StartseitegeisterreisenMaking of a Poet / 2

Heute wird man sich fragen: Wer hat denn Schuld, wenn es zu einem Poeten kommt – und was ist das überhaupt: ein Dichter?

In erster Linie (ich schreibe allerdings linienfrei) ist immer das Land verantwortlich. Ein Dichter ohne ‘Heimat’, sei sie real faßbar oder nur das Ideal einer inspirierenden Bucht, ist undenkbar. Das Zweite ist der Verlust – durchaus schwieriger zu fassen als das Land, das man ja auch verloren haben muß, um es betrachten zu können. Das Wichtigste aber (und deshalb an dritter Stelle genannt) sind die ‘traumhaften Begebenheiten’, die dem Dichter erscheinen. Eben: er denkt sie sich nicht aus. Sie sind ein jenseitiges Gespinst seiner Wahrnehmung. Jedes Dichten ist erinnern, also: finden (auffinden, wiederfinden). Wie wenig ist das wert, wenn man keine Sprache hat! Diese Sprache muß sich von jedem Vorwurf der Sprachkonvention freimachen, die ja nur zum beschreiben anhält. Nicht beschreiben sondern verdichten. In der eigenen Sprache sprechen, die wir nur in unseren Träumen lernen.

Der Dichter ist ein Forscher – im Grunde der höchste Wissenschaftler. Das wenigste, das er tut, unternimmt er mit der Sprache, nein, ich glaube, die meiste Zeit plagt er sich mit Schlaflosigkeit herum. Auch bei Tage. Er sucht sich Gefährten – in der Regel sind sie alle tot. Wo er auch hingeht, wird ihm ein Hauch des Unheils folgen. Andere mag das faszinieren oder abstoßen – unbeeindruckt bleiben nur die dumpfen Naturen.

Kehren wir zurück zum Land. ‘Mondbeglänzte Zaubernacht’ nannte Ludwig Tieck seine Wahrnehmung des Fichtelgebirges. Vielleicht ist es das Wasser, vielleicht sind es die Mineralien (wie Göthe behauptet), vielleicht ist es die Form des Hufeisens – oder es ist alles zusammen, was diesen Mittelpunkt des europäischen Kontinents so magisch erscheinen läßt. Ich möchte die Menschen fragen, ob sie das überhaupt wissen – oder ob es nur eine Information unter Dichtern ist.

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