Sie beten sie an, um niederzuknien.

Ihre Begierde nach Endgültigkeit versteckt sich meist hinter einer unendlichen Liebe zur Wahrheit. Und es schaut, zu meinem stillen Vergnügen, immer ein Zipfelchen hervor.

Trotz alledem achten die Menschen nicht ihr Besonderes. Sie flehen nicht, es möge bewahrt werden. Sie setzen es als Unverletzbares voraus. Keine Ökonomie, keine Religion, keine Wissenschaft, kein Recht – überhaupt ein Gesellschaftliches könne ihm etwas anhaben. In diesem wahnhaften Axiom gleicht heute ein Mensch dem andern. Je unheimlicher seine alltägliche Widerlegung, desto strahlender erstarrt es im Wahren. Die erfahrene Lüge über sich ertragen sie mit Beschwörungen ihrer Einzigartigkeit. Sie beten sie an, um niederzuknien.

Ach, dächte sie ihren Boden der Tatsachen wenigstens als ein altes, knarrendes Sprungbrett.

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Übung gegen den Sinn.

Doch er dachte, bohrte immer weiter, Löcher ins Nirwana.

Es war mir immer ein Heidenspaß, der Anblick des Wieners, wenn er einen Schmäh ertrug. Wenn er sich nicht ärgerte, wenn er sich bemühte, ihm zu gehorchen. Zum Abgrund der Wiener Seele gelangte ich durch ein zwanghaft komisches Labyrinth.

Übung gegen den Sinn. – Man sollte die Buchstaben von Zeit zu Zeit wie Legastheniker betrachten, als seien sie einzeln verhakt mit der Welt. Die Schönheit der Urteile. Immer wissen wir sie nur mit stolzen Ungenauigkeiten zu begründen.

Willensmenschen werden höchstens Erfolg erfahren. Und sie geraten durch Disziplin und Fleiß, und etwas Glück, mit sich zufrieden. – Elendsgestalten des Triumphs.

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… und im Begriff verfolgt uns dann die Seele der von ihm erlegten Sache.

Ich träumte, ich ging ans weit geöffnete Fenster und stieg hinaus. Nicht wie ein Vogel flog ich, wie ein Luftballon schwebte ich davon, trieb schon dahin zwischen Wolken … Doch ich drehte mich ein letztes Mal um, warf einen kurzen Blick zurück. Und sah dort den kleinen Jungen am Fenster stehen. In die aufgerissenen Augen des Kindes starrte ich! Wie sie gebannt an mir, am Losgelassenen hingen. Und lange noch am leeren Horizont.

Ich erwachte.

Ihm, einzig ihm, werde ich schreiben.

Die einheitliche Ödnis des Dualismus’.

Viel zu selten kitzelte seine Zunge sein Bewußtsein.

Ein Merkwürdiges dieser Zeit: das Seriöse begann zu blödeln.

Wir belauschen, wir beschleichen, wir umzingeln, unser Denken jagt die Dinge. Es zielt … – und im Begriff verfolgt uns dann die Seele der von ihm erlegten Sache.

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Dem Absoluten begegne provisorisch.

Wie ist sie jung! – So grün! Von Trieben, Knospen übersät, Ahnungen von Blättern, Blüten … – ah, so grün, so zart! Doch hatte auch sie den Holzkopf bereits aufgeschraubt bekommen.

Ach, die Erwachsenen dieser Welt. – Hört, wenn sie sagen, sie stünden mit beiden Beinen im Leben. Und seht, wie sie durch ihren Alltag krabbeln.

Alles, was den Anschein erwecken möchte, letztendlich begründet zu sein, nicht kategorisch verwerfen. Vor das Absolute gestellt, zücke entschieden einen Bleistift. Dem Absoluten begegne provisorisch.

Auch das letzte Individuum, das ich in mich legte, begann bereits am nächsten Tag mit seinem Leben: Es wuchs, es wucherte, es teilte sich unaufhörlich. Und kümmerte sich nicht weiter um seinen Begriff.

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