Diese Rubrik folgt einerseits der Kolumne „Autoren & Werke“ der Urveranda, soll aber mehr sein als eine Blütenlese oder gar (was noch schlimmer ist) mit Rezensionen aufwarten. Letzteres wird, gerade in Zeiten des Internets, in inflationärer und verabscheuungswürdiger Weise, von schlechten Lesern als ein neues Hobby entdeckt. Auf das Urteil eines Rezensenten pfeift ein gesunder Leser (Walter Benjamin) freilich, und dennoch hat der Hinweis auf ein „wirklich“ gelesenes Buch seine notwendige Berechtigung. Ein Autor wird sich kaum mit diesem parasitären Geschäft aufhalten, wenn er sich nicht automatisch selbst in eine gewisse Tradition zu setzen beabsichtigt, einem Freunde einen Dienst erweisen möchte – oder sich Konkurrenten und Gegner vom Leib halten will. Da die Leserschaft auch gleichzeitig die Mitautorenschaft ist, lässt der Rezensent nichts anderes durchscheinen, als wie weit er seine eigene Arbeit begreift. Die Rezension sagt alles über den Rezensenten, sie sagt nichts über das Buch oder gar den ersten Autor.
Für die hier gestartete Rubrik bedeutet das freilich selbiges. Die Frage: Wie habe ich das Buch bearbeitet und welche Gedanken fuhren in mich, die mir vielleicht gar nicht selbst gehören, über die ich folglich nicht wenig überrascht bin?- stehen im Vordergrund, da das Lesen für einen Autor etwas völlig anderes ist als für jemanden, der nicht zur schreibenden Zunft gehört.
Wenn ich selbst die Frage nach dem Wie lese ich? beantworten müsste, käme ich nicht umhin, zu sagen: ich lese wie ich schreibe – in völliger Kontemplation, und mit dem regen Interesse: Wo bin ich hingeraten? Ein Buch, das mir nicht entspricht, lese ich weder zu ende, noch befasse ich mich damit, darüber auch nur ein Wort zu verlieren. Demgegenüber stehen jedoch Legionen würdiger Träger des eigenen Potential, des eigenen Begehrens.