen Sie sich nicht, ich bin ein unbeugsamer Kosmos.
Prädikat: Nicht sittsam, nicht verlogen, nicht bigott. Erst dann, wenn Ich mich dagegen nicht mehr wehren kann, werde ich mich erschießen.
Bis dahin aber werde ich einer der wenigen aufrechten Künstler bleiben, denen man nicht dem Mund verbietet. An Kleinheit werde ich mich nicht messen lassen.
Wie gerne hätte ich zu ihnen gehört, den klugen Franzosen, statt dessen habe ich mich in der Zeit und in der Sprache geirrt.

Fragte Breton:
„Wollt ihr, ja oder nein, alles aufs Spiel setzen, einzig und allein um der Freude willen, tief unten am Grunde des Schmelztigels, in den wir unsere armselige bürgerliche Bequemlichkeit, den Rest unseres guten Rufs, unsere Zweifel, das radikale Bewusstsein unserer Ohnmacht, die Albernheiten unserer angeblichen Pflichten, kunterbunt mitsamt den feinen, zarten, zerbrechlichen Gläsern werfen wollen, jenes Licht aufleuchten zu sehen, das nie mehr verlöschen wird?“
Antwortete der einzige Lebende:
„Ja.“

Mai, Zwölf, Sieben

Gestern in St. Gallen jene runden Türme entdeckt, in denen sie jeden Monat den Mond gießen, bevor sie ihn mit einem riesigen Katapult in den Himmel schießen. Es sind zwei runde Formen, in der einen sind die Mondmacher am Werk, ihre chemische Mixtur anzusetzen. Wenn der Mond fest ist, wird er unter die Erde gebracht, zu den Feuermohren, die ihn zum Katapult transportieren und den Mondmachern aus den Tiefen der Erde Basalt und Eisen liefern.

16.33

Ein Künstler hat sein Haus nur zu verlassen, wenn es unbedingt nötig ist. Das ist selten, in meinem Fall, um Getränke sicherzustellen und die Hunde dorthin zu führen, wo eine Bank steht und ich ab und an ebenfalls arbeite.
Ein Künstler also, der sein Haus verläßt, ohne Notwendigkeit, im schlimmsten Falle noch der Kurzweil wegen, ist keiner.
Ein Künstler hat ununterbrochen zu arbeiten.

16.38

Nächstens: Man sollte sich auch nicht mit dem Publikum unterhalten, jeden meiden, der des Weges kommt und kein Künstler ist. Auf das Strikteste!

19.07

Gerade traf ich vor dem Haus zwei Mormoninnen, die meine roten Schuhe bewunderten. Sie stopften mir – verblüfft, wie ich manchmal sein kann – ein Buch in die Hand und sagten: „Sexuelle Sünde ist ein Greuel -“
Und der Herr, also ich, antwortete: „Das ist schön, denn meine Religion ist sexuelle Sünde, aber nicht nur das: auch übermäßiges Genießen von Alkohol gehört zu meinen bevorzugten Pfaden.“
Sie freuten sich dennoch und wollten mich sogleich besuchen.