Herbstmond

O Mond! Wie öde, o, wie dumm

hängst du da oben wieder rum,

treibst träge dich durch Wolkenschollen,

wenn andere gerne schlafen wollen.

So käsegelb, so schal, so fahl

befunzelst du Busch, Berg und Tal.

Das nennst du Licht? Da lach ich laut!

(Dazu ist es auch noch geklaut.)

Mann, Mond, sei doch mal wie der Stern,

der Sonne heißt – den hat man gern.

Der macht sich nächtens nicht so wichtig.

Die Sonne, Mond, sie sieht das richtig:

Glut. Gleißen. Glamour. Glanz und Star.

Doch du dagegen? Ganz und gar

bloß Krater, Dellen, Löcher, Beulen.

Mensch, Mond, mit dir ist es zum Heulen!

Und Nacht für Nacht die gleiche Leier.

Hey, Mond, das geht mir auf die Eier!

O Mond, so öde, o, so dumm,

sag mir nur eins, Mond, sag: Warum?

Doch nein! Sags nicht! Bewahr dein Schweigen!

Denn etwas Schönes ist dir eigen

– da kann ich sagen, was ich will.

Du hast was Gutes: Du bist still.

taz > (GROa)

Houston, wir haben ein Promille

Die glorreichen Sieben gehn heut auf die Piste

– hicks – und ‘ne Buddel voll Rum.

Zum Vorglühen gab es zuerst mal ‘ne Kiste

mit Bud. Und der Ouzo ging um.

Countdown für die Sieben am Kennedy-Center

– hicks – und ‘ne Pulle voll Gin.

Hui-hui, der kommt heftig! Dafür jedoch brennt er

den Schiss vor dem Startschuss dahin.

Beschwingt und “Voll Schub!” geht es ab zu den Sternen

– hicks – mit ‘ner Flasche Absinth.

Wie schön, sich vom Irdischen ganz zu entfernen.

Wie froh, wer dem Elend entrinnt.

Geglückt: das Entgleiten. Prost, Umlaufbahn-Umtrunk!

Hicks – immer her mit dem Sekt!

“Klar, Houston, hier oben ist alles in Ordnung.”

Der Kühlschrank wird stündlich gecheckt.

Sie baumeln durchs All, und man scherzt miteinander

– hicks – noch ein Korn, kalt und klar,

im Auftrag der Forschung: Grad sah der Commander

‘nen Doppelstern, wo keiner war.

Ein Leben, ein Schweben inmitten von Leere

– so high – und ein Fläschchen voll Wein.

Ein Dasein, so fern jeder erdhaften Schwere.

Es könnte für immer so sein:

Ein ewiges Kreisen und Sausen und Brausen.

Ach, wäre nicht dann irgendwann

die Stimme gewesen, die da von draußen

rief: “Fliegen Sie bitte rechts ran!”

taz > (GROa)

Von Tieren lernen

I. Schlechtes Beispiel

Sinnlose Nashornexistenz!
Es wird geboren, frisst, dann pennt’s,
dann frisst es, pennt und pennt und frisst,
solang bis es verstorben ist.
Was andres hat es nie geschafft.
Das Nashorn – wenig beispielhaft.

II. Geschichten aus dem Wienerwald

Das sind die wirklich kühnen Hühner,
die mutig sich auf Spieße stecken.
Und tapfer – ohne Angst und Schrecken –
sich unter Höllenhitze grillen,
um ihren Heldenmut zu stillen.
Doch nicht nur mutig, sondern dumm:
Die meisten kommen dabei um.

III. Über die Schönheit

Ist der Pfau auch noch so schön,
ist sein Outfit noch so flott,
ist er auch noch so bunt beschichtet
– auch er wird irgendwann da stehn
vor dem Schöpfer, seinem Gott,
und dann gnadenlos gerichtet!

taz > (GROa)

Dezembertag

Ich sitz. Den grauverhangnen Tag

bedeckt ein grünlicher Belag.

Am gräulich grünen Nebentisch

betrinkt sich ein grüngrauer Fisch.

Der Gattung nach ein Grauer Salm,

Graugrünling oder was auch immer,

entspannt. Und grau, graugrüner Qualm

verschwimmt zu grünlichem Geschimmer.

Ich schwitz. Mir graut. Ich flieh

aus diesem schaurigen Begebnis.

Oh, graugrün-grausliches Erlebnis!

Dezember mochte ich noch nie.

taz > (GROa)

Wandel

Einst Baum, verwurzelt in dem wilden Wald der Welt,

einst Blattwerk, Borkenbraun und Blüte,

hat Dich ein schneidend scharfer Stahl gefällt.

Und heißer Sud, der Dich verbrühte.

Zermahlen wardst Du an den Kanten harter Quarze,

gerichtet zu papiernen Schichten.

Getaucht, getränkt in unheilige Harze

hat Dich das Schicksal. Mit Gewichten

wardst Du, Substanz, in neue Formen eingepresst.

Gestaucht, gedrängt in nie gemessner Qual.

So wurdest Du. Und widerstehest fest

dem Zahne aller Zeiten: Resopal.

taz > (GROa)