Januar, Dreiundzwanzig, Sieben



Das ist nichts für mich, der Morgen. Zwar wach, doch völlig verkatert ist es mir nicht möglich, das, was ich gestern noch in ein Notizbuch schrieb, abzutippen, auch nach einem Liter kalter Milch nicht.
Noch einen Cognac, dann wieder ins Bett.

Ich muß heute unbedingt damit beginnen, die einzelnen Erzählstränge (die nicht immer Handlungsstränge sind) aus dem ersten Entwurf der “Mitte” herauszunehmen und selektiv zu bearbeiten. Die Knoten-punkte weiter an die Wand malen. Ich dachte mir das schon. Auch die den Kapiteln vorangestellten Zitate müssen zunächst für sich überschaut werden. Momentan ist die Zahl 64, wie anfänglich geplant, maßgeblich. Ob ich weiterhin vom Schachbrett oder auch dem I-Ging ausgehe, kann ich noch nicht sagen. Im Grunde müßten es 64 Stränge sein, die wie ein Zopf ineinandergreifen.

Januar, Zweiundzwanzig, Sieben



Was mich derzeit plagt, das sind meine schlechten lyrischen Arbeiten, so dass ich mich dazu durchgerungen habe, dieses Genre lieber nicht mehr zu bedienen. Mir scheinen die Strukturen verhältnismäßig zu komplex um sie nachvollziehen zu können. Wenn ich manche Lyrismen betrachte, die heute geschrieben werden, bestechen diese, zumindest wenn sie gern und häufig gelesen werden, durch eine sagenhafte Schlichtheit und wenigen Worten. Meine durchschlagende Sprache, die jeden Boden verlässt, kann sich daran nicht messen.
Das mag auch verhindern, daß ich keine Lust habe, die letzten drei ausstehenden Gedichte für das dritte Tonwerk einzulesen.

Januar, Zwanzig, Sieben



Ich verwehre mich gegen eine Ordnung, besser: Ein Raster bei der Mitte der Unendlichkeit, dennoch muss ich gerade hier Einteilungen zulassen. Den Acheron zog ich in einem Guss durch, keine Unterteilung, nur Fließtext ohne ein einziges Kapitel; doch die Mitte ist so nicht zu machen.
Ich beginne mit Adam. Lilith wird er später (eigentlich vor der Erzählung) in Babylon suchen und nicht finden, zurück-kehren und sich aufmachen zum Meridian, hinter dem der Ort liegt, der nicht mehr die Welt ist , dort auf das Traumvolk treffen dem Traumvolk begegnen, das — in einer späteren Novellierung — die Ersbeth Bathory in den Wahnsinn treibt, freilich mit Hilfe des Enuma Elish.

Adam wird in einer späteren Einstellung mit mir als Person verschmelzen, nämlich dann, wenn — Rodriguez am Quai Voltaire bei einem Bukinisten meine Erzählung Gambit erwirbt. Tatsächlich werde ich Rodriguez dabei beobachten, wie er diese Geschichte erwirbt und aufgrund ihrer Lektüre einen Brief an mich verfasst.

Beschleunigung, Poeterey, in Babylon: Üppigkeit der Schilderung, besser aber sehr dicht bleiben, wie mit einem Tunnelblick die Figuren einkreisen.

Bananenkuchen ist fertig.
Phänomenologisch bleiben, nah beim Noveau Roman eben, aber nicht so sehr die Sarrautsche Form (Acheron) der Psyche, sondern eher richtung Butor, also Zeit (noch mehr und vor allem!), Geschichtlichkeit (ebenfalls mehr!) und Mythos (darf gleichbleiben). Kampfansage an jegliche Konstruktivität beibehalten, unabhängig der Lästerer, ich kann nicht anders, lieber zugrundegehen, verrecken von mir aus, aber Konstruktivität verhindert nun einmal das phänomenale Sie-selbst-Sein der Dinge.
Die technische Sinnspitze des Noveau Roman richtet sich ganz konsequent gegen einige wesentliche Bedingungen des traditionellen Romans, gegen Episodizität, Kontinuität jeglicher Art, gegen „personnage“, Entwicklung, Anthropomorphismen, klare Artikulation in Raum und Zeit und Hypotaxe.

Januar, Neunzehn, Sieben



Meine Schlafzeit ist völlig aus den Fugen. Gewöhnlich schreibe ich nachts bis etwa 5 oder 6 Uhr und schlafe bis 14.
Die letzten Tage konnte ich jedoch erst um 8 einschlafen, wachte erst um 16 auf, heute ist nicht an Schlaf zu denken. Trinke also Kaffee und treibe dann die “Mitte” voran, nachdem ich gewaltige Mengen an Notizen geordnet habe.
Denke an einen Lageplan, den ich über eine ganze Wand, am besten jener hinter mir, zeichne.

Januar, Zwölf, Sieben



Mein Tag hat 24 Stunden. Ich muß davon abziehen die Zeit, die ich zum schlafen, zum kacken und für die Ernährung benötige. Warum ich dennoch nicht mehr Output habe: Ich pflanze die Worte, ich schreibe sie nicht. Natürlich wird das in erster Linie in der Lyrik offenbar; wie das im Roman ausschaut, wird man im März überprüfen können.
Ich habe nichts anderes vor, als mich völlig und außerordentlich in die Literatur hineinzubegeben, zu lesen oder zu schreiben. Tatsächlich verlasse ich das Haus nur wenn der Hund pissen muss und wenn, dann nehme ich einen Notizblock mit. Keine Sekunde darf mir entweichen.
Das ist auch der Grund, warum ich keine Zeit für Geselligkeiten habe. Ich will alleine sein, damit meine Gedanken nicht gestört werden.
Und wenn ich 3,4 Mal im Jahr jemanden exklusiv einlade, sich mit mir zu treffen, dann entspricht das jener Phase, die bei einem normalen Menschen der Urlaub genannt wird.
Doch die Gespräche dürfen sich nur um Literatur, d.h. die Welt, d.h. die Existenz, d.h. die Wahrnehmung, d.h. Information, aus der das Universum besteht, drehen. Zu allem anderen, d.h. zu nichts, bin ich nicht geschaffen.
Aber sehen Sie das bitte nicht so streng und wenn Sie eine Frau sind, laden Sie mich ruhig zum Ficken ein. Wir könnten danach über Literatur, d.h die Welt, d.h. die Existenz, d.h. die Wahrnehmung, d.h. die Information, aus der das Universum besteht, unterhalten.
Es geht auch gar nicht um die Länge; wenn ich gekommen bin, gehe ich wieder.