Um zurück zu den Texten zu kommen und doch noch etwas beim Thema (VIII) zu bleiben: Die jeweils erste Passage eines sog. Ichschriftelements ist also immer ein fremder Text, der von Dir verhandschriftlicht wurde. Nach all den Hegemann-Debatten: Ist so eine Form der Aneignung nicht etwas problematisch? (bhfr)
Mittelbar mit der Konstruktion von Identität (und damit auch Identität des Textes) hat das so textgenerische Verfahren einen (sicher nicht neuen) Effekt auf die Beziehung homogenisierender Schriftästhetik (Praxis) und damit Homogenisierung (Integration, Anpassung, Aneignung) von Fremdtext in / von eigenem Text. Die Homogenisierung des ursprünglich Heterogenen, wie in so einem Schreib- bzw. Schriftakt stattfindend, also des Abschriebs von (tendenziell eher theorielastigem) Fremdtext und dessen Hinzugliederung zu eigenem Text, kann auch eine punktuelle Umcodierung von autorschaftlichen Textverhältnissen bedeuten. Vielleicht muss also auch eine Frage lauten: Schreibe ich einen Autoren (einen Text) um? Eigne ich ihn mir an? Werde ich Teil von ihm? Oder: Werde ich selbst Teilurheber dieses vormals fremden Textes (mehr noch, als bei einfacher und üblicher Zitation), wenn dies über handschriftliche Aneignung geschieht?
Wenn auch diese Frage grundsätzlich schwer zu beantworten ist, kann zumindest also in Relation gesprochen behauptet werden, dass eine handschriftliche Aneignung durch Abschrieb und damit Homogenisierung mit eigener Schrift (eine Werkvariante entsteht, auch ästhetisch) diese Gesamteinheit eher in die Sphäre eigener Autorschaft von Fremdtext überführt, als es bei kopierender Zitierung (digital, analog, abtippen, copypaste) stattfindet.
Man muss diesen Punkt vielleicht nur als Nuancierung von Zuneigung im Bewegungssystem von Textadressierungsverhältnissen sehen, aber diese Nuance kann von Bedeutung sein, wenn es um Verlustbilanzierung geht. Inhaltlich / Sprachlich: ein Amalgam von Metatext-Text-Elementen hat nun ganz praktisch aber auch Auswirkungen auf den Gesamttext und jenem, wie eben diesem, der gerade im Entstehen begriffen ist. Ganz gegen mein ursprüngliches Vorhaben hat sich hier eine Sprache und ein Schreibverfahren (auch: ein Ton) etabliert, der manchem vielleicht als überhebliche, überflüssige, unverständliche oder spekulative Terminologisierung (wie hart oder weich diese auch sein mag) des Sprechens über die Verfahren vorkommt. Das war, wie gesagt, nicht von Anfang an intendiert. Die Lektüre und Verarbeitung von solchen Sekundärtexten, also auch: die inhaltliche und sprachliche Aneignung dieser Texte, nehmen ihrerseits Einfluss auf mich. Ich befinde mich also noch inmitten eines Ermächtigungsprozesses jener Sprachen über mein Schreiben über das Schreiben. Theoreme, wie dort aufgegriffen, schieben sich in meinen Blick auf / beim Sprechen über das Verfahren und die Auswirkung solcher Textproduktion bzw. Ihrer Unterlassung. Gewissermassen steht also auch diese Anfertigung unter einem Fremdautorschaftsverhältnis, nicht 1:1, nicht in Form rigider Materialität, aber auf anderer Ebene ordnet sich mein Schreiben über mein Schreiben Diskursen zu, die ihrerseits wieder urheberschaftliches Land an meinem Text zurückgewinnen. So entsteht also vielleicht etwas wie eine Tausch- oder Handelssituation von Adressierungen (Adressregistern?, ästhet. mit diskurseigentümlichen), die die “Besitzverhältnisse” von Text fluktuieren lässt. Und das kann weiter bedeuten: dass gerade diese Texteigenschaften damit auch ausgestellt werden.