kw 32/06 (hand aufs herz / wir sind tot)

immer wieder ging ich die vergangenen tage des nun vollen notizbuches durch und fand darin dinge – reste, anfänge, verlorene fäden -, die noch nicht gestrichen, d.h. verarbeitet wurden. (will heissen: die noch nicht abgehakt wurden. paradoxerweise: sätze, zeichen und ziffern, die noch frei stehen, und eigentlich zu vergessen und verwerfen). zu löschendes, denn solche stellen quälen. und sei es nur, indem man sie überträgt, überführt und das buch damit entlädt, entlässt oder befreit. um es endlich ablegen zu können. (zu verbuchen; ich pflege auch hier eine art doppelte buchführung). ich fasse sie zusammen und bin dann doch etwas erstaunt: so versammelt, ergibt sich – diese miteinander verschnürt – doch ein recht kompakter text. (zu meiner entlastung lagere ich hier* (der formatierungen wegen als pdf) die (ursprünglich als nicht verwendbar (eben nicht) gekennzeichneten) stellen der kalenderwoche 32 aus: kw 32/06, darin enthalten: “belauschte jugend”, “und: dann: wieder: dieses: und:”.)

* edit, strike, 22.08.06: dieser text befindet sich nun bei den readern

kapitalismus

handtücher

gesichtstücher

achselhöhlentücher

knietücher

arschtücher

fusstücher

ein tuch für

jeden körperteil

man scheint dem

stoff nicht ganz

zu trauen

mit theorien kämpfen heisst

mit theorien gegen theorien kämpfen heisst

mit theorien sich bestücken und einen

tod bestreiten und ein leben das

millionenmal zu einem wurde durch

ein leicht dahin gesagtes ich

das einzelne mit anderen flüchtig zu

verbinden heisst dann auch zeit

sich räumlich vorzustellen heisst

theoretisch erst am ende

steht ein satz der etwa lautet

ich – ich bin nicht mehr

als eine theorie die weint sich

salz ins wasser das vorüberfliesst

meinem vater, hermann abendschein, *07.04.1938 – †26.06.2006

äussere umstände

die milch wird zehn cent teurer hast

du das denn schon vernommen

im infoblättchen steht es

wird zu aggressionen kommen

der altersdurchschnitt steigt heisst

das am ende etwa leben

an kassen wird gemunkelt es

wird aggressionen geben

sind neue nachbarn bunt mit

seltnen schuhen vor den türen

ist man am stammtisch eins das

wird zu aggressionen führen

und gestern sagt dein chef man

muss auf ebendich verzichten

nicht einen wundert dort dein

plötzlich aggressives reimen/dichten*

für georg raabe und, naja, ganz am ende ein bisschen heinz ehrhardt

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* (edit: 7.7.): nach lob und tadel, nach für und wieder wurde der reimbruch “reimen” an dieser stelle zu “dichten” verändert. es wurde mit dieser aktion äusseren umständen (pietätischen, resp. des zwischenzeitlichen todes robert gernhardts) rechnung getragen. ich danke den diskutanten georg raabe und stefan ruess.

(edit2: 7.7., mittags): äusserer umstände halber wurde die stelle bis auf weiteres gestrichen und geweisselt, bis zur verhandlung endgültiger, maximaler, bester sinnstiftung.

(edit3: 7.7., später, mittags): die finale version des gedichts wird nur noch in bilateralen gesprächen mit SRU erörtert. der bewidmete georg raabe bleibt wegen renitenz leider von diesen verhandlungen ausgeschlossen.