“Literarische Gattung Klappentext”

edit, 17.09.06: dieses projekt wird auf unbestimmte zeit zurückgestellt …

Wieder kurz zusammengezuckt bin ich, als ich diesen Titel im Bund las. War mir da jemand zuvorgekommen? Das ist natürlich gut möglich – ich habe noch nicht weitgehend recherchiert, ob es nicht solcherlei Klappentextprojektchen schon gab/gibt. Überhaupt ist auch noch nicht klar, wie sich die Schönen Häute en Detail entwickeln sollen. Es war aber eine Rezension des einmal erwähnten Calasso-Bändchens, das schon zuvor von diesem Vorhaben abgegrenzt wurde. Aus der Rezension: Schon in «Die Literatur und die Götter» hatte dieser buchstäblich von der Literatur begeisterte Autor seine Vision von der absoluten Literatur beschrieben. Hier finden wir sie wieder in den kunstvollen und profunden Kurztexten, die, über die Funktion der Präsentation und des Lobs hinaus, das betreffende Buch in den kultur- und ideengeschichtlichen Zusammenhang stellen in einer Sprache, die, ganz durchdrungen vom Geheimnis grosser Literatur, ihre Leser ins Abenteuer des vorgestellten Textes mitzureissen vermag. Ob Hesse, Nietzsche, Hofmannsthal, Joseph Roth, Simone Weil, Robert Walser oder Elias Canetti, ob Bruce Chatwin, Mario Praz, Leonardo Sciascia, Ernst Jünger, Jean Paul oder Heinrich Heine: Jedes Werk dieser Autoren entpuppt sich unter Calassos brillanter Feder als ein wichtiges und einmaliges Segment dieser unendlichen Buchschlange, als die der Autor die Literatur begreift und erlebt..

Um es noch einmal deutlich zu machen: Calassos Textproduktion ist also die Schaffung eines Allgemeinen, das sich aus einem Spezifischen organisiert. (). Dieses Allgemeine soll also gattungsstiftend wirken. Das Ziel der “Schönen Häute” dagegen ist die Herstellung eines Allgemeinen, das gleichzeitig das Spezifische ist. Also ein folienloser Text über etwas, das noch gar nicht existiert (das es vielleicht schon gab oder geben wird – aber darauf wird nicht referiert, bzw. die Referenz ist fiktiv). Es soll also eine Umkreisung eines leeren Zentrums werden, und die Kreisbewegung Zentrum der Serie …

Klappentexte

Beobachten wir einen Leser in einer Buchhandlung: Er nimmt ein Buch in die Hand, schlägt es auf, blättert darin und ist, für ein paar Augenblicke, völlig von der Welt getrennt. Er lauscht jemandem, der spricht und den die anderen nicht hören. Er nimmt zufällige Satzfragmente auf, schliesst das Buch und betrachtet den Umschlag. Dann vertieft er sich oft in den Klappentext, von dem er sich eine Hilfe erwartet. In diesem Moment öffnet er – ohne es zu wissen – ein Kuvert: Die wenigen Zeilen ausserhalb des Buchtextes sind in der Tat ein Brief: der Brief an einen unbekannten Leser.

(aus: Das unendliche Buch. Der Klappentext als Brief an den unbekannten Leser. Von Roberto Calasso)

auch eine Idee, die möglicherweise schon umgesetzt wurde. für hinweise dieser art bin ich natürlich sehr dankbar. auch eine idee aber, die mich schon lange umtreibt und die als kleine form, haben Die Träume meiner Frau also ihre 100-stoffe-grenze erreicht, vielleicht endlich umgesetzt werden könnte, nämlich

eine serie mit fiktiven klappentexten zu schreiben.

natürlich habe ich mich dabei wieder an alban nikolai herbsts erzählideen-beitrag vom letzten jahr erinnert, die man über diese form aufgreifen und umsetzen könnte. es wären also kleine metatextchen zu texten, die bislang noch nicht, unvollständig bzw. nur in autorenköpfen existieren. ob ich o.g. ideen herbsts aufgreifen kann/darf, muss ich noch abklären …