STILLE POST (Für Peter Rühmkorf)
Allegro doloroso molto cantabile
"Der nicht sein Teil will leiden,
dem steht der Kopf ins Grab
Mein Hirn ist schon am Scheiden.
Mein Augenlicht läuft ab".

'Selbstportrait'
Mit dem eben verstorbenen Lyriker Peter Rühmkorf hat mich doch mehr verbunden als bloß das beruhigende Wissen, dass es ihn gab. (Wobei das Wissen um sein Fehlen gewiss nicht wenig bedeutet!)
Während meiner Studentenzeit hatte ich die Gelegenheit,
Peter Rühmkorf immer wieder einmal in öffentlichen, aber auch in privaten Kontexten zu treffen, zu sprechen und vor allem ihn sprechen zu hören. Stolz war ich besonders auf ein Widmungsexemplar seines Gedichtbandes 'Haltbar bis 1999'. Dieser Gedichtband gehörte zu meiner in Sarajevo verlorenen Bibliothek...
An ein Wunder grenzt es auch heute noch für mich, dass ich ausgerechnet diesen Lyrikband fast sieben Jahre nach dem Verlust in Sarajewo wiedergefunden habe...
Als Peter Rühmkorf nun im vergangenen Sommer im Bahnhof Rolandseck eine Lesung abhielt, hatte ich naheliegenderweise nichts Eiligeres zu tun als mir das mittlerweile längst abgelaufene Haltbarkeitsdatum skandalöserweise verlängern zu lassen, ein verständlicher Wunsch, den der Dichter lachend erfüllte...
Unlängst fiel mir beim Trödler ein Taschenbuch in die Hände:
Peter Rühmkorfs 'Lesebuch'. Und auf wen stoße ich dort in der von ihm lose versammelten 'Logenbrüderschaft der Dichter'...? Auf keinen geringeren als 'Dr. Schein', welchem Hardekopfgedicht die 'Praxis' mehr verdankt als nur den 'Nickname' ihres Betreibers...
Nun aber ist die 'physische Haltbarkeit' des Dichters selbst abgelaufen und das stimmt mich einfach nur traurig!
Rühmkorf zitierend - 'die besten Verse der Menschen - nun finden Sie mal einen Reim - sind die Gottfried Bennschen - Hirn, lernäischer Leim...'
soll eben Benn auch hier das Schlusswort haben:
"Am schlimmsten: / nicht im Sommer sterben, / wenn es hell ist / und die Erde für Spaten leicht".
'Daedalus' is dead now...Möge die Erde ihm federleicht werden!
"Der nicht sein Teil will leiden,
dem steht der Kopf ins Grab
Mein Hirn ist schon am Scheiden.
Mein Augenlicht läuft ab".

'Selbstportrait'
Mit dem eben verstorbenen Lyriker Peter Rühmkorf hat mich doch mehr verbunden als bloß das beruhigende Wissen, dass es ihn gab. (Wobei das Wissen um sein Fehlen gewiss nicht wenig bedeutet!)
Während meiner Studentenzeit hatte ich die Gelegenheit,
Peter Rühmkorf immer wieder einmal in öffentlichen, aber auch in privaten Kontexten zu treffen, zu sprechen und vor allem ihn sprechen zu hören. Stolz war ich besonders auf ein Widmungsexemplar seines Gedichtbandes 'Haltbar bis 1999'. Dieser Gedichtband gehörte zu meiner in Sarajevo verlorenen Bibliothek...
An ein Wunder grenzt es auch heute noch für mich, dass ich ausgerechnet diesen Lyrikband fast sieben Jahre nach dem Verlust in Sarajewo wiedergefunden habe...
Als Peter Rühmkorf nun im vergangenen Sommer im Bahnhof Rolandseck eine Lesung abhielt, hatte ich naheliegenderweise nichts Eiligeres zu tun als mir das mittlerweile längst abgelaufene Haltbarkeitsdatum skandalöserweise verlängern zu lassen, ein verständlicher Wunsch, den der Dichter lachend erfüllte...
Unlängst fiel mir beim Trödler ein Taschenbuch in die Hände:
Peter Rühmkorfs 'Lesebuch'. Und auf wen stoße ich dort in der von ihm lose versammelten 'Logenbrüderschaft der Dichter'...? Auf keinen geringeren als 'Dr. Schein', welchem Hardekopfgedicht die 'Praxis' mehr verdankt als nur den 'Nickname' ihres Betreibers...
Nun aber ist die 'physische Haltbarkeit' des Dichters selbst abgelaufen und das stimmt mich einfach nur traurig!
Rühmkorf zitierend - 'die besten Verse der Menschen - nun finden Sie mal einen Reim - sind die Gottfried Bennschen - Hirn, lernäischer Leim...'
soll eben Benn auch hier das Schlusswort haben:
"Am schlimmsten: / nicht im Sommer sterben, / wenn es hell ist / und die Erde für Spaten leicht".
'Daedalus' is dead now...Möge die Erde ihm federleicht werden!
walhalladada - 10. Jun, 17:20
8 Kommentare - Kommentar verfassen - 549 Klicks - 0 Trackbacks
Gregor Keuschnig - 10. Jun, 19:49
Endlich mal...
so etwas wie ein fassbarer* und dabei so heiterer, ein persönlicher Nachruf. Also ein Nachruf, wie er sein sollte (alles andere ist blosses Absondern). Und zum ersten Mal - hier bei Ihnen - bedauert, nichts Lyrisches von P. R. gelesen zu haben.
* Trauer um-fassend
(So schreiben Leser! So wie Sie! Und nicht Lektürebeamte.)
* Trauer um-fassend
(So schreiben Leser! So wie Sie! Und nicht Lektürebeamte.)
walhalladada - 10. Jun, 20:23
Danke, Gregor!
ConAlma - 11. Jun, 11:46
In der Tat! Diese Praxis ist auch immer ein Ort der Erinnerung an versäumte Lektüre!
Wird Zeit, sie zur offiziellen Fanmeile zu deklarieren.
Wird Zeit, sie zur offiziellen Fanmeile zu deklarieren.
walhalladada - 11. Jun, 12:39
Sie machen mich erröten, Frau Alma...
:-)
steppenhund - 11. Jun, 11:00
Fantastisch: der Reim auf Menschen.
Schön, dass Sie uns hier Ihren Nachruf präsentieren.
Schön, dass Sie uns hier Ihren Nachruf präsentieren.
walhalladada - 11. Jun, 11:17
Der Tod ist eine Behauptung, die darauf wartet, entkräftet zu werden!
kid37 - 11. Jun, 20:09
Sehr schöner Nachruf. Ich bin Rühmkorf einmal Mitte der 80er begegnet und habe ihn in einem kurzen Gespräch als sehr angenehmen, freundlich-aufgeschlossenen, (selbst-)ironischen Menschen kennengelernt. Ein Typ auch.
walhalladada - 11. Jun, 23:21
Ja, das war die Zeit, Anfang bis Mitte der 80er...
An das erste Mal hab ich sehr lebhafte Erinnerungen,
die mit einem mir damals völlig fremden nicht endenwollenden Konsum an harten liquiden Drogen verbunden sind....
(Tatort: eine Pizzeria in Marburg; Tatzeit: bis zum Hahnenschrei)
Die 'Sympathie' Rühmkorfs hatte ich mir während seiner Lesung 'erschlichen', indem ich mir als 'Zugabe' wiederholt & lautstark sein 'Niederes Hohelied' gewünscht habe. Das 'Lied' besteht allerdings aus 43 Strophen und besingt jene ausklappbaren 'Hochglanzliebchen' wie man sie bevorzugt in der Mitte einschlägiger Magazine vorfinden kann. Ein Meisterwerk des preisenden Prosalieds, von dem hier nur die 10.Strophe beispielhaft zitiert sei:
'Mir entgegengestülpt, überm Stuhl, Penelope
Hart, 36 - 23 - 36 (inches!) Dein Schoß tut sich
auf wie eine Muranoblüte. Dein Schamhaar ist
glasgeblasen. Anette Lindner, 46 - 32 - 42: Han-
gendes niederkommend: ein Hünengrab in der
guten Stube und schlimmer als jede Natur'.
Die Moral dieses Hohelieds:
"Ein gutgedrucktes Ideal ist aber gar nicht von Pappe".
Wer wäre Manns genug, dem zu widersprechen :)
An das erste Mal hab ich sehr lebhafte Erinnerungen,
die mit einem mir damals völlig fremden nicht endenwollenden Konsum an harten liquiden Drogen verbunden sind....
(Tatort: eine Pizzeria in Marburg; Tatzeit: bis zum Hahnenschrei)
Die 'Sympathie' Rühmkorfs hatte ich mir während seiner Lesung 'erschlichen', indem ich mir als 'Zugabe' wiederholt & lautstark sein 'Niederes Hohelied' gewünscht habe. Das 'Lied' besteht allerdings aus 43 Strophen und besingt jene ausklappbaren 'Hochglanzliebchen' wie man sie bevorzugt in der Mitte einschlägiger Magazine vorfinden kann. Ein Meisterwerk des preisenden Prosalieds, von dem hier nur die 10.Strophe beispielhaft zitiert sei:
'Mir entgegengestülpt, überm Stuhl, Penelope
Hart, 36 - 23 - 36 (inches!) Dein Schoß tut sich
auf wie eine Muranoblüte. Dein Schamhaar ist
glasgeblasen. Anette Lindner, 46 - 32 - 42: Han-
gendes niederkommend: ein Hünengrab in der
guten Stube und schlimmer als jede Natur'.
Die Moral dieses Hohelieds:
"Ein gutgedrucktes Ideal ist aber gar nicht von Pappe".
Wer wäre Manns genug, dem zu widersprechen :)
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