StartseiteleuchtspurBriefkasten

Das Schreibheft – Zeitschrift für Literatur ist ein unbedingtes Handwerkszeug; ich habe das Abo um ein weiteres Jahr verlängert. Ohne eine Literaturzeitschrift könnte man leicht der Meinung verfallen, es gäbe keine Debatte, kein Forum mehr für die wirklich wichtigen Dinge (schließlich kann nicht jeder jederzeit in New York leben, oder, wie früher: Paris). Auch Verlage wie Luxbooks, Urs Engeler und Hanser (mit dem feinen Lyrik-Kabinett) sind unabdinglich und helfen dabei, nicht vollends an der Welt zu verzweifeln, die zu keiner Zeit eine größere Unkultur kannte. Ich selbst könnte behaupten, nach Hause zurückgekehrt zu sein, nachdem ich jahrelang dem Versuch unterlag, erzählerische Prosa herzustellen. Aber nichts diesbezüglich kann dem Medium Film das Wasser reichen. Nachdem 1989 die Manifeste des Surrealismus wie ein Paukenschlag mein Leben radikal verändert hatten widmete ich mich ausgiebig diesem posthumen Vermächtnis, fand den Begriff heruntergekommen und blutleer wie alles, was uns heutzutage umgibt. Erst meine Begegnung mit Octavio Paz und John Ashbery bereiteten den nächsten, den Schub in die für mich richtige Richtung vor. Der Surrealismus nämlich war nicht mehr nur ein Klischeebegriff, der in Europa nur noch für Käse, Quatsch und Senf steht, er war einfach nur ausgewandert, hatte den Kontinent gewechselt und etwas hervorgebracht, das über die ehemalige Pariser Bewegung hinausging. Ob sie sich nun Imagisten nannten, Beat Poets, Black Mountain oder Language Poets. Sie machten einfach das nächste Fass auf in diesem unendlichen Keller.

Der Grund, warum ich mein langjähriges Weblog Die Veranda nun endgültig eingestampft habe, liegt an einem gewissen alten Zopf, den ich loswerden wollte. Gedanklich war es mir nicht mehr möglich, auf den Ruinen aufzubauen. Ich möchte nachsehen, was in mir als Material hinterlassen wurde – so als ob man einen Briefkasten aufsucht, um den herum sich die Landschaft verändert hat. Der Briefkasten hängt noch, und irgendjemand muss ab und zu vorbeigekommen sein, um ihn abzustauben. Ich muss schleunigst hinzufügen, dass ich den Briefkasten ohne Leolina vermutlich gar nicht mehr gefunden hätte. Vielleicht hätte ich mich nicht einmal mehr an ihn erinnert.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.