Julien Sariette

(M03)

Monsieur Sariette liebte seine Bibliothek. Er liebte sie mit eifersüchtiger Leidenschaft.  (…) Wer auch nur den belanglosesten Schmöker entlieh, der riss ihm das Herz aus dem Leibe. Um sogar denen, die das meiste Anrecht darauf hatten, Bücher zu entleihen, dies zu erschweren, erfand Monsieur Sariette tausend einfallsreiche oder plumpe Lügen und scheute sich nicht, seine eigene Verwaltung oder Wachsamkeit in Frage zu stellen, indem er behauptete, einen Band verlegt oder verbummelt zu haben, den er noch einen Augenblick zuvor mit den Augen verschlungen oder ans Herz gedrückt hatte. (…) Manchmal fuhr er in der Nacht schweißgebadet und mit einem Angstschrei aus dem Schlafe auf, weil er im Traum eine Lücke in einer der Reihen in seinen Schränken hatte klaffen sehen (…) Dank seinem ausdauerndem Fleiß, seiner Wachsamkeit, seinem Diensteifer, mit einem Wort, seiner Liebe war der Bibliothek d’Esparvieu während der sechzehn Jahre seiner Verwaltung, die am neunten September 1912 abgelaufen war, kein einziges Blatt abhanden gekommen.

In: „Aufruhr der Engel“ von Anatol France.

Dazu auch: Bibliographie mit librarians in fiction (engl.)