Der zum Tode verurteilte in Polen: Er wählt den Schnaps. Sein Körper, der das zum ersten Mal trinkt, genießt es so, dass er nach dem medizinisch eingetretenen Tode gewissermaßen aufersteht, als riesige Alkoholverarbeitungsmaschine, die hinabsteigt in die Erde und von innen heraus die Welt zerreißt.
Kurze Botschaften, Flaschenpost, Gravur im Ring: Was wollt Ihr denn?
Oder ist etwas ganz anderes im Gange: Wenn wir in einer Welt n leben und einen Atemzug tun, so ist die Welt n und wir mit ihr zerstört worden, ins Nichts, aber in der gleichen Zeit eine Welt n+1 kreiert worden, die bis und mit dem Atemzug mit der alten Welt n alles gemein hat, um dann gerade mal einen Atemzug länger zu dauern, worauf die Welt n+2 folgt etc.? (Original-Kopie plus einen Hauch mehr / wo n-1 endete, macht n alles bis dahin mit, dann eine Atemgeneration länger etc.)
Thomas Pychons Beschrieb des widerwärtigsten Runterwürgens von Gummifressen (»Die Enden der Parabel«, ca. Seite 190) versus das Marmeladenessen bei Hans Henny Jahnn (in seiner Erzählungen-Sammlung »Dreizehn nicht geheure Geschichten«). Wie tickt die Zunge?
ZWEIHALBJAHRHUNDERT
Nein, ein Genie war unser Schmidt nicht. Unser? Ja, unser: Denn wir erkennen ihn immer, egal ob in Briefen an Heinz Jerofsky, ob im Frühwerk, den mittleren Jahren oder dem Spätwerk: Immer ist da dieser Rhythmus, der Sprachrhythmus, das, was nur bei ihm so zwischen den Wörtern (als quasi betonter Zwischenraum) mitschwingt, zwischen den Sätzen: Da war ich hin!: Von dem herrlich ausgewogenen Prosatakt!
Sowieso, Schmidts Werk: ein Hin- und Her auch der Lebensstimmungen oder eben Auf und Ab der GegenSätze: Ganze Geistestreppen besteigt er so, selbstgebaute oder vorgeplante, Hauptsache: hoch hinaus. Und von oben trotzdem noch das kleine Leben mitstenographiert, tief unten.
Eben auf und ab: Im eigenen kleinen Leben wollte der Lagerbuchhalter der deutschen Literatur in Gedankenwolkenwelten alle überschweben können und da oben gibt sich das Barometer nicht zu störrisch. Dazu: Wer braucht schon New York, wenn er bei Poe nachlesen kann, wie das früher war: Dieses Bild wollte er sich nicht von der Realität überblenden lassen.
Und tief innen nicht die Angst nähren, dass die ganze Kultur nächstens vor die Säue geht. So liegt in seinem Sprachgefühl auch der Mut und die Wut gegen eine wie auch immer geartete Obrigkeit verborgen oder besser gesagt: eigentlich offen zutage. Die unerhörte Geschmeidigkeit und Vokalharmonie seiner Sprache als Wundmale
Ah, meine Dame, Sie sind subeffizient.
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