ZENSUR? …:
Diese Antwort ist für mich blanker Hohn. Da wendet sich jemand Hilfe suchend an einen und man dankt zuerst einmal für den Brief; damit spurt man gewissermaßen auf der Geschäftsbriefschiene ein: Wir danken für Ihren letzten Brief vom soundsovielten
(Darauf weist auch das »Ihr Brief vom
« hin.) Dann aber wechselt die Sprache im gleichen Satz noch und es ist die Rede vom Schicksal erzählen. Ja, gilt es ihn denn dafür zu belobigen? Hat er sein Leben denn erfunden? Oder geht es darum, es bestmöglich zu präsentieren? Und vermutlich bereits wenn dann die ans Dritte Reich gemahnenden Durchhalteparolen auftauchen, die nach der perversen Logik funktionieren: Sie haben es bis hierhin geschafft, also schaffen sie es auch noch weiter, und die den Leser zusammen mit den guten Wünschen an ein Berufszeugnis erinnern (»Mut und Kraft für Ihren weiteren Lebensweg«), es ist anzunehmen, um den Brief schön abzurunden, oder aber spätestens als man dem Empfänger, Sprachfehler im Brief inbegriffen, »alles Gute« wünscht, tschüssi, ciao
spätestens dann durfte mein Vater zu Recht geräuschvoll feststellen, was er mündlich etliche Mal tat: Hilfe werde dort und an anderen ähnlichen Stellen wohl nur geboten, um das eigene schlechte Gewissen zu beruhigen.
Warum suchte er so extrem weiter nach der Ursache oder der Wahrheit? Er konnte Verstand und Gefühl, einem Einsteinschen Aperçu gerechtwerdend, nicht übereinbringen: Der Verstand weiß es, aber das Herz will es nicht annehmen.
Ist das nicht oft ihm Leben so? Ja, aber was sagt das?
Flecht- und Ranzmeister.
Uns trügt das Angezwungene.
Wird es leichter sein, zu sterben, weil er schon vorausgegangen ist? Ich weiss es noch nicht. Was ich weiss, seit ich die Unterlagen habe: Sein Grossvater starb mit 76 oder 75 Jahren, sein Vater starb mit 73 Jahren. Er starb mit 71 Jahren. Wann sterbe ich?
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