>
Er denkt sich, dass er nach dem ersten Umräumarbeiten in seinem Kopf vielleicht wieder eingeschlafen ist, setzt sich dann mit einem Ruck im Bett auf, tastet, obwohl er doch sieht … tastet wie ein Verrückter auf dem Laken herum, als könne er seinen Augen nicht trauen, seinen Händen aber schon. Da müsste sie jetzt liegen, seine Hand müsste warme Haut berühren – ein leises Seufzen aus ihren halb geöffneten Lippen, die schlangenartige Bewegung, wenn ihr Körper näher an seinen Leib rückt, ein Arm, der sich schlaftrunken über seinen Bauch wirft, ein Fuß, der seine Füße kreuzt. Aber der Platz neben ihm ist leer, das Bettzeug zerknautscht und entleibt. Er – mit der Lasur seines Schweißes bedeckt, atmet nur mit der oberen Körperhälfte, das Pleura hinkt. Er fährt auf, als würde er unter Wasser gedrückt, keine Luft mehr bekommen, eine letzte Attacke des Lebens, starrt zur Tür, die nicht richtig schließt. Sobald es etwas windet, springt sie aus dem Schloss und wedelt in Zeitlupe wie der Tanzpartner eines flüchtenden Gastes, der zum Fenster eilt, daraus entschwindet, um erneut von unten zurück ins Gebäude (oder gar von oben durch den korallenroten und abgeplauzten Giebel) einzustieben. Es ist still im Zimmer. Dreckiges, oranginfarbenes Licht dringt durch das verschmierte Fenster über dem Bett, um sich im ganzen Raum wie ein giftiger Dunst auszubreiten. “Sie war hier …” Die eigene Stimme, die sich anhört, als käme sie aus dem Trichter eines Grammophons. Er nimmt erneut Blickkontakt mit der leeren Stelle neben ihm auf, berührt in der Hoffnung einer plötzlichen Materialisation das Laken, die See, bildet sich ein, ihre Körperwärme dort zu spüren, noch immer präsent, sie kann noch nicht lange fort sein. Sie hat die Tür geschlossen wie sie das immer tut. Die gleiche Sanftheit lag darin, die angefasste Tür, das verlassene Ich, die kurz überflogene Treppe nach unten, den Laternen zu, den Schildern, der schlechten Luft, die hier im Zimmer kaum anders strömt, die vielleicht mehr steht, das ist wahr. Das Licht als Ersatz für ihren Körper, der es verdient hätte, nackt und aufgellend durch die Lüfte zu schweben, frei von allen Konventionen des Fleisches. Wenn sie nicht hier ist, dann ist sie diese Frau, dann ist sie reines Hirngespinst, nicht einmal Traum, Einbildung und Gedankensubstanz. Die Welt ist ein merkwürdiger Ort. All das, was wir erfinden, war in Wirklichkeit schon immer da. Das Geheimnis des Alterns hängt mit unserer Erziehung zusammen. Jeder Tag, jedes Abenteuer behält sich selbst ein wenig Energie von uns zurück – nicht viel, zugegeben: es ist wirklich nicht viel …
Erinnern wir uns! Holen wir uns die Energie zurück, so wie man einen Koffer zurück holt, den man absichtlich zurückgelassen hat! (Sobald ich mich erinnere, denke ich mir eine Erinnerung aus).
“Aber sie ist überhaupt nicht hier gewesen …”