überschreibungen 15

(satzzeichenlesen)

die passagen VI,1a (Der Keller, das Dach, die Räume dazwischen) und VI,1c (Drei Vögel Feuer) wurden schon auf einer lesung vorgestellt und daher vorher überarbeitet. wie günstig, denke ich, und: ich werde sie unberührt lassen. darauf stelle ich mir die frage, ob das noch in ein überschreibungenkapitel hineingehörte, befinden sich doch diese teile nicht vielleicht schon auf der nächsthöheren (bearbeitungs-)ebene. vielleicht, muss man sagen, wurden sie durch ihr gelesenwerden schon ein zweites mal überschrieben. nicht auf dem papier oder in digitaler form, aber in ihrer umformung oder übersetzung durch laut und lippe. sie stehen dann als solitäre im raum und wissen nicht wohin. daran schliesst sich natürlich die generelle frage, ob der gelesene text noch mit dem stummen verwandt ist. die frage ist natürlich schon lange entschieden und soll hier nicht weiter erörtert werden. (nein, ich will hier auch gar nicht zu einem schwelenden bloglesungsdiskurs beitragen). (und: ich weiss, man kann mir auch an dieser stelle intentionalismus vorwerfen: wenn ihrs nicht fühlt … o.ä.). es gibt sie und sie sind originär: die laute. die pausen. die satzzeichen, in denen man sich individuell ausbreitet, und: es hat natürlich auch mit der autorschaftsfiktion zu tun (), die sich in so einem kontext ändert. kommentare? kommentare gab es in diesem falle mündliche. und zuspruch. analog: man kommt zu dem schluss, die bearbeiteten und gelesenen weblogtexte sind andere texte: flüchtige. (und flüchtig auch die kommentare). umgekehrt?: ist das reden und sprechen generell nichts anderes (in dieser metapher) als das betreiben eines weblogs in höchster flüchtigkeit. warum also das geschrei? oder besser: rauschen.

sie lacht. zufall? gerade sei sie wieder über adornos essay über die satzzeichen in einer zeitschrift gestolpert. demnach müsse ich meine zeichensetzung ordentlich überarbeiten. die vielen ausrufezeichen: erhobene, mahnende zeigefinger. die doppelpunkte: schreiende oder hungrige offene mäuler. und viel zu wenig gedankenstriche. mit klammern sollte man auch vorsichtig sein. sie erzählt mir von dem vergleich mit den schnauzbärten. wir lachen beide. dann gesteht sie mir, dass sie alles schon hineingearbeitet und korrigiert hätte. wir hätten nun viel mehr zeit füreinander, und: wie lange ich heute bleiben könne. ich protestiere. ich möchte meine satzzeichen selbst setzen.

ich streiche viele ausrufezeichen. ich lege gedankenstriche in den text. ich arbeite mit dem doppelpunkt, nein, ich lasse mir von niemanden den doppelpunkt verbieten. meinetwegen ist es ein laut stotternder, ein hungriger text, aber die doppelpunkte bleiben. CONTAINER: erwähnenswert vielleicht: dass sich die Handlung langsam in den Keller verzieht. Vielleicht kann man sagen, wir sind nun in der Magengegend des Romans. Und: den Hinweis zu Sabia, dem Vogel aus der Familie der Arenaviridae und die Bekanntschaft mit der ganzen Sippe, verdanke ich mah.

(zu dranmor VI,1a-VI,1e; übersicht überschreibungen)