Naturgewalt

Hab‘ ich mir ein Haus gebaut

Dach mit Ziegeln schwer.

Hab‘ dann nach ‘nem Platz geschaut –

Fand: Ich stell’s an’s Meer.

Hab‘ ich drum ‘nen Deich gezogen –

Grub‘ mit Spaten schwer

Und des Meeres hohe Wogen

störten mich nicht mehr.

Legt‘ ich mir ein Gärtlein an –

Beet mit roten Rosen;

Und ich pflanzte Majoran

vor des Meeres Tosen.

Hab‘ mir dann ein Schaf gekauft –

Den Rosen zum Gesellen.

Habe es Karl-Heinz getauft:

Es mocht‘ des Meeres Wellen.

Fand: Nun fehlt mir noch ‘ne Frau –

Weib für’s Luderbette

Mit Meereswassers tiefem Blau

tauft’ ich es Anette.

Hab‘ mich auf den Deich gestellt,

alles zu besehen;

Schaf und Weib mir zugesellt-

Wie weich die Wellen gehen…

Schlief ich nachts dann friedlich ein,

sanft und wohlbehütet;

träumte schwer, schlief wie ein Stein,

Das Meer: es tobt‘ und wütet.

Wie ich morgens aufgewacht –

Gärtlein war voll Wasser.

Dach und Deich waren gekracht –

Ich wurde immer blasser.

Blickt‘ ich drauf zum Horizont,

wie die Lage wäre;

Wellen, turmhoch, ungewohnt,

gaben sich die Ehre.

Spülten mit ‘nem Lachen fort,

was zäh ich hatt‘ erschaffen.

Natur versteigt sich gern zu Mord –

sie hat gar schrecklich Waffen!

Bald darauf das Meer sich glättet –

Mein Werk sah wahrhaft übel aus.

Nur meine Haut, die ward gerettet –

Versunken blieb: Weib, Schaf und Haus.