Zettel (sichten, abschreiben, ordnen)

Ich hatte heute nacht wieder nur wenig geschlafen. Und offensichtlich wurden von mir (von wem sonst?) Aufzeichnungen gemacht, sie liegen heute morgen auf meinem Schreibtisch. Dieses Posting finde ich ebenso ausgedruckt auf dem kleinen Zettelberg. Es müsse eigentlich auf die Hauptseite, steht darunter und soll dort noch einmal mit der Bücherkistenthese verknüpft werden

Obiger Text, den du kommentierst, steht im Kontext einer Serie mit dem Titel „Die Träume meiner Frau“ (Kategorie „träume“, vielleicht ist das nicht sofort erkennbar). Sie arbeitet also mit einer Herausgeberfiktion (oder Protokollantenfiktion, wenn man so will). Das „Ich“ des obigen Texts ist, da es sich nicht um ein Vor- oder Nachwort der Serie handelt, also nicht identisch mit dem „Ich“ des Herausgebers oder gar des Autors dieser Serie. Ich, als Autor dieser Serie, gäbe es mich wirklich, kann also zu den so gesetzten Aussagen des obigen Ichs nichts sagen, wäre also der falsche Adressat. So vage, so gut.

Ich glaube aber, deine Frage rührt aber noch an einem ganz anderen Punkt, dem Aufbau der Serie nämlich (gäbe es einen), oder ihrem Konstruktionsprinzip, oder überhaupt: dem Sinn dieses scheinbar heterogenen Textes (der Serie). Ich glaube, diese in dieser Reihe aufgeführten kleinen Formen haben vielleicht so etwas wie ein gemeinsames Muster oder poetologisches Schema. Sie alle kreisen um eine alternative Grammatik des Realen, oder, ich bin mir noch nicht sicher, wie es zu nennen wäre, vergab aber einmal den Arbeitsuntertitel: sind Zufallstexte einer Grammatik des Anderen – ich favorisiere diesen Untertitel immer noch.

Die Träume sind also gar keine Träume, nicht im engsten Sinne, wie wir es vielleicht sofort zu verstehen meinen. Und die Frau des Serientitels ist gar nicht meine Frau, ja nicht einmal eine Frau, eher vielleicht eine Metapher für eine ganz andere Setzung.

Gerade sammle ich also ein paar Formeln und Überlegungen, die sich mit dem Serienganzen beschäftigen und werde sie hoffentlich bald an diesem Ort zur Diskussion stellen. Hoffe, dass diese Hinweise einstweilen reichen …

Dann, die Zettel, ich versuche sie zu entziffern und an unverständlichen Stellen einigermassen sinnvoll zu ergänzen … titele Zettel zwei:

Aus den Aufzeichnungen zur Leserfiktion in „Fred und die Bücherkiste“

der bär (= das ungeheuer)

ist einer fiktion entstiegen

einer lesenden fiktion die durch fiktion abgehalten wird, leser zu fressen

eine fiktion, die übrig bleibt und sich eine fiktionskiste nimmt

der der fiktion entstiegene bär

ist ist also ein leser 2. ordnung

„wir“ werden damit zu lesern 3. ordnung

der leser 1. ordnung (fred) wurde also nur geträumt?

der traum generiert also eine leserfiktion?

und die fiktion eines lesers (2.o.) ist realitätsbildend?

folgt: konsequenterweise verschwindet der leser (2.o.)

folgt die analogie (der übertragung oder verschiebung):

„wir“ (leser 3.o.) = ^ fiktion

zum titel „die träume meiner frau“

(1. verschiebung)

= ^

die fiktion meiner leser

behauptung: die träume oder fiktionalen stoffe sind offensichtlich fiktional, weil an der realität gemessen (sprache).  diese differenz will aber durch die herausgeberfiktion („meiner“) aufgehoben werden.

wesen der fiktion: es gibt eine autorschaft

wesen der realität: es gibt eine herausgeberschaft

(die leserinstanz 2.o., beglaubigt und erhält status der autorschaft)

Ich verstehe diese Bruchstücke nicht mehr. Wird hier ein Problem generiert, das gar keines ist? Oder scheitert hier nur eine Wortfassung eines Problems und damit das Problem?

Auf einem anderen Zettel eine Art Zitat oder Sinnspruch

die träume meiner frau müssen sein, wie ein guter roman. wir dürfen nie erahnen können, was uns im nächsten satz erwartet.

erst so sei sein Realitätsanspruch zu begründen, heisst es – wenn ich richtig lese – auf der Rückseite.

Auf einer weiteren Seite findet sich eine begonnene Liste. Ich gebe sie hier vollständig wieder:

1. die träume meiner frau sind nur behauptete träume

2. der traumbegriff ist ein anderer

3. der herausgeber der träume ist fiktiv und ist es nicht

4. der autor distanziert sich (förmlich) vom herausgeber

5. zur form: …

hier endet die Liste etwas abrupt. Sind etwa die Ideen ausgegangen? Oder war da Angst vor einer Festlegung? Ein paar weitere gerissene Seiten finden sich unter diesem Zettel. Aber die Sonne geht schon wieder unter, und es ist noch soviel Schlaf nachzuholen. Ich beschliesse die Transkription morgen fortzusetzen.

Quellen (2 und 3) zu einer Poetologie der Reihe Die Träume meiner Frau