Dranmor I,3

(Brief)

[Ich hatte ihr den Brief persönlich vorbei gebracht. Nein, verstohlen geschaut, ob auch niemand zusähe, und ihn dann in ihren Briefkasten eingeworfen. Nur ihr Vorname stand darauf – ein Geständnis darin. Am Mittag von ihr besucht worden, des Briefes wegen, wie angenommen wurde. Stattdessen eine Fragestunde. Er hätte sie zum Frühstück eingeladen. Sie hätten Sekt getrunken. Er hätte sich ausgezogen und sich auf sein Bett gelegt. Sie sei verwirrt gewesen. Sie sei dann wütend geworden. Sie hätten sich dann gestritten – er sei immer noch nackt gewesen. Sie wüsste auch nicht, warum es sich dann so entwickelt hätte. Plötzlich hätten sie miteinander geschlafen – sie kann sich das gar nicht erklären. Es sei sehr schön gewesen. Wie ich denn darüber denke. Wie sie sich denn verhalten solle. Ob sie nun mit ihm zusammen sei, wisse sie noch nicht. Aber es wäre besser, wenn wir uns eine Weile nicht sähen. Nein, sie habe noch nicht in ihren Briefkasten geschaut – sie müsse jetzt gehen. Die Eile. Die Fahrt mit dem Fahrrad zu ihrer Wohnung, um dort vor ihr anzukommen. Um den Brief wieder herauszufingern – aus dem engen Briefkastenschlitz. Das Sichdavonstehlen, mit hochrotem Kopf und zerkratzten Händen.“>