Kleidermachen, Leute / A2S1(1)

(D10)

Akt 2, Szene 1

Licht in R1, in R2 und R3 ist lediglich die Notbeleuchtung an. In R1 stehen sich Sachwitz und Käs in schlechtsitzenden, grauen Uniformen gegenüber und zupfen an diesen herum. An ihren Oberteilen in Brusthöhe auf der Herzseite prangen überdimensionierte Namensschilder. Weber geht in R3 ans Mikrophon.

AUTOMATENSTIMME: Durchsage 923.

WEBER: Liebe Mitarbeitenden. Wie sie vielleicht heute morgen gesehen haben, wurden nun endlich unser Corporate Wear geliefert. Wie in den einzelnen Stilberatungssitzungen beschlossen, wurde, zusammen mit den von Ihnen in den neuen Verträgen angegebenen Körperdaten uns nun ein Set von Bekleidungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt, mit dem wir nun auch geschlossen nach aussen auftreten können. Wir hoffen, Sie finden Gefallen an Ihrer neuen Erscheinung. Sollten Sie es da und dort mit falschen Grössen oder anderen kleinen Problemchen zu tun bekommen, wenden Sie sich bitte an die BL, Abteilung Corporate Design, die Ihre Korrekturvorschläge im Rahmen des Möglichen entgegennehmen wird. Ich wünsche Ihnen allen einen guten Tag.

AUTOMATENSTIMME: Ende der Durchsage.

R1

Käs und Sachwitz schauen sich immer noch entgeistert an.

KÄS: Sie haben es tatsächlich getan. Wie haben die das nur durchgekriegt. Ich habe nie etwas darüber gelesen, als eine Entscheidung anstand.

SACHWITZ: Sicher in einer Durchsage. Lässt sich aber jetzt kaum mehr nachweisen.

KÄS: Schon alle Einsichtsoptionen fürs Durchsagenprotokoll aufgebraucht?

SACHWITZ: Ja. und selbst.

KÄS: Leider ebenso. Die hätte man mal vorsichtiger einsetzen sollen. Aber ich frag mal herum. Schauen Sie doch bitte mal nach, was sie in der neuen Kleiderordnung schreiben.

In R2 geht das Licht an und man wird Frau Fröhlich im viel zu engen Deux-pieces an einem dicht verhangenen Zettelboard gewahr, an dem von ihr noch weitere Anschläge ausgehängt werden.

AUTOMATENSTIMME: Durchsage 924.

WEBER: Äh, Frau Fröhlich bitte ins Direktionszimmer.

AUTOMATENSTIMME: Ende der Durchsage.

R3

Fröhlich geht ab nach R3. Als sie versucht das Licht anzumachen, interveniert Weber verschwörerisch.

WEBER (raunend): Bitte. Nicht das Licht anmachen. Ich bin noch nicht soweit.

FRÖHLICH: Oh, entschuldigen Sie bitte, Herr Dr. Weber. Ich wusste ja nicht …

WEBER: Haben Sie die Liste mit den Verstössen und Namen?

FRÖHLICH: Habe ich, aber ganz wohl ist mir bei der Sache nicht.

WEBER: Bitte überprüfen Sie doch zukünftig auch die Einhaltung der neuen Kleiderordnung und erstatten Sie mir wie gewohnt Bericht.

FRÖHLICH: Muss das wirklich …

WEBER: Sie haben ja noch Frau Flugs und bald auch weitere Hilfe auf Ihrer Seite. Es ist ja nur für eine kurze Übergangszeit.

FRÖHLICH: Gut, ich …

WEBER: Ach, und rufen Sie mit bitte diesen Theodor Bauer. Stante pede. Dass es soweit kommen muss.

FRÖHLICH: Herr Bauer ist meines Wissens auf einer Fortbildung.

WEBER: Auf einer Fortbildung? Hm. (Fröhlich geht ab nach R2)

WERBETRAILER: Liebe Kundinnen und Kunden. Wir sind ihre Bibliothek. Wir helfen Ihnen, wo wir nur können. Wir sind unübersehbar.