Notizen von K. K. (DTmF)

De unbearbeiteten Notizen zu Die Träume meiner Frau vom Leser K. K. aus Wien.

1

Die Träume ohne Schuhe sind gerade im Winter unangenehm, ….

Vgl.: die schwankende Referentialität, …. ein Traum ohne Schuhe, Träume in denen jemand im Winter unbeschuht ist, barfuss der Kälte ausgesetzt, …

3

die Löschung des dunklen Raumes zur Fläche, …

Erklär mir den Zustand der diese Dinge bewegt, ….

Appell an den anderen, Sinn und Ratio in eine Erfahrung zu bringen, die traumvermittelt ist

Suche Worte, ..

7

Der Traum eines anderen wurde zu Ende geträumt. Umgeträumt. In jenem Traum lag noch die Asche der Geliebten auf dem Totenbett, …

Palimpsest ohne Medium, …

8

Traum im Traum und Traumbewusstsein als Teil des Traumes, in dem eine Differenz innerhalb des Traumgeschehens entsteht, die ein Wachbewusstsein und Beobachtung durch Aufspaltung simuliert, oder auch entstehen lässt, ..

10

Schlagwortkette, … Wind der Zeit, …Galle schmiert n den Gelenken, tropft zu Boden und verätzt umliegende Landschaft aus Wörtern, …

11

Absurd: die Traumbilder auf der Suche nach der Sprache ihrer eigenen Überlegung, …

Vgl.: die Verrätselung und Übersteigerung der Traumerfahrung als Teil einer Selbst – Verklärung, der den Glauben an das Außergewöhnliche bestärkt, ….

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Parkanlagen üben sich im Seesein, …

Vgl.: eine typische nachträgliche und literarisch ambitionierte Passage, … wenn sie Teil eines verrätselt poetischen Gesamttextes wäre, hätte sie mehr Gewicht, …

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im Haus wird umgeräumt. Bestimmte Dinge werden nicht mehr gefunden.

UnOrdnung und der Versuch geordnete Verhältnisse herzustellen, …

Verdacht, ein unerwünschter Besucher sei da gewesen,

Untreue der Frau? Eifersucht?

…die Körperteile sind zwar noch vorhanden, aber ihre Anordnung scheint nach einem seltsamen Prinzip verändert,

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Geschenke, auf einem Laufband präsentiert, …. das Laufband (vgl.: das Vehikel der Präsentation, die Sprache) ist selbst ein Geschenk (und Erzeugnis des Traumes)

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Der Stoff, aus dem die Träume sind, wird auch der Nimmergleiche genannt. Die groben Leinwandträume, in denen gestorben wird, sind schwer von ihren Flecken zu entfernen.

Vgl.: Verschiebung von Kausalverhältnissen und weltdurchsetzten Erfahrungen …Flecken von denen die Leinwand entfernt wird,… Träume und das Schlaflaken,(konventionell) Stoff Traumstoff = BettlakenGewebe und Gewebe des Traumgespinstes, etc.

…dieser Traum schimmert regelmäßig, aber selten in falscher Wahrheit und gibt sich überheblich.

Vgl.: „falsche Wahrheit“ wird akzeptabel, … was ist falsche Wahrheit überhaupt, Lüge? Falschaussage, …etc? ..vielmehr stellt sich die Frage nach der Möglichkeit von Wahrheit, …

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Und die Träume meiner Frau, die ich seit heute meine eigenen nenne.

Vgl. der FREMDE TRÄUMER und die anEignung, die Fremdheit der Traumerfahrung in ihrer Ambivalenz von Eigenem und dem Anderen, ..

Die Unbekannten wurden mir ins Ohr geflüstert,

unbekannt, ins Ohr – als/durch Sprache vermittelt, geflüstert – ein Säuseln, Lispeln = kaum modulierte und hauchend artikulierte Worte, Pausen, Sätze, … eine Erzählung, die auch durch die Pausen, das Ungefähre des Erinnerns, Korrigierens, und den behaupteten Gewissheiten in seiner erzählerischen Gestalt bestimmt wird.

… in den frühen Morgenstunden, als das Kind noch unruhig schlief

Traumsituation, der Wachreiz und das Verweben von Morgen– und Nachtschleiern

Ich kann mich beinahe dahinter verstecken..

Rumpelstilzchen und das Versteckspiel als Erfahrung von Präsenz und Abwesenheit, wodurch der Sinn nie fixiert, fest-gestellt werden kann und dennoch eine Wort- Textform wird.

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Träume und Erinnern, mit der Bitte um ein Beispiel (von der wachen Träumerin)

Warum im Träumen ein Erinnern anscheinend besser funktioniere, sei auf die Scheinbarkeit des Wachzustandes zurückzuführen.

Anscheinend — AnSchein: Licht das auf einen Gegenstand fällt und ihn sichtbar macht, etwas anscheinen, aber auch Zweifel provoziert, anscheinend, da es den „Anschein“ hat, … die SCHEINbarkeit, etwas ist erhellbar, also besteht die Möglichkeit Es zu sehen, im TagesLicht des Wachzustandes, wobei dies in Ambivalenz gefasst wird, scheinbar spielt mit der Tatsächlichkeit, die die Möglichkeit des dennoch Anderssein von der Position desjenigen, der bewertet und beurteilt, mitschwingen lässt.

Erinnern und Erhellen, gängige Gedankenbilder, wodurch die Sprache, der Anschein der Sprache, umgewendet wird um in der dunkel gedachten Vergangenheit, jenseits des Lichtes der erhellenden Gegenwart, dem Erinnerten Konturen zu geben, oder es erst im Lichtkegel der Vergegenwärtigung aufzufinden oder gar zu erschaffen, … denn das Konzept des Erinnerns selbst ist eine methodische Konstruktion und Festlegung: wird etwas vorgefunden das vorliegt, eine unwandelbare, klare oder wandelbare „Substanz“ hat, … etc. Schließt an Subjekttheorien und implizite Persönlichkeitstheorien an.

Im Traum gibt es keine Wände – generalisierende Traumideologie der Träumer

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Zauderer, … Was uns als Nichthandlung erscheint, ist tatsächlich eine große Tat, … er antizipiert in seinen Träumen die Ereignisse, erleidet ihre Zukunft gegenwärtig, ..

Die Traumerfahrung in der Vergangenes und Künftiges als Gegenwart erfahren wird, bekommt durch die Differenz zum Aufwachen, dessen Pforten durch die Wachen eines anderen Regimes bewacht werden (Wachen müssen immer wach und wachsam sein, sie kennen den Schlaf nur, wenn sie nicht auf Posten sind,… wir selbst sind immer nur mit Wachen, wechselndem Personal im Kontinuum des Wachens, konfrontiert, … das zum Zeichen des andauernden Regierungszustandes, der all-gegenwärtigen Macht wird, … Macht/Nacht = selbst wenn wir schlafen, im Traum gibt es nur ein scheinbares Entkommen, das wir als Freiheit und eigene Allmacht/Allnacht erfahren, solange wir dem Träumen das Scheuen von Wildtieren zuerkennen, die wir nur manchmal und meist zufällig auf einer Lichtung erblicken, denn sobald wir diese Lichtung betreten, gar in einem Hochsitz verschanzt auf etwas warten/erwarten, erstreckt sich die (Realitäts-)Macht bis hierher auf den anderen Schauplatz, da wir erst im Aufwachen und danach alldas entbergen können, was wir in der Geborgenheit des Träumens verborgen glaubten. Alldas wurde uns nur geborgt und wir treten als Schuldner an den Tag. Aufwachen! … ein anderer Realitätsstatus regiert, lässt uns reagieren!

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Die Frage des Moderators, wie sie sich denn ihr Traumhaus vorstellte, führte sie, wie neuerdings oft, an die Wortwurzeln des Kompositums.

Heimat der nicht immer kontrollierbaren Stoffe, …

Kontrolle und Kontrollverlust als traumvermittelte Grunderfahrung in mehrerlei Hinsicht: Freiheit und die außer Kraft gesetzten Gesetze des Wachlebens, aber auch der im Träumen artikulierte Kontrollwunsch und erfahrener Kontrollverlust, die Nichtsteuerbarkeit des Geschehens durch eigene, motivierte Handlungen, …

Archiv aller möglichen oder schon von ihr durchlebten Phantasien

Möglich = erträumt, entworfen, vorgestellt: phantasiert

Schon durchlebt = Tagreste, Erfahrung und Erinnerung

Moderator – (Bühne, im Blick des-) – Publikums (das Publikum als Instanz und Repräsentant von Ich-Anteilen)

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..die andere Hälfte des Satzgedankens… als kolossal empfunden, … dort seine eigene Sprache spricht, … vgl. Fremdheit als Sprachfremdheit und unverstanden, … dem eigenen Verstand fremd, …

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erlebt wurden, …ein spontanes Erscheinen nicht nachvollziehbarer (Fremdheit, einer anderen Logik folgen, flottierend, wandelbar, …) Erlebniszusammenhänge, … die er heimlich Selbstgespräch nannte, konnte jederzeit geschehen.

Beobachtungen (des Traumgeschehens, Träumens, …): verinnerlicht, systematisiert und analysiert = der Traum als Selbstgespräch … die Nächte, die sich jeder Fixierung widersetzen, ..das Vorwort durchkreuzen (durchstreichen)

Die Heimat der Methoden und ihrer Gedanken war ein geteilter Ort, seitdem er wusste, dass dort auch die übrigen Bilder (keine Worte? Bildvermitteltes Träumen) gezeugt (sexuell! Vs.: erzeugt und Zeugenschaft, Zeugnis ablegen, ein Zeugnis ausgestellt bekommen, … ErZeugnis, ..) wurden … die Interferenz zwischen den Vorstellungen und den Dingen, die inzwischen

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Unerklärlich (Verwunderung), … die Figur des Detektivs (Detektor, der registriert, er-spürt, Spuren aufnimmt, …der in eine unklare Sache eine schlüssige Erklärung bringen soll, den Fall aufklären = feststellen was der Fall ist, das Gefallene (die Gefallenen) aufheben, bewahren = sich aneignen um es zu einem stimmigen BildGanzen zusammen zu setzen, damit es gefällt, ein Urteil gefällt werden kann)

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Schwierigkeit des Erinnerns und der emotionelle Nachhall von Hetze und Jagd, ..

Nicht das Berichtete, sondern die Art und eise wie es erzählt wurde, war eindrücklich, …. mit geschlossenen Lippen nämlich und ihrem Blick fest n mir vorbei gerichtet.

(Vgl. auch hier wird eine Abschlusspointe gesucht!)

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Über das Gelächter am anderen Ende des Traumes, …

(Vgl.: Gelächter, Mund Zähne, Tränen, … im Sinnumfeld der Metapher das Bild vervollständigt, …)

Ich wachte auf in einem Haufen verkrusteter Tränen und schüttelte ihn aus den Federn.

(vgl die Agrammatikalität und verschiedene Bezüglichkeit, die auf etwas außerhalb des konkreten Satzes, im Ganzen der Erzählung oder jenseits davon verweist, …)

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Im Blick und Blickwechsel wechselt das Geschaute, ..

Wunden der Kindheit und die „geheilte Zeit“

35

Prostitution und Wahrheit, … (vgl.: Wahrheit und Wahrhaftigkeit: um wahrhaftig zu sein die UnWahrheit sagen (müssen)), …

Sie sucht sich ein Opfer, wie einst , … Heute nacht wird es die Wahrheit sein. Und mit ihr dieser Bericht: (vgl.: Fehl/Falschschreibung verschobene Ebenen zwischen Substantivierung, Prädikat, … etc. , …) (…die Einbeziehung des Aussagenden in die Aussage, paradoxale Verschränkung, etc.)

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mündliche Beschriftung und fehlende Buchstaben, es sei lesbar, dennoch fehlt ein Buchstabe, … das Wort wird provisorisch geflickt, …

42

Worte, die einen eigenen Wortsinn im Traum haben, … etwas, jemand, ..über das/den nicht gesprochen erden kann, … der Sprache entzogen ist, jenseits der Darstellbarkeit, nur das Wissen über den Verlust existiert, …

43

„Die Träume meiner Frau“ geschildert, damit sie im Gedächtnis bleiben, …selbst erfunden, …

45

„naive“ Traumtheorie

der Traum habe ein aufdrängendes Bewusstsein (aufdringlich, anzüglich, …)

sei nur in kleinsten Teilen von uns,nicht in unserem Steuerungsvermögen, ..

…Die Dinge führen Zwiegespräch über unseren Köpfen, … Wir sind (den Träumen) egal, …

(vgl.: außerhalb von uns, vgl. auch: durch uns hindurch als Medien, Wirte, …)

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überquellender Breitopf als Endlosgedicht, …die vergessenen Worte, die dem ein Ende setzen, …die zunehmende Essbarkeit der Welt, Wortbrei, zugebreit, …amorphe Kinderspeise als undifferenzierte Wahrnehmung des Mutterspendernahrungskörpers, bis sich Worte finden und das Sprechen, Benennen, Verlangen und die Differenzierung der Welt beginnt, …

(vgl.: was ist zu erwarten, eine Geschichte die in KurzForm – Stenogramm, Telegramm, ..nacherzählt werden kann, oder ein Text, der in sich relational und referentiell ist und demnach Wortgebunden wiederverfasst werden muss, ..)

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(vgl.: die Bildlichkeit und visuelle Erfahrung lässt sich nicht in Kurzform darstellen, …wuchtige Gebirgslandschaften, salzsaure Flüsse, …. bleiben bildlos, interessant wäre die Transformation von Seh- in Geschmacks-, Geruchs-, …. Empfindungen etc.)

51

vgl. Gedanken und Alltagserfahrung traumähnlich gestalten, als wäre es traumberichtet

55

Erinnerungen als Fotos gedacht, im Traum erfahren, der Schrecken von überbelichteten, verschwommenen Relikten dessen, was als Verdinglichung auf-bewahrter Erinnerungen gelten sollte.

56

Das Träumen eingestellt, nur eine weiße Wand zu sehen (vgl.: Projektionsfläche oder Hängewand für Bilder), …

59

Träume, die zu den Behältern ihrer selbst werden und in ihrer Art von scheinbar allen geträumt werden, …sie (die Träume) wissen das (?) und sind ihrem Wesen nach sehr stolz

61

ungehemmte und direkte Emotionen und Benennungen, harte urteile und Selbstgerechtigkeit im Gestus von Allwissenheit und Definitionsmacht (GrößenSelbst)

62

der konkrete Beschreibungsgestus, … Unser Blick fällt, …. und andere konventionelle Anfänge, … wenig reflektiert das „Unser“, ..“Mein“, …’“ihr“, … etc. …auch die Verwendung der Ansprache des „Du“, … das gibt den kurzen Texten einen anderen Charakter, … jenen der phantasierten Mitteilung, an eine Instanz des (erdachten) Partners, … (vgl. auch 66)

64

Beschreibung von Schmerzen, oder auch von grauenhaften Erfahrungen, all dies mir seziererischer Kühle und der Abwesenheit von Gefühlen als Merkmal der Dissoziation im Traum, …

69

Er tut hinein sein Geld, …

(vgl. infantilisierende stark vereinfachende Sprache, auch das Türschloss „is zuid“, …)

72

ein stilisiertes Sinnbild des Selbst, ….in einer Schachtel mit Aufschrift Ich , viele Seiten, es befindet sich nur ein wahrer Satz in ihr, finde ihn heraus, …etc.

75

der Notizblock neben dem Bett, …um Träume aufzuschreiben, … vgl.: konventionell, ….

79

die Tafeln der Klassenzimmer der Welt,…vgl.: Generalisierung und Allmachtsphantasie, die universelle Allgemeingültigkeit subjektiver Erfahrung, …

80

zu sehr literarisiert und wissensbelastet, … zu wenig umgebildet und zu wenig sprachlich aufgeladen,

82

vgl. eine eigene Sprach-Schreibform hermetisch esoterischer Denkwelten mit ihren magischen Anweisungen und den Glauben an Geomantik, …. Geister und StrahlungEnergien, …. Spukgeschöpfen und Geheimwissen, … Bet- und Zauberformeln, ….Litaneien und Beschwörungen, Fluch und Bannworten, etc, …

(vgl.: der Verlust der Offenheit der buchstäblichen Wortsinnes und der damit eröffneten Varianten, Abweichungen und der damit verbundenen Kombinatorik, … die Generierung von Sinn aus Zeichenkombinationen und Variationen, Abweichungen, … etc. … das anarchische Potential semantischer Energien, die eine Form suchen, sie überströmen, deformieren und, wie die Metapher und poetische Schreibweise, Sinn dadurch generieren, indem sie über Agrammatikalität oder Abweichung und Regelverletzung alle potentiellen Sinnmöglichkeiten aktualisieren und etwas hinzufügen, das sich sinnvoll rezipieren lässt )

87

vgl. die Situation der Ausbeutung, Zweitverwertung und Angst vor dem Verlust der Inspiration , …

vgl.: das interessante an den Träumen sind nicht die erzählbaren Geschichten, sondern die sprachliche Verfasstheit, die sie bedingen, … eine grundsätzliche Offenheit in der sich Sinn durch VerWortung und schreibgefasster VerOrtung in Textgeweben herstellt, …

ein weiteres Kapitel: die Kodifizierung und Indexikalisierung der Träume, Traumsituation, etc. als das eigentliche fiktionale Unterfangen, ….

C.C. Messner: Die Träume meiner Frau (Choreographierte Komposition)

Christina C.  Messner: “Die Träume meiner Frau” – Choreographierte Komposition für diverse Soloinstrumente in variabler Besetzung, Licht, Gegenstände und Bewegungen. Text: Hartmut Abendschein (U.A. 1. Oktober 2009).

Hörprobe („Töpfchen steh”, MP3, 5.8MB) von der CD “Solo für fünf – Szenisches Konzert”. Live-Mitschnitt einer GEDOK-Veranstaltung. Aufnahme und Produktion für hauskonzert records, Bonn.

Hybride Stoffe.

Erst im Gespräch mit meinem potentiellen Verleger (dazu vielleicht bald mehr) der „Träume meiner Frau“ kam ich auf den Begriff der Hybridität, was die Textsorte der Reihe en grosumfasst. Es sind hybride Stoffe, formal und inhaltlich (wie auch schon in vorangegangenen Einträgen angedeutet), und natürlich: was die Subjektposition der Texte, nein, des Konvoluts als Ganzes angeht. Seitdem mag ich den Untertitel nicht mehr, den ich einmal 100 Stoffe getauft hatte. Hybride Stoffe dagegen, scheint mir nun sinnvoller. Er weist den Titel wieder in eine Richtung, sodass er nicht mehr allzu missverstanden werden könnte, obwohl natürlich auch ein bisschen mit diesem Missverständnis kokettiert wird. Hoffe, der Vorschlag, den ich nächstens anbringen werde, kommt an …

Capriccio

Ein Wort zur Gattung. Die etwas unspezifische Verpackung von Die Träume meiner Frau – 100 Stoffe als “kleine Prosa” muss noch überlegt werden. Warum nicht Capriccios?

Ladungen V – weitere Traumbegriffe

(Materialien zu DTmF, Nachhausewegtexte)

Einiges ist zu Igels* Texten geschrieben worden. Vor allem als Erinnerungsstücke wurden sie rezipert, die (naturgemäss fragmentarisch – wie ein Traum) wieder auftauchen (aufwachen), plötzlich, unerwartet, zwischen sechs Punkten erscheinen und jeweils einen vergangenen Moment abbilden, der aber – einer Privaterinnerung entrissen und enthoben – gleich eine ganze Landschaft sein will. Der Begriff “Traumwache” macht stutzig, weißt er sich einerseits zu einem Arsenal lyrischer Beschreibungen zugehörig aus und sieht sich doch auch im Umfeld einer parawissenschaftlichen Terminologie **.

… war ich im traum kind, daß ich an mutters seite durch die schlippe ging, jenes zu einem s-bogen geformte wegstück, flankiert von dichtem gebüsch, das unser gelände mit dem straßennetz der siedlung verband, ein weg, der zur nacht im dunkeln lag, und jenseits des gehölzes währten verwilderte gärten; als wir die schlippe passierten, hatte reif die vom frühling schon berührten büsche bedeckt, und viele der zweige brachen aus der reihe hervor, umschlossen von einer schicht durchsichtigen eises, verengten die gasse – ich hatte angst, am nächsten morgen allein diesen weg zur schule zu gehen, ausgesetzt den bizarren gebilden, die im dunkel zu schimmern begannen, doch mutter beharrte darauf, dass ich ohne begleitung ging: sie wolle mir einen krebs mitgeben, zum schutze auf diesem weg: würfe ich ihn unter die zweige eines der sich zu sehr hervordrängenden büsche, ließe jedwede gestalt sofort ab von mir … (Igel, S.26)

In Igels Texten sind tatsächlich Traumarbeiten geleistet worden. Aufzeichnungen von Träumen aber, die keine sind, oder vielleicht: Erinnerungen, die durch eine bestimmte Traumoptik gefedert wurden, und die den persönlichen und zeitlichen Abstand (obwohl da ein “ich” spricht) betonen und etwas Allgemeingültiges ausstellen. Wie oben eine Kindheitserinnerung bspw., die aber weniger nur eine kindliche Wahrnehmung geltend machen will, sondern sich vor allem auch auf die nachhaltigen Verzerrungen stützt: etwas, das erzählenswert und erzählbar bleibt. Der Sprache und Bilder wegen. Des Blickwinkels wegen. Obiger Nachhausewegtext hat mich an den 33. Traum der “Träume meiner Frau” erinnert:

Sign: A_II/S1-1.033, (descriptor=Pneumatisch)

Jetzt schaue ich dahin und da ragt ein Bürokomplex. Ich kann mich gut an einen Schreibwarenladen erinnern, der uns dort vor der Schule noch mit dem Nötigsten versorgte. Dann schaue ich erneut und da steht ein Schreibwarenladen. Ich erinnere mich, dass an dieser Stelle ein dunkles Gestrüpp und zwei Aprikosenbäume standen. Sie wurden auf dem Nachhauseweg vom Kindergarten von uns geplündert. Und an das von Fahrradstürzen blutende Knie in dieser scharfen Kurve gleich nebenan. Und an andere Wunden. Und die geheilte Zeit.

Und ich habe nun den Verdacht, dass es sich um dasselbe “Ich” handelt. Ein (auch historisches) “Ich” also, das eine spezifische Sprache und Sicht zu einem wieauchimmer vorhandenen Material entwickelt (entwickeln will). Derlei Texte, die sich also weniger mit oder durch einen (spezifischen, engeren) Traumbegriff klassifizieren lassen, gibt es in der Reihe (DTmF) einige und diese wurden (hilfloserweise) in das Gefäss “Sonstige” (oder, zu einem früheren Zeitpunkt: “andere”) gelegt. Zu überlegen bleibt also, ob diese sonstigen Stoffe nicht vielleicht die Klasse der Traumwachen (nicht zu verwechseln mit den Halbschlafbildern) bilden …

* Jayne-Ann Igel: Traumwache. Prosa. Urs Engeler Editor, Basel 2006

** Traumwache (aus: Praktische Traumarbeit): jemand beim Schlafen beobachten und nach einer REM-Phase aufwecken / direktes Aufwachen aus der REM-Phase: leichtere Traumerinnerung