Henrik von Holtum – Nie wieder gut

Aufstehen, nicht noch mal umdrehen, es sollte halb Acht sein und es ist halb Zehn.
Arbeiten gehen ist an sich kein Problem, doch irgendwas hier ist merkwürdig/unangenehm.
Irgendwas funktioniert hier nicht, meine Augen laufen aus, meine Schweißdrüsen auch.
Ich tropfe auf den Teppich und ich tropf’ in’s Bad, man kann den Boden mit mir nasswischen; bretthart.
Meine Kleider werden innerhalb Sekunden klamm, ich tropf’ in den Gang. Weil ich so nicht arbeiten kann
ruf ich meinen Chef an, der will nicht wissen, was geht, denn ich bin unstetig und zwei Stunden zu spät.
Ich brauch’ ‘nen Arzttermin! Ich bin dabei, mich zum dritten mal umzuziehen.
Die Sprechstundenhilfe sagt: Es ist nicht akut, weil es nicht weh tut und nur Wasser statt Blut!

Es wird nie wieder gut, nie wieder gut, nie wieder gut, nie wieder gut !

In’s Wartezimmer lässt sie mich nicht, da ist kein Platz drin für mich, denn sie wischt das nicht.
An und für sich könnte man mich ja auf dem Klo warten lassen, warum denn eigentlich nicht?
Ich bin’s, Frankenstein, ich hab’ anscheinend nicht den Anstand normal zu sein.
Ich hab’ ein neues Spiel erfunden: Ich streu’ Salz drauf und ihr leckt meine Wunden.
Ich hab mich niemals selber überwunden, kein Held vor dem Herrn, eher ein Feigling vor den Hunden.

Es wird nie wieder gut, nie wieder gut, nie wieder gut, nie wieder gut !

Dem Arzt bin ich ein Rätsel, er versucht zu reden, könnte es eventuell psychische Ursachen geben?
Meine Mutter langweilt mein Leben, die Mucke, die ich mag, meine Art, mich zu bewegen
und mein Vater ist schon ne ganze Weile tot. Sie sagt, langweilig war er nicht, dafür ein Idiot.
Vielleicht bin es ich, der Schuld daran ist, jeder vergisst mich, erinnert sich nicht mehr an mich.
Ich hab’ gebetet, man möge mich wahrnehmen, nehmen/geben, sehen und gesehen werden.
Jetzt ist’s geschehen, ich heb mich ab von der Masse, weil wo immer ich auch bin nasse Flecken hinterlasse.

Es wird nie wieder gut, nie wieder gut, nie wieder gut, nie wieder gut !

© Henrik von Holtum