Dranmor I,2

(Die Bilder)

Die Kiste. Eine Kiste mit Büchern und Schriften – wie ich vermute, die er irgendwann einmal bei mir deponierte, bevor er ins Ausland ging, und die nicht mehr abgeholt wurde. Sie ist seitdem immer mit mir umgezogen, mit mir mitgezogen. Ich weiss nicht einmal mehr, was genau sich darin befindet. Sie müsste aber eigentlich noch im Keller stehen, und ich gehe hinunter, um sie zu suchen.

Ich finde sie in einem dunklen Winkel unter allerlei Kram, Koffern, Plastikwannen mit Elektromüll und Kabeln – und ziehe sie hervor. Es ist dunkel und ich kann nichts erkennen, und weiss, dass ich eigentlich derjenige wäre, der die kaputte Glühbirne auswechseln müsste, so wie ich nun derjenige bin, der immer angesprochen wurde, wenn es um die Erledigung von Dingen rund ums Haus ging. Eine Art Hausmeister. Eine Ansprechperson. Ich würde mich irgendwann darum kümmern.

Ich schleppe die Kiste, den grossen Karton, den ich umständlich schultere, hinauf zu mir in den zweiten Stock, durch das enge lindfarbene Treppenhaus. Stelle ihn in meinem Arbeitszimmer ab und öffne ihn.

Wie erwartet: Semesterliteratur, Vorlesungsverzeichnisse, Mitschriften in Ordnern, ein paar Bilder, ein Notizblock, Kassetten. Wie ein Inventar, das ganz zuletzt verpackt wurde und dann wahllos in eine übrig gebliebene Kiste wanderte.

Die Bilder: Seine Eltern mit ihm auf Urlaub in irgendeiner Berglandschaft, ein Jugendfoto Romans, mit blauem T-Shirt steht er in einem Garten neben einem Apfelbaum, und eines mit uns, das heisst: mit ihm, mir und ihr.

Ich lege alles wieder zurück, bemühe mich dabei, die ursprüngliche Ordnung wieder herzustellen, obwohl Roman sich nicht an diese würde erinnern können. Ich beschliesse ihm bei nächster Gelegenheit davon zu erzählen, sie ihm zurück zu geben.