August, Dreiundzwanzig, Sieben

07.30

heute noch elendiger beieinander als die letzten tage und sehr müde. am besten, ich fange gleich mit dem trinken an.

09.18

heute nacht wetterte drei mal der blitz in mein gesicht. und der sound war atemberaubend und ich dachte: so hört sich harmageddon an, ein keyboard sollte jedoch für etwas atmosphäre sorgen. jetzt im moment dampfen die berge, als wären sie die ganze nacht penetriert worden.

17.41

den nebel aus der küche gewedelt. kaum zu glauben, dass so ein auf dem herd verbrennendes geschirrtuch beinahe für eine rauchvergiftung sorgt. ich roch es sehr spät, muss ich sagen, eigentlich wunderte ich mich eher darüber, warum der kessel nicht pfiff. in verbindung mit dieser verwunderung roch ich, warum der kessel nicht pfeifft und nie pfeiffen würde – ich bin etwas verwirrt, so scheint mir das einschalten der falschen platte begründbar zu sein.

Das Labyrinth

Das Labyrinth ist ein Zeichen, das viele verschiedene Zeichen in sich birgt. In einer Fülle komplexer Darstellungen und Deutungsmöglichkeiten führt es hin und her, biegt immer wieder ab und führt schließlich zur Mitte.
Eine der Bedeutungen des Labyrinths ist, daß alles, was existiert, sich niemals schlußendlich festlegen läßt. Das frühgeschichtliche Labyrinth, das man bei Ausgrabungen eines Palastes in Pylos in Griechenland fand, hat einen kreuzungsfreien und vorgegebenen Weg, der auf verschlungenen Pfaden sicher zum Ziel und wieder hinaus führt.
Man kann durchaus davon ausgehen, daß das Labyrinth mit Initiationsriten, erotischen Hochzeitsspielen und Tod-Wiederkehr-Mysterien in engem Zusammenhang steht, denn die ältesten Zeichnungen sind nahe an Kultanlagen plaziert.
In der Ilias wird ein Pendeltanz im Zusammenhang mit einem Herbstritual beschrieben. Tanzvorstellungen sind auch auf alten Tonkrügen zu sehen, die hier Kranich- oder Jungferntanz bedeuten.
Das Labyrinth (und das soll hier nicht verschwiegen werden) ist ein weibliches Symbol, es steht immer in Verbindung mit der Göttin oder der Erde. Erinnern wir uns:
Ariadne hatte den faden des Wissens in der Hand und gab ihn weiter.
Ich habe das Labyrinth als Sinnbild meines Werkes gewählt. Ich bin weder der Erste, noch werde ich, da bin ich mir sicher, der Letzte sein. Der Unterschied aber zu allem, was man über das Labyrinth weiß, ist in der Literatur ein anderer gegenüber den historischen Tatsachen. Schlegel führte 1798 die Arabeske in die Literatur ein und verband damit die Vorstellung märchenhafter Phantastik, ironischer Leichtigkeit und überquellender Fülle, von Poe wissen wir, daß er in seinen Geschichten vom Arabesken den Akzent auf eine groteske Verzerrung der Welt zum Dämonischen legte. Besehen wir uns die Ornamentik einer arabesken Darstellung, fällt es uns sehr leicht, darin ein Labyrinth zu erkennen. Denken wir uns ebenfalls eine Wüste als Labyrinth und: Eine Bibliothek.
Ich kann mich täuschen, aber die besten Dichter waren labyrinthische Schreiber, die stets mehr wagten, als bornierte Beschreibungen in die Welt der Unterhaltung zu liefern. Ein Labyrinth unterhält nicht sondern bietet nicht weniger als den Zusammenhang des ganzen Universums.
Und es wird erzählt von einem Weibe, das sich hat ihre Schamlippen ritzen lassen, so daß darauf, auf ihrer zarten Haut, ein Schmetterling zu sehen war und dieses Weib wohnt im Hause der Labrys, das umgeben von schweren Steinpfeilern die Doppelaxt in ihren Händen hält. Das Haus ist in der ganzen Welt als Labrynthios bekannt.

August, Sechzehn, Sieben

dinge verwandeln sich stetig. vollständig mit ihrer ganzen form. aus dem haus ging ich, um eine salatgurke zu kaufen, unterwegs dachte ich daran, noch orangensaft dazuzupacken. aus dem orangensaft wurde ein fass wein, aus der salatgurke toast und ananas und schinken und käse.
und man kann es auch nicht ändern, die gegenstände zerfliessen förmlich.
nachdem ich nun fast die ganze nacht (wieder einmal mehr) mit marcella sprach und ich sie so um ihren benötigten schlaf brachte, geht es mir heute beinahe ausgezeichnet.

August, Zwölf, Sieben

15.45

wichtig; sich der frustration entwinden. den fokus auf etwas richten, dass erfahrungsgemäß nicht so sehr frustriert, wie das, was man augenscheinlich begehrt.
sich nicht mit messern schneiden lassen und vor allem nicht selbst schneiden.
eine liebeskrankheit setzen lassen, um sie nach ein, zwei jahren dann doch literarisch zu verarbeiten und somit dankbarkeit zeigen für eben jene frustrierende beziehung, die ein erinnern ermöglicht. neben den schelmereien sind es immer die akte der verletzung, die kreativität hinterlassen.

wie schnee kalt sein, das sei ein wunsch, der sich erfüllen ließe, aber nichts einbrächte, weil man dann danach ginge, das, was man gegenwärtig fokusiert, mit allem zukünftigen glück bereits jetzt vergleicht. das scheint nicht gehörig und wird nur eine erneute störung bereits im keim enthalten.

fokus und objekt. ein objekt ist ein objekt wie jedes andere. sobald das objekt jedoch ein projektil ist, dass sich in den leib bohrt, wird man es nicht mehr freundlich betrachten wollen.
es macht durchaus einen unterschied, ob man über eine wurzel stolpert oder diese wurzel findet, ausgräbt und bemalt, ihr vielleicht ein nettes gesicht verpasst.
es gibt zeiten und wege des einen und es gibt zeiten und wege des anderen. selten sind sie gleich. man darf nicht in alles sinn hinein legen, im gegenteil muss man akzeptieren, dass das wichtigste überhaupt ganz und gar sinnlos ist. das hält nicht vom fokussieren ab, das hält von überhaupt nichts ab, aber es hilft, sich das haupt zu schütteln, etwas kaltes wasser ins gesicht zu spritzen und zu sagen: mann-o-mann. schlucken wirs runter, verbinden es, wenn es sein muss und warten, bis es geheilt ist. am besten, man erzählt niemanden davon. man könnte sonst zum gespött werden.

20.22

in mir schlummert etwas bedenkliches. ein obskurandum. gedanken pflegen nicht, sie martern.
wie gut, dass ich psychologie studiert habe: ich habe von nichts auch nur die geringste ahnung.
ich habe schon einmal an einen racheengel gedacht.

August, Acht, Sieben

15.05

ich war gestern viel zu besoffen um wieder in den traum einkehren zu können. ich vertrage wirklich nur noch drei flaschen wein gegenwärtig. das ist natürlich sehr mager, wenn man bedenkt, dass ich vor einem jahr noch etwa 7 flaschen trinken konnte. an faulkner, der bis mittags schon einen zehn-liter-bottich leerte, ist gar nicht heranzureichen. aber so gut wie dieser schreibe ich nun ja auch nicht und wer nicht schreibt, braucht auch nichts zu trinken.

22.05

kann gar nicht sagen, wie glücklich ich bin, wenn ich sehe, wie der regen der zivilisation zusetzt.