Die Spröde

Willst du meine Füße küssen,

wirst du noch was warten müssen!

Stell dich in der Schlange an –

Nur Geduld, du bist bald dran.

Was! Du willst das Ohr mir lecken!?

Davon krieg ich rosa Flecken.

Gut, ich will mal nicht so sein;

Reih‘ dich in die Schlange ein!

Du möchtest meine Wangen reiben?

Es wär mir lieb, du läßt das bleiben!

Wenn es denn nicht anders geht:

Du weißt ja wo die Schlange steht.

Sag, was ist denn nun schon wieder?

Wie! Du möchtest mir ans Mieder!?

Das wollen auch die andern Leute;

Du bist schon der Zehnte heute!

Jetzt willst du meine Brust beschauen!

Sag, kann ich dir denn trauen?

Traun, wie allen die da drüben stehn;

die wollten sie sich auch besehn!

Ach! Schon wieder bist du hier!

Ehrlich, langsam reicht es mir!

Ich weiß, ich habe schöne Hände –

Dort hinten ist der Schlange Ende!

Du möchtest meine Lenden streicheln…

Hör auf dich derart einzuschmeicheln!

Aber hast Du etwas Zeit,

so sag ich: Nur frisch eingereiht!

Na, das hat mir grade noch gefehlt,

daß jemand meine Zehen zählt!

Gut, du wartest gar nicht allzu lange,

stellst du dich hinten in die Schlange.

Wie!? Halt! Was hast Du gesagt!?

Das blieb bislang ganz ungefragt!

Du willst auch meine Seel‘ beglücken!!

Körper mir UND Geist erquicken!?

Na, dann komm‘ her und laß dich….

Adamskind

Du hältst die Wange hin

dem zweiten Streich

so war‘s von Anbeginn

-dir ist das gleich

Du bist das Adamskind

und dein Geschlecht

ist geil und blind

– dir ist das recht

Dir ist kein Turm zu hoch

kein Traum zu steil

Bist ja und nein, bist ein Jedoch

und immer auch das Gegenteil

Du hast vom Geist

bist halb Instinkt

bist – was du weißt

Ein Gott, der hinkt

Schlaflos

I Schlaflos

Die Hand am Herzen spürst du
Deine Stunden schlagen
so sacht
geht der Tod dir um den Kragen
in dieser langen Nacht

An keines Herzen rührst du
sacht
hältst du dich im wagen
in dieser langen Nacht

II Schlaflos

Die Hand am Herzen spürst du
Deine Stunden schlagen
so sacht
geht der Tod dir um den Kragen
in dieser langen Nacht

An keines Herzen rührst du
sacht
hältst du dich im vagen
in dieser langen Nacht

Als der Winter

Als der Winter (Arbeitstitel)

Kleines schauerliches Herbstgedicht für Saha Morgenrot

Als der Winter in sein Schweigen

warf des Sommers Sonnenuhr,

warf er auch der Blumen Reigen

auf seine harte Schattenflur

Wie im Tanz letzter Libellen-

flügel sich im Licht der Tod verklärt

hat das Leben seine Stellen

wo es gerne grabwärts fährt

Dennoch ringt die Welt von gestern

zäh noch um ihr „Nicht-Hinab!“

will kein Lebend’ges sich verschwestern

mit dem Dunkel, mit dem Grab

Liebende

Zwischen Sternen haben sie ihr Haus erbaut

Luftig ruhn sie in den Zwischenräumen ihrer Seelen

Ein Ort, wo man noch auf Gott vertraut

und daß der Biß der Liebe nicht den Kehlen

gilt, wenn sie sich so gänzlich hingegeben

ihr schwaches Fleisch einander offenbaren

und sie zu weit vereint in diesem Schweben

allein sich halten und sich ihren Teil bewahren

Sie sind in diesem Raum für Stunden aufgehoben

Im Reich, wohin allein sie nur zu zweit gelangen

sind sie einander fest und eng verwoben

und teilen zärtlich ihrer beider Sterne Bangen

So ganz dem Andren und dessen Welt enthoben

ist ihrer Sterne Fall für eine Ewigkeit lang aufgeschoben