was wir noch* über brasilien wissen

material zum br-komplex dranmor/staden

In Brasilien sind alle Müllmänner nackt. Und sie stehen da rum und warten auf mehr Müll am Ende des 20. Jahrhunderts. Wo die Lasergewehre sehr lautlos sind. Und alle Empfindungen kontrollieren einander durch Wörter. Egal, was für Wörter das sind, aus welcher Ecke sie kommen. Schöne Aussichten versperren den Ausgang. Das weiss ich (…)

transkribiert aus: Rolf Dieter Brinkmann, Wörter Sex Schnitt, Originaltonaufnahmen 1973

* (noch = historisch oder/und imaginär. dazu vielleicht noch einen verweis auf brazil von terry gilliam)

Preisverleihung

Er schrieb so gut, wie er dachte, dass er einfach nicht gelesen werden konnte. Folglich wurde auch jeder wichtige Preis gegen ihn verliehen.

wenn sich dichterinnen treffen

Wenn zwei der talentiertesten Lyrikerinnen der jungen Generation gemeinsam durch die Münsteraner Altstadt spazieren, unterhalten sie sich nicht über Literatur, sondern über – Moose. Über Bodentypen, auf denen sie wachsen, über Flechten und Gräser, über Industriebrachen und die urbanen Ruinen, die sich die Natur zurückerobert. Die Wienerin Anja Utler (Jahrgang 1973) und die aus Essen stammende Marion Poschmann (Jahrgang 1969) entdeckten bei einem der Essen zwischen den Gedichtgängen des Lyriktreffens ihr gemeinsames Interesse für die Naturreste in der Stadtwüste. Die Voraussetzung für Gedichte ist, so konnte man im Vorbeigehen lernen, kein diffuses Gefühl, sondern eine geradezu wissenschaftliche Genauigkeit der Benennung. “Kunst heißt / das Leben mit Präzision verfehlen”, lauten programmatische Verse des früh verstorbenen Nicolas Born, an den eine Veranstaltung mit seiner Tochter (und Herausgeberin) Katharina erinnerte. (…) faz, 7.6.05

ich (jahrgang 1969) schlage herrn hediger (jahrgang 19??) anlässlich des berner dichtertreffens am kommenden samstag einen spaziergang im quartier und ein gespräch über vögel an fensterscheiben sowie pasta al pesto vor. die medien bitte ich abstand zu halten …

textsaussen

heute zu lange in der sonne gesessen. sie zu lange angestarrt. nichts gedacht. nichts denken können im textaussen – schreibe ich heute abend.

Zum Dreiklang der Kartoffel

Als Gottfried Benn ihr Hohes C besang, war noch nicht absehbar, dass in ihrem runden Ton noch weitere zu finden waren. Erst heute wird uns allmählich klar: vermittelt durch modernste Gerätschaften werden Klangspektren sichtbar, die diese Knolle erst geniessbar machen.

Das Faktum der Essbarkeit vs. des Nährwerts der Poesie. Die historische Abhängigkeit. Das Immer-Auszudifferenzierende. Das Synästhetische. Kein Objekt kann nur mehr Objekt sein, wie es war. Ein Mehrwert muss formuliert werden. Ein alter Hut.