Blatt 10 (II TARANTULATANZ.)


II TARANTULATANZ.

PETIT ROMAIN ROMAIN.

     Den Weltlauf sollen wir mimisch euch bilden, so merket denn auf, im Vorüberziehen wollen wir’s schnell und verständlich euch geben!
     Seht ihr die kleine Geschöpf, Tarantul, auch Malmignatto genannt, wir setzen auf die Erde es nieder, haltet euch ruhig und still, wunder wie es nett und geschickt in weiten Kreisen euch mit seiner Webe umspinnt!
     Große Mirakel sind doch im Schooße der Natur wohl verborgen, das vermögte eure Philosophie nimmer wohl nachzuthun der wundersamen Creatur. Haltet nur ja euch ruhig und still; blickt immer nur unverwandt auf uns hin!
     Sehr wie ihr jetzt so maulaffend da steht, habt ihr übel die Fersen verwahrt, es hat sie das Thier mit dm Stachel getroffen, werdet nicht bange, der Schmerz ist nicht groß, es wird nur der rechte Tanz erst beginnen!
     Schüttelt euch der Krampf ein wenig zusammen? hat all nichts zu bedeuten, hättet ihr Theriac und laulichten Wein und Knoblauch, euch wäre geholfen.
     Jetzt hat die Creatur Platz in der Mitte des Gewebes genommen, sehr recht, sie hat sich in eine Sirene gewandelt, wie sie schön schillert blau, grün, golden mit roth, o merket doch auf, ihr werdet ja blau und schwärzlich am Leibe vor Furcht, hört sie singt Pastorale’s und Tarantellen, und spielt das Tamburin dazu!
     Sind die Leute denn besessen geworden, welche Wuth ficht sie wohl an, seht doch! sie sind auf die Fäden des Gewebes gestiegen und tanzen wie toll und von Sinnen auf den Seilen im Kreise umher.
     Seltsamen Kurzweil treiben die Armen, sie schneiden sich selber in’s Fleisch, sie erslustigen sich am Fechten mit bloßen Schwerdten gegen den Spiegel, sie weissagen: unaufhörlich drehen sie sich dabey im Wirbel herum, auf dem Wasser sogar mögten sie hüpfen und springen.
     Ihr Verrückten, wollt ihr denn nimmer euch gönnen einige Rast! Umsonst! es reißt der Klang sie dahin, mit wunderlichen Geberden, und bleichen verstörten Gesichtern drehen sie immer im Kreise sich um.
     So tanzt denn fort, es ist viel


Blatt 9 (Aus dem Harnisch der Väter ist das Gevögel gekrochen)


     Aus dem Harnisch der Väter ist das Gevögel gekrochen, und es umsumst unser Ohr nun ein unausstehlich Geschwirr.

     Marzepanfiguren hat die Natur wohl geknetet, und jeder ihre schöne Sentenz in die Eingeweide verbacken, mit Mühe und Sorgfalt haspelt die kleine Figur sie sich nun aus dem Leibe hervor.

     Doch es ist Alles nicht übel gemeint, so zieht denn hin euere Strasse in Frieden, aber sprecht doch, wir bitten euch drum, nicht mehr so teutsch mit hellenischen Buchstaben. Es schreyen die armen Seelen der Griechen immer im Fegfeuer auf, wenn sie es hören.

     Kommen die Ritter des rechts mit der Picke und dem Schwarzfell gezogen, grabt immer nur zu, es hat die Vestale die Keuschheit gebrochen, sie soll sterben bei Wasser und Brod.

     Zu einem Felsengeklippe haben die Menschen in Gesellschaft sich zusammengedrängt, da wühlen die Knappen geschickt unten im dunkeln Schachte nach Gold.

     Aber leider sind die Berge metallreich von innen, nimmer gedeihen Pflanzen, und Bäume und Blumen darauf.

     Diesen folgt ein unzahlbares Volk, wie Sand am Meere beweglich, der Winde Hauch weht die Bank in Hügel und Dünen zusammen, leicht zerstreut er nach allen Regionen sie wieder.

     O kläglich Gesicht, wie ist Aller vermahlen und verschwemmt und zermalmt in diesem Geschlechte, den rinnenden Staub in der Sanduhr des Todes nennen sie Menschheit, und dünken etwas sich drauf. Es kehrt der Engel um das Gefäß, und eine Geschichte ist abgeschlossen und eine Neue beginnt.

     Eilet von hinnen ihr flüchtigen Bilder, es krähet der Hahn, es wollen erlöschen die Feuer, seht es nahet schon der schwarze Ritter von ferne, er allein steht hohnlachend in der Mitte der wankenden Dunstschemen da. Fliehet eilig von hinnen, ehe er das Gefäß ergreift und zornig es umkehrt!

     Kriecht unter, kriecht unter, die Erd ist euch gram.

     Wohl gesprochen, ihr Weiber, vor allem weislich und klug, seht wie sie eilen, also ob die leere Spreu Beelzebub jagte. Schürt denn von neuem die Feuer, kehrt er von der Verfolgung zurück, werden wir schmaußen und die Beute vertheilen.

     Sind die Narren zur Ruhe gebracht, dann rührt sich verständiges Volk.


Blatt 8 (werden wieder gemeine Fischer daraus.)


werden wieder gemeine Fischer daraus.
     Läßt doch kaum einmal auf Erden der Teufel sich blicken, was sollten denn dort die Himmlischen suchen? Er soll aber kommen, und den Stein aus dem Dome wieder an seine alte Stelle versetzen; worüber er ergrimmte, das ist längst schon gehoben, was er wollte, das ist ihm geschehen, seht es steht ja wieder ein Hurenhaus da.
     Es waren freylich verfängliche gothische Schnörkel und schmeckte nach nichts, drum bringt schön Alles in’s Gleiche, und baut euch Häuschen aus dem alten Gestein; ein Gotteshaus könnt ihr nöthgenfalls aus der neuerfundenen Pappe ja leimen und mit ledernen Glocken drin läuten.
     Aber wer seyd denn ihr, die ihr so emsig dort zimmert und baut? – Gelehrte nennen wir uns, ein unermesslich Werk haben wir vor, von der Erde hinauf bis in den Himmel zu bauen, schon hören wir von Zeit zu Zeit bey günstigem Winde, der Engel Gesang.
     Löblich und gut, aber ihr habt doch im Plane das heimliche Gemach nicht vergessen?
     Wo ist denn der Meister, wir sehen ihn ja nirgend, dass er antreibe in etwas das läsige Volk.
     In aller Welt wo doch hat er all das Gesindel zusammengetrommelt, sind sie zum Todtentanze geladen, oder soll aus ihren Gebeinen das Gebäude sich thürmen? So marklos, ausgeweidet und hohl sind ja diese Gesellen, wollt ihr sie zur Arbeit nicht tragen, traun ihr kommt nicht über das Kellergeschoß.
     Laßt lieber einige papierne Drachen aufsteigen, sie können Kundschaft euch bringen, wie’s da oben wohl steht, man sähe euch vielleicht jenseits nicht gerne.
     Sonst sind’s gute redliche Leute, eine weit schallende tosende Stimme ist ihnen gegeben, aber geht ihr dem gräslichen Schalle unerschrocken nur nach, ihr trefft sicher einen höflichen, billigen Mann.
     Oftmals gerathen sie miteinander in’s Gezänke, und wenn zu laut der Lärm will sich erheben, dann richtet die Polizey wohl einmal die Spritzen darauf, und triefend gehen sie und sich schüttelnd nach Haus.
     Welche aber die Unausstehlichsten sind? das sind die dummen Propheten, und jene die uns immerfort vorgackern von Politik und politischen Sachen: das Geschmeiß aber, das nistet im Verderben der Zeit, und von seinen Sünden sich mästet: jenes schachernde Volk, das die Ehre der Nation auf dem literarischen Trödelmarkte vergaunert, und Alles mit seinem Unrath befleckt, das sey in den Abgrund der Hölle verwünscht!
     Und wer sind Jene denn da, die in hellen, lichten Haufen dort halten?
     O mächtiger Brama, laß dir das Lallen, der Unschuld gefallen –
     Die ihr des unermeßlichen Weltalls Schöpfer ehrt, Jehovah nennt ihn, oder Gott, Tien ihn oder –
     Ich bin der Schneider Cacadu etc.
     Ha Poeten seyd ihr, luftige Gesellen, gar anmuthig geschniegeltes Volk, seyd uns willkommen in unserer Misere, aber es will uns doch wie Edgarn bedünken, als wolle der böse Feind in einer Nachtigall Gestalt uns verfolgen.


Blatt 7 (PETIT TEXTE ITALIQUE.)


PETIT TEXTE ITALIQUE.

     Wer hat euch das doch gethan, wer hat euch im Schlafe Sehne nach Sehne entspannt, dass ihr zusammenstürztet wie ein dunstig Gespenst, nachdem euch ein Lanzenstoß nur getroffen?
     Kommt näher, die ihr in der Zerknirschung da steht, und die Edeln euch nennt, wie seyd ihr doch so gar wurmstichig geworden und zerschroten im innersten Mark?
     Wie ist die reiche Lebensquelle der Väter doch in ein so winziges Bächlein versiegt! es läuft durch ein enges gewundenes Röhrlein und trieft einem geifernden Knaben über das feuchte Kinn. Stocken so die Quellen der Erde und trüben sich, zweifelt nicht, es folgt ein grässlich Erdbeben darauf.
     Sendet uns die Ahnen doch her, die steinern hinter dem Altare auf ihren Gräbern da knien; mag euch der Tod die Weile als Geisel behalten, wir werden euch lösen, wenn das Werk ist vollbracht.
     Aufwärts immer streben die Stämme der Bäume, aber oben im Wipfel setzt sich bald an dünnes Gereise, und darin nisten die Raupen und jeglich Geschmeise.
     Darum hat die Zeit der alten Gewächse so Viele verwendet; was Wurzel einst war, grünt freudig jetzt und treibt das Gezweig in die Lüfte, während die alten erstorbenen Aeste unter der Erde hinkriechen, und saugen und pumpen, und um Verjüngung die dunkeln Klüfte durchschleichen.
     Viel Volkes drängt sich herbey, das als Lakay dem Vaterland dient, glaubt es jetzt endlich, wie Christopherus, dem Stärksten anzugehören? – wahre es sich wohl, dass der Weg nicht führt bey einem Crucifixe vorbey!
     O ihr Armen, wie haben sie am Spalier euch veredelt, kommen die Wespen nun her, und verzehren die schwellende Frucht.
     Bastionen baut man aus ihnen, so bauen sie lieber doch gleich eine ganze chinesische Mauer, es gilt dann die Frage, auf welcher Seite die Chinesen, auf welcher die Tartaren hausen.
     Entlaßt sie denn nun ruhig im Frieden, sie sind alle zagmüthig, mattherzig, verschnitten und zahm, es wird ein reizend Geblöcke die blühenden Auen beleben.
     Was drängt denn dort sich hervor? Diener des Herrn nennen sie sich; – der Herr hat ihnen ein Trinkgeld gelassen, sie sollen sich bei einer andern Herrschaft verdingen.
     Just sind schöne Exspectanzen bey Polizey und Kammer erledigt, ohnmassgeblich riethen wir, sie rückten dort ein.
     Sie halfen dem Volke rauchen und spielen, und da erzählten sie ihm so nebenbey hinter dem Glase vom Heiligen, und was es doch sey, was den Honigthau hervorbringe, ob Blattläuse oder böse verdichtete Dämpfe.
     Ist der Herr Fleisch in ihnen geworden, dann haben sie das Fleisch wieder fleischern gemacht, und es ist der Pfahl im Fleische, der sich für das Göttliche giebt.
     Ist der Geist hinweggeflogen, der über die Apostel gekommen, seht es


Blatt 6 (mehr in diesem Erdtheil gefunden)


mehr in diesem Erdtheil gefunden, es muss Winter bald werden, dass die Kraniche ziehen.
     Tretet hervor, die ihr so reich einst wart und so gewaltig, so tief jetzt erniedrigt im Staube, auch viel heimliche Sünden haben wohl die Väter verschuldet, dass die Zeit gegen ihren Samen bis in’s fünfzigste Glied so gewüthet?
     Haltet ihnen den Spiegel doch vor, damit sie die Zukunft darin lesen, wie die Natur den Uebermuth straft, wie die Rachengel schweben über jeglichem Vergehen, aber hüthet euch, dass sie den Spiegel selbst nicht zerschlagen.
     Wollt ihr die Sünde, so sprecht doch zu ihnen, dann bleibt ja immer kräftig und jung, gebt ihr die mindeste Blösse, gleich schlüpft euch die Strafe hinein.
     Den schönen Wald haben sie ganz und gar doch gelichtet, es stehen die Stöcke und Stumpen traurig nur noch, das treffliche Revier ist zur Gemeinhuth für Schweine geworden und jeglich Gethier.
     Und doch ein unendlich Gewurzel ist in diesem Geschlechte, und sollt es denn nimmer eine Krone mehr treiben? das mögen die barmherzigen Götter verhüthen, sie scheinen beynahe versöhnt, denn ein ander unseeliges Volk haben sie dem Verderben geweiht.
     Ihr aber, ihr geliebten Brüder und Freunde, wie seyd ihr so gar linkisch gewesen und täppisch; es wollt uns bedünken, als ob Bruchpatienten mit geübten Athleten zum Ringen in die Paläste träten.
     Sie sprachen zueinander, geruhig die Pfeifen ausklopfend, lasst uns nur gehen, früh genug werden wir uns zeigen, ernst kann’s nicht werden, uns zuerst zu mishandeln, das wäre unsittlich von ihnen.
     So zogen sie mit den langen Pfählen daher, und suchten die auf, die freywillig und edel sich zum Spiessen hingaben; die aber fanden sich nicht, aber es kamen andere Bösewichter und hieben ihnen rücklings die Achillessehne entzwey. Da lagen sie erstaunt und verblüfft.
     Die bösliche That soll untersucht nun werden und auf’s schärfste bestraft, wie’s der kategorische Imperativ einschärft.
     O Allergelehrteste! wie seyd ihr so dumm, wenn ihr die Bücher zu Hause gelassen.
     Ihrer ein Theil aber hat den guten Theil in dem Streite gewählt, und ist gut gefahren und hat Ehre eingelegt wie immer.
     Trophäen haben sie untereinander sich abgeschlagen, so lässt aus einem Oxhöfft Schande durch Destillation sich wohl ein Tröpfchen Ruhm noch abtreiben.
     Andere haben auf helfenbeinernen Stühlen mit falschen Bäten gesessen, sie wollten gern ja Ruhe und Frieden behalten im Hause; da sind die Zänker gekommen, und haben ihnen die Bärte zerrauft, und sie von den Stühlen geworfen, und sie wurden von den Hufen der Rosse zerstampft.
     O kläglich Gesicht, wie alle im Kothe umhergestreut sich krümmen und winden, durchsucht den Auskehrigt ja sorgfältig und genau, ihr müsst den ganzen Geschmuck der Väter drin finden.