Zwischen Traum und Wachen

Analogie zwischen Traum und Wachen sind die Fixpunkte des surrealistischen Universums. Wunscherfüllung ist das Lustprinzip. Zensur ist das Realitätsprinzip.

Dilemma – das scheint immer eine ausweglose Situation zu bezeichnen. Man sollte nicht über Hammer und Nagel diskutieren, wenn man sich gerade auf den Daumen geschlagen hat.
In COI beschreibe ich eine Liebesgeschichte; und wie es mit Liebesgeschichten so ist, entspringen sie immer der Phantasie eines… nun, etwas verrutschten Autors; Liebesgeschichten sind ein Äquivalent zu einem weitaus mehr verpönten Genre: der Horrorliteratur. Beide, Liebesgeschichte und Horrorgeschichte gehören der Phantastik an, wobei gesagt werden kann, dass Liebesgeschichten unrealistischer erscheinen als jeglicher Horror – und es auch sind.
In COI wird Adam in den Wolken ein stilisiertes Gesicht erkennen und noch nichts davon ahnen, dass jenes Mädchen, in das er sich gerade verliebt, nicht nur durch die Tatsache flüchtender Wolken unerreichbar ist, sondern auch durch 6000 Jahre Kalenderzeit. Was ich damit ausdrücken will, ist die Unmöglichkeit der Liebe, die dennoch Adams folgendes Leben beherrschen wird.
Kafka drückte das einmal mit Krähen aus, indem er sagte: Himmel bedeute Unmöglichkeit von Krähen.
Wenn ich jetzt eine Brücke schlage, und die Wahrheit sage, dann muss ich anmerken, dass ich dieses Wolkengesicht selbst gesehen habe, als ich elf Jahre alt war. Das ist an sich nichts Besonderes, wir wissen alle, dass man in Wolken alles sehen kann, was man darin sehen will. Was das Beunruhigende an dieser Sache ist: warum habe ich es nie vergessen? Es gibt weitaus phantastischere Dinge in den Wolken zu entdecken als ein Gesicht, aber ich kann mich nur an dieses Gesicht erinnern. Das Ergebnis ist schnell erläutert und ist eine weitere Analogie Adams zu mir selbst: von diesem Zeitpunkt an wird Adam in allen Frauen dieses Gesicht suchen, so dass er sich zu einem Don Juan entwickelt. Das, was ich selbst nicht vermochte – Adam jedoch schon, ist, dass er Myrrha (die Frau, nach der er eigentlich sucht) in seinen Träumen treffen kann. Er kann sie nicht einfach nur träumen… es wird kein Wunschtraum bleiben, er kann sich tatsächlich mit ihr… was auch immer.
Damit ist die Geschichte allerdings noch lange nicht erledigt, um ehrlich zu sein, ist damit nicht einmal ein sechzehntel von COI abgedeckt.
Das phantastische Element dieser Liebesgeschichte liegt auf der Hand, man muss es nicht weiter besprechen.
Tatsächlich war auch mein eigener Don Juanismus von der gleichen Intention geprägt, und seien wir ehrlich: welcher geistig gesunde Mensch glaubt an soetwas wie die romantisierte Liebe. Man vögelt sich durchs Packeis und bei irgendjemanden bleibt man eben – oder auch nicht, das hängt sehr von den jeweiligen Individuen ab. Man spricht verschiedenartig über etwaige Enttäuschungen – aber das würde voraussetzen, dass man wirklich getäuscht wurde, nicht wahr? Dass man getäuscht wurde und sich nicht selbst täuschte.
Das veranlasst mich zu folgendem, ich schrieb es, als es mir nicht gutging, in etwa als es mir wie jetzt nicht gutging (wobei ich anfügen muss, dass es schon sehr lange her ist, da es mir mit einer gewissen Dauer gutging). Ich glaube nicht, dass man sich daran gewöhnt, auch wenn es eine Zeit gab, da ich etwas in der Art zu hoffen wagte.

Veröffentlicht von

Michael Perkampus

Michael Perkampus war Moderator der Literatursendung Seitenwind für Radio Stadtfilter in Winterthur. Er ist Autor, Übersetzer und Herausgeber des Phantastikon.