Salzkristalle & Trüffelpilze (Auszüge, 09/2012)

Verschiedene Schriften desselben Schriftstellers oder gar aller Schriftsteller: die fortwährende Interpolation des Ewig-Gleichen. Was ist der Ur-Text?

Anverbandelt.

Der feste Busen der Wahrheit! – Ja, den möchtet ihr anfassen, nicht wahr?

Zur Zahlenmystik: Friedrich Rückert lebte von 1788 bis 1866 (88 und 66!). Aber er wurde nicht etwa 78 Jahre alt, sondern ausgerechnet 77 Jahre. 77 Jahre! Was meint das nun? … Oder was man an allen Tagen so macht …

Was ich auch mal schreiben sollte: Eine Ode an den Fön. Der mich so zärtlich streichelt mit seiner Warmluft. Und nur ab und zu ein Fangbein stellt mit seinem schwarzen Kabel. Mein kleiner Gebärmutterersatz der Wohnung. Der mich sanft wärmt auf Stufe 1. Und heißmacht auf Stufe 2.

Während aber eine Symphonie polyphon erklingen kann (und dazu ein Orchester braucht) und ein Bild wohl poly›phon‹ gemalt sein mag, einfach zum Beispiel dadurch, dass es aus dem Rahmen fällt, aus der Zweidimensionalität (und also auch ›Material‹ braucht), kann das die Sprache nicht derart einfach. So muss man wohl spätestens seit dem 19. Jahrhundert von zwei sehr verschiedenen Arten von Erzählen ausgehen: Dem, welches das Poly-Whatever abzubilden versucht (und dazu Papier braucht oder zumindest eine Schreiboberfläche wie auch immer, aber wo Lese-Laut und Lese-Schriftbild ›auseinanderklaffen‹ können) – und dem, das nach wie vor Sprache versteht als ›Erzählen‹, ohne dass es dazu Papier braucht. Ich sage nicht, dass das zweite veraltet wäre. Im Gegenteil: Wer es hier fertigbringt, doch etwas vom Ur-Gefühl abzutönen, dem gelingt wahrlich große Literatur.

Nicht immer ist der Inhalt eines Textes der Entwurf einer Gegenwelt. Bei guten Texten kann das zudem oder gar ausschließlich das Erzählen selbst sein. Was ich damit meine? Ja, spricht denn der Esel davon, warum er so muht, wie er muht. Der Witz mit den großen Ohren und Geschlechtsteilen kommt ja von außen …

Scheint mein Schatten nicht besoffen?

Zum Blog Salzkristalle & Trüffelpilze