Die Kleider dem Huhn

Auf einem Schemel sitzt sie, Federn graupeln durch die Küche, sind von einem gerupften Huhn, Federn fallen im Morgengrauen in einen Trog, dort schwappt auch Blut. Oh Königssaft ! Ah ! Dieses sonderbare Erwachen ! Diese Bilder, die sich in die Netzhaut brennen! Tausend Jahre der Nacht, die Sonne ist nicht mehr zu sehen. In dieser stahldunklen Umgebung wird alles zu Stein, die Sinne mutieren, die Ultraschalljäger dominieren.
Eine junge Magd, so glatt, so schüchtern, schlüpft durch die hohe Türe, kniet vor den Trog hin, die Hände gefaltet, wie einem Heiligen gefällig, senkt den Blick auf die Reste des frühen Morgens, die Reste von einem Huhn, die Kleider, das Gefieder. »Sie sagen, man könnte etwas ändern« (Pause) »am Menschen?« Gleichgültig ist der Blick des gerupften Huhns. Merkwürdig leuchtende Nebelzonen, darin eigenartige Lichterscheinungen, wie große, strahlende Kugeln, die sich unter der Wasseroberfläche zeigen.
»Hat man denn je etwas geändert« (Pause) »am Menschen ? – Nein, sage ich dir, es ist jetzt wie ehedem.« »Man hat uns doch nicht wirklich allein hier zurückgelassen ?«
Dorothea erhebt sich von dem Schemel, klopft paar Federn von der Schurz, legt das bereits nackte Huhn auf den Holztisch der Rauchküche. Gestampft ist der Boden, zertanzt, ackern, festgetrampelt; die Magd tritt an den Tod heran, befummelt das nackte Huhn. »Das ist unser letztes Fleisch, wir sollten ebenfalls fortgehen !«
Sie hüllen sich in dicke Mäntel. Bevor sie in die behandschuhten Hände die Koffer nehmen und Sonnenbrillen aufsetzen.
»Wo wollen wir hin ?«
»Erst einmal zur Straße !«
Dann ziehen sie eine nächste Schublade auf, holen die Hutschachtel heraus, ziehen Puppenkleider hervor und bekleiden das Huhn mit bunten, hübschen Sachen, hübsch das Hemdchen.

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