à propos kleine prosa

vielleicht ist die kleine form doch nicht so ausgestorben oder zumindest wenig wahrgenommen, wie ich annahm. habe ich hier noch laut nachgedacht über eine mögliche labelung der Träume meiner Frau, bzw. hier hingewiesen auf ein ähnlich gelagertes projekt, landet mir heute ein bändchen auf dem schreibtisch, das ich zumindest lobend erwähnen muss. Die Truhenorgel versammelt in dieser disziplin kleine skurrile perlen, selbst- und sprachreferentielle miniaturen oder auch nur flüchtig niedergeschriebenes und lotet die ganze welt der 400 zeichen aus. jeder kleine text daraus könnte hier eigentlich zitiert werden, scheinen doch alle irgendwie stellvertretend für das buch. warum ich mich bei folgendem besonders angesprochen gefühlt habe?

Moskito

oder

Wie ein Text entsteht

Du spürst ihn schwirren. Du spürst es im Schlaf. Du hörst ihn heran. Mit den Zähnen. Jagen kannst du ihn nicht. Er ist unsichtbar. Du mußt warten. Bis er voll ist. Dann hockt er über dem Kopfende. In Reichweite. Vollkommen breit. Du nimmst ein Heft und schlägst zu. Am Morgen entdeckst du einen Daumenabdruck Blut. Auf dem Papier. An der Wand.

vielleicht auch, weil mir hier die mechanismen des geworfenseins wieder aufleuchteten. nicht ganz klar war mir die einteilung der textchen in sieben kapitel, deren titel allerdings so für sich selbst sprechen, dass – um der titel willen – irgendeine form der ordnung gerne angenommen wird. (bspw. Unsichtbar in den Kirschblüten saß kein Fink oder Die besten Fahrräder gibt es in Singapur oder Solange der Flügel passt – weg von der Stange)

ein empfehlenswertes bändchen, durch das man sich leider schon in einer stunde gewühlt hat.

Hans Peter Hoffmann: Die Truhenorgel. Gesänge, Capriccios, Kapriolen. Tübingen, Klöpfer & Meyer. 2006