nach dem gesetz

der beschluss und die umsetzung des neuen gesetzes hatte nachhaltige konsequenzen. es war plötzlich so, dass die nun stigmatisierten krawattenträger, die ihr krawattetragen nun weder an öffentlichen orten, in den räumen und hallen von institutionen, dienstleistungsgebäuden, ja sogar an plätzen des kleinen handels, noch, und das war für sie neu, an halböffentlichen plätzen, wie es bei kneipen, restaurants, ja selbst auch auf grösseren und kleinen privaten parties der fall war, zur schau stellen konnten. immer häufiger wurden fälle bekannt, wurde über fälle gesprochen, bei denen krawattetragende personen selbst nachts auf beinahe ausgestorbenen strassen, meistens von unbekannten, angehalten, taxiert und beschimpft wurden; vereinzelt soll es auch gewalttätige übergriffe gegeben haben.

es ist also kein wunder, dass sich diese immer noch krawattetragenden menschen, die auf ihre mündigkeit und entscheidungsautonomie pochten, und jene wohl bedingt richtigen argumente, das häufige krawattetragen würde bei zu fester verknotung zu sauerstoffmangel und damit geistigem leistungsabfall und längerfristigem tod führen und der anblick einer krawatte zur nachahmung animieren, ausserdem sei das tragen von krawatten auf symbolischer ebene anrüchig, ignorierten, nun andere wege suchten, ihrer kleinen lust zu fröhnen.

nach kurzer zeit waren die kneipen verwaist, die orte unverbindlicher, ja freundschaftlicher kommunikation verschwunden und immer noch krawattetragende menschen, solche also, die sich nicht durch massive sanktionen einschüchtern liessen oder ausgewandert waren, weg von diesem land, diesem kontinent in weniger erschlossene gebiete, trafen sich mit toleranten freunden in dunklen hinterhöfen, in kellern spätnachts, weit nach zwölf und berieten, was zu tun sei. und es waren nicht immer dieselben krawattenträger und deren sympathisanten, die sich da trafen. um genau zu sein, gab es jene, die zusätzlich durch das tragen von blauen und jene, die durch das tragen gelber schnürsenkel auffielen, eine weitere abnormität, die ihr vergehen nachgerade potenzierte. jene zwei subversiven gruppen und deren freunde befehdeten sich, nachdem sie ihr gemeinsames ziel aus den augen verloren hatten, aufs gemeinste, nicht ohne dass es zu einem gehörigen ausmass von kollateralschäden an der nicht-krawattetragenden und schnürsenkelindifferenten bevölkerung kam, sodass die regierungen reagierten, nachdem sie einsahen, dass sie den folgeproblemen ihres gesetzes nicht herr werden konnten, dieses allmählich wieder aushöhlten, am ende gar aufhoben, sodass sich nach gewisser zeit wieder ein ur-, ein naturzustand einspielte, der nur dann und wann einmal, allerdings mit immer lauterer stimme von ein paar krawattenträgerhassern beanstandet wurde.