Poe/Kubin

DIGITAL CAMERAPoe, der den meisten heute nur noch als Ramschware bekannt ist, hat in Deutschland immer eine besondere Wertschätzung genossen. Natürlich erst, nachdem Baudelaire ihn “entdeckt” hat, sonst wäre einer der größten Literaten aller Zeiten wahrscheinlich nur eine Randnotiz in den Enzyklopädien, denn erst durch Europa änderte sich auch das Poe-Bild in Amerika, wenn auch bis heute nicht wesentlich. Poe bleibt ein Grenzgänger. Zu sagen, daß er seine Ideen hauptsächlich aus der Deutschen Romantik bezog, vornehmlich aus Hoffmanns Erzählungen, die seinerzeit in Amerika sehr bekannt waren, wäre billig – deutet aber schon an, warum unsere Leserschaft ihn neben den Franzosen und den Engländern die meiste Wertschätzung entgegenbringt. Im Grunde ist er einer von uns – aber er ist auch gänzlich Amerikaner, einer der ersten Stunde eben.

Die Nymphenburger Poe/Kubin - Ausgabe der Erzählungen von 1965
Die Nymphenburger Poe/Kubin – Ausgabe der Erzählungen von 1965

Ganz recht, diese schöne Ausgabe der Nymphenburger Verlagsanstalt entdeckte ich wieder, nachdem ich sie mir in meinen jungen Jahren nicht leisten konnte und auf den Ramschartikel bei Heyne zurückgriff.

Der Ramschartikel von Heyne
Der Ramschartikel von Heyne

Die wohl bekannteste Ausgabe – wenn auch ohne die Zeichnungen von Alfred Kubin – dürfte die Übersetzung von Arno Schmidt und Hans Wollschläger sein. Ob sie die beste ist, wie oft behauptet wird, wage ich zu bezweifeln, denn an allen Ecken und Enden hört man mehr Schmidt als Poe, so daß man oft von einer deutschen Nachdichtung sprechen muß.

Die bekannteste Werkausgabe
Die bekannteste Werkausgabe

Vergessen wir nicht, Alfred Kubin zu erwähnen. Es gab andere Poe-Illustratoren, aber die kann man getrost sofort wieder vergessen. Es braucht eine Seelenverwandtschaft – wie sie ja auch Baudelaire spürte (Schmidt hingegen wollte seinen Poe einfach “besser” machen), um wirkungsvoll zu adaptieren. Auf Schloß Zwickledt in Wernstein am Inn schuf Kubin den größten Teil seines bildnerischen Werkes. Ein Besuch in dieser malerischen Gegend würde sich unbedingt lohnen.

Eine Seite mit Kubin-Illustration
Eine Seite mit Kubin-Illustration

Veröffentlicht von

Michael Perkampus

Michael Perkampus war Moderator der Literatursendung Seitenwind für Radio Stadtfilter in Winterthur. Er ist Autor, Übersetzer und Herausgeber des Phantastikon.