Atmet er noch?

(B16 zu M16)

Denke ich mir die Welt zuende, zurecht, denkt sie sich, blickt durch die Füsse, das Regalende, die Streben, Verschraubungen im Visier, die Dübel, von Spiralen penetrierte, wieder zurück in die eigene Rahmung, verschiebe ich, verrücke ich sie innerhalb lotbarer Grenzen, ist sie Welt. Bediene ich mich daran, ist sie freizügig, lese aus ihren Reihen, Verwandte, Freunde, umarme ich den, der da neben mir schnarcht, schlafen kann trotz der vordämmrigen Helle, ist er mehr oder weniger als das, was er ist: Mensch.

Und sein unkluger Spruch auf den er beharrte: einmal Mensch, immer Mensch – ihr jetzt noch viel widerwärtiger, weil noch präzisionsloser nach seiner Bewegung. Ist er vielleicht Mensch, aber nicht nur. In diesem Spiegel. Ist er auch Einzelteil seiner Summe. Pars pro toto. Weiter: Zentrum seines Fortsatzes. Seine Körperverlängerung. Ist er: Buch. Sie beschliesst diese Strecke “Nachruf” zu nennen, formt: “War nicht nur Mensch, sondern auch Buch”. War manchmal in erster Linie Buch, mit etwas Mensch dran. War Papier und eigener Umschlag. Manchmal hart und manchmal dehn- und biegbar weich.

Rückschau: In solchen Momenten ist sie immer selbst Papier geworden. Gegenpapier. Unterlage, wie alles andere auch, alle anderen, die da rechts und links von ihm standen. Sein Schnarchen wird leiser, verstockt sich, Unregelmässigkeiten, etwas gelbliche Flüssigkeit tritt zum Mundwinkel aus. Waren wir eingezwängt, Seite an Seite, unsere Vorne und Hinten undurchlässig und der Druck mit den Jahren: zunehmend. Keilung. Sein Kopf dreht sich zur Seite, wendet sich von ihr ab, herrenlos, die Augäpfel zittern unter den Lidern. Waren Hüllungen, in uns tanzendes Chaos, Schwärze, Vor- und Zurückweisungen. Wurden immer elementarer. Auch Bücher können sich auseinanderleben. Können sich überholen. Gemeinsam, wie für sich. Lieber Getrenntlebendes sein, denkt sie sich. Am Ende für sich stehen mit der freien Sicht auf die Aussen, Vorne und Hinten, ganz hinten und das Äusserste, das man immer noch hat, resümmiert sie, und er lässt still von seinem Atem los.