Die letzte Rochade (Text zu einem Bild von Iris Nebel)

bild : iris nebel

Bild : Iris Nebel

Die schönste Vollendung unserer Eigentümlichkeit, die okkulte Qualität, vom Pfützen naschenden Symbol wird Wärme unerschöpflich ausgestrahlt (und sternförmig führen die Pfade von Dir fort); und Einer wird unterirdisch hell mit Phosphor betüncht, Sucher des elysischen Gesprächs, mit doppelter Zunge zwar, die er nötiger hat als ein Schatten seine Zweifel, denn er redet von den Schleiern, als gäbe es dahinter keine Überraschung mehr für ihn. Folge den Faltern in den Abgrund, der den Boden nicht erkennen läßt, stochere im Wasser ohne Grund. Dein Traum mag flügge werden, den Du mit Deinen Lenden träumst, die Falter sind Dein Licht im Spiel (und Deine Verletzung wird Erschöpfung sein!), der Urgrund nährt Dich mit Erdtönen. Das uneinholbar Unendliche geht Dir voran. So spricht das Bildnis seines Traumes kurz vor Morgengrauen, wo die Einbildungskraft eine letzte Höhe erklimmt. Man mag hier nur die Augen öffnen können ohne zu erwachen, hineingreifen in das bizarre Wirbeln der Moleküle, die sich Gestalten ausdenken.
Dort in den Lichtfalten weiblichen Adels fehlte ihr nicht der nervöse Ansturm des Nymphenrufs, Urgemächt des augenblicklichen Lebens, als Zeit noch nicht ziellos umherschnellte.
Aber genauso phantomhaft war unsere ganze Begegnung, unser Sein, Werden, und erst recht der Abschied :
wir schieden nicht voneinander, uns gab es von einer Sekunde zur nächsten nicht mehr.

Anmerkung : Die Kollaboration finden Sie auch auf dem Weblog Bildersturm.

Wotanstag, 12. Lenzing 14

Die momentane Lösung für mein Vorhaben besteht sozusagen in einer Trennung von Tisch & Bett. Aus diesem Grunde habe ich weder die Veranda noch GrammaTau vollends verlassen können. Während die Veranda also der Sprachspeicher ist, soll GrammaTau direkt Arbeitswerkzeug sein,  in den die Notizen direkt fließen, also eigentlich so, als würde ich GrammaTau als Maschine benutzen, die einzelnen Seiten dort ablegen. Deshalb kommt es zu Überschneidungen, denn in der Veranda sind manche Urtexte enthalten, die dann überarbeitet an anderer Stelle wieder auftauchen können.

champagner

Sonnentag, 9. Lenzing 14

champagnerZum Champagner-Saufen in der Longue ist es heute nicht gekommen. Meisterchen ist magenkrank. Habe Die Läufer und die Fänger noch einmal in Betrieb, die erste der bricolagen Erzählungen (von denen Hochzeit auf dem Lande die gegenwärtig letzte ist.).  Da fehlte noch die Bauernhof=Milch=Szene, ein ziemlich ordinäres Tableau. Wobei ich natürlich das Wort “erzählen” anders sehe, als es betrieblich verordnet ist.

Die zweite Magd

Die zweite Magd : Sie lief und lief, versenschnell, ballentosend : wie ihre Wörter auf der Zunge, wirr. Da waren Leut’ zum Hof gekommen, ins Haus geschlichen; hatten Mörderwänste, fahle Augen und zertretene Schuhe, redeten. Sie lag in der Kammer ohne ein Fenster, mit keiner Öffnung außer der sperrigen Türe. Früher hing dort der polnische Wurstbalg, der Schwarzschinken an der Leine. Jetzt ist sie das einzige Fleisch, vergißt man die Mäuse, die sich über den ärmlichen Haushalt beschweren, so viel wagen sie.

Sie läuft auf Sand, auf Scherben, plantscht in Kettenrinnen, überquert Schienen und Gräber, schläft bei den unruhigen Toten in einer Leichenkutsch’ (als es einmal gar zu arg regnet). Die Weisen in der Mauer, die Seelensauger, die aus den Wänden kommen. Diese merkwürdigen Orte, Oasen der Dunkelheit und Kälte, fackelndes Geschwür. Unvermittelt tauchen sie in der Landschaft auf, rauben dieser alles von ihrer irdischen Schönheit.

Dorothea, nahe an der Tür : »Sie ist in der Kammer, aber ich werde sie jetzt nicht wecken !«  da ist sie schon über alle Berglein, träumt aber immerzu von ihrer engen düsteren Behausung.

‹Mein Haus trägt diese Überschrift und beherbergt schäbige, quietschende Zimmer. Eine Rumpelkammer an vergessenen Relikten, das Säuseln der Frische beendet, mit Schaum vor dem Mund und einem Speer in der Hand, bin ich drauf und dran, den großen kerzengeraden Weg zu überqueren.›

Die ursprünglichen Träume, die Ornamente, Spreu in den Augen, nichts als Bilder und darüber keine Worte, grobe Zeichen, Cussac, Dordogne, Antipode einer ranzigen Fabrik, Leichengelb, mit schwärenden braunen Flecken. Wie Geister blicken sie in die Kamera, Geister, die sie damals nur ein bißchen waren.