Wollust nämlich ist gedacht als ein Ort der Auflösung des Körperlichen und des Geistigen, als dieses Phänomen nimmt sie einen einzigartigen Platz in der Konditionierung alles Lebendigen ein. In Europa findet sie erst im 20.Jahrhundert die Möglichkeit, über sich selbst zu sprechen, ohne sich um die Schleier zu kümmern, mit denen die Heuchelei sie wie mit einem herausfordernd anzüglichen Firn verhüllt.
Der Schlüssel, der uns dabei angeboten wird stammt aus den Aphorismen von Malcolm de Chazal:
Jede Introspektion im Bereich der Sinne ist vergeblich und unvollständig, wenn uns die beiden großen sinnlichen Phänomene des Daseins, die Geburt und der Tod nicht an einem bestimmten Punkt ihre Geheimnisse offenbaren. Und dennoch existiert ein Mittel, diese beiden wesentlichen Erscheinungen des Lebens zu erklären, und zwar dank einem Erfahrungsfeld, das jedem zugänglich ist: der Wollust – dieser Tod-Geburt in einem, die man bis heute entweder intellektualisiert hat, indem man Pornographie aus ihr machte, oder fatal sentimentalisierte. Da die Wollust der universelle Kreuzungspunkt der Sinne, des Geistes, des Herzens und der Seele ist, ein Ort, an dem Tod und Geburt sich auf halbem Wege treffen, der Mensch aus sich selbst neu seine Karten abhebt, ist sie eine eminente Erkenntnisquelle.