Am achten Tag

Am achten Tag nahm Gott das Leder,

und aus reiner Langeweile

schnitt er zweiunddreißig Teile

(zwanzig sechs-, zwölf fünfgeeckt

– Gott ist ganz schön aufgeweckt!)

und nähte einen Polyeder.

Dem blies er seinen Odem ein.

Und durch Luft aus Gottes Mund

wurd’ das Ding, o Wunder, rund.

Rund erst und danach ganz prall.

“Hey”, dacht’ Gott, “das ist ein Ball.

Ein Ball, sehr schön. Doch so allein?”

Der HErr verfiel dem Schaffensrausch:

Aus den Haaren seiner Nasen

einen knappen Hektar Rasen,

voll mit vierundzwanzig Toren

aus dem Schmalze seiner Ohren.

Dann Stutzen, Stollen, Trikottausch.

Den Strafraum, das gestreckte Bein,

Elfer (Schwalben gab’s bereits),

neben Dies- und Jen- das Abseits,

Teamchefs, Trainer und noch Affen,

welche all das gern begaffen,

die VIP-Lounge, Foul und den Verein.

Da ging ein Singen durch die Wälder:

Seht – das neue Paradies!

Dies fand nur der Teufel mies.

Ach, und wie es kommen muss,

kam es dann: Zum schlechten Schluss

schuf der den Mayer-Vorfelder.

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Auf ein Wort

Ein Wort nur war es, und sein Fühlen

welkte hin wie einst erblüht.

Schnell und stark. Und auszukühlen

schien sein Herz, das so geglüht.

Ihr Lilienleib, so duftumflossen,

war ihm nicht mehr makellos.

Sanftes Meer der Sommersprossen

schien ihm plötzlich grob und groß.

Ein Wort nur. All das Wundervolle

wurd ihm da unsäglich dumm.

Ob sie mit ihm schlafen wolle?

Und sie fragte bloß: Warum?

taz > (GROa)

Metaphysik

Am Anfang war das A. Dann sangen Schaben.

Doch oben zogen Wolken. Drohend flog

Ein Schwarm kohlrabennachtpechschwarzer Raben.

Ein Holzkoloss, der wohl zwo Tonnen wog,

Schult Unterholz im Umstellen von Uhren.

Worauf sich mit der Zeit der Raum verbog.

Unterm Gemurmel schläfriger Lemuren

Entzieht ein Käfer sich dem Spätgebet.

Und ein Kastrat kommt anderswo auf Touren.

Es quält Gelächter gellend hell und – seht! –

Ein Nietensplint will in den Fakir dringen.

Im Schuppen schlenkert scheppernd Blechgerät.

Und im Gewirr von irrsinnigen Dingen

Hockt hoheitsvoll ein Höhendemagog,

Den Reißverschlüsse inniglich besingen.

Und diese Zeile dient als Epilog.

taz > (GROa)

In: Die Liebe zu den Heitergeistern

“Eine still begonnene, inzwischen rauschende Renaissance des witzigen Reims hat schon Mitte der neunziger Jahre die “tageszeitung” initiiert, auf deren letzter Seite sich neben Meistern wie Fritz Eckenga („Oben lag der Apennin / Unten legte ich mich hin“), und Thomas Gsella auch immer wieder Nachwuchs wie der Rilke-Parodist Raabe findet, der sein Talent erst einmal nebenberuflich verwirklicht.”

Die Liebe zu den Heitergeistern > (GROa)

Eröffnungstag

Herr: es ist Zeit. Im Frühjahr war nichts los.

Schenk Sonne Portugiesiens Wiesen

Und Rudis Riesen auch mal einen Freistoß.

Empfiehl den Fans nicht allzu voll zu sein,

Gib Ballack brasilianischere Tage.

Pass auf die Kirsche auf – und bitte jage

Sie nicht zu oft in Ollis Kasten rein.

Wer jetzt nicht Karten hat, kriegt keine mehr.

Wer jetzt kein Bier kalt stellt, muss warmes saufen.

Wer GEZ nicht zahlt, muss Kicker kaufen

Und durch verwaiste Straßen hin und her

unruhig wandern, wenn wir Holland kaufen.

taz > (GROa)