Bei der gerechten Bewertung dieses Buchs hilft ein Faktum und eine Hypothese: Salvatore Lupo ist ein italienischer Soziologe (Faktum); sein Buch "Die Geschichte der Mafia" ist vmtl. eine wissenschaftliche Arbeit, evtl. seine Doktor- oder Habilitationsschrift, oder Auszuege davon (Hypothese). Dies zugrunde gelegt, erklaert dann vieles, 1) die Langeweile, 2) die Sprache, und 3) die Zielgruppe:
1) Das Buch basiert auf wissenschaftlicher und deshalb ungemein detaillierter Recherchearbeit. Es taucht tief in die sizilianische (und italienische) Innenpolitik und Wirtschaft, insbes. die Organisation der sizilianischen Landwirtschaft Ende des 19. Jahrhunderts ab, da sich offenbar hier die Wurzeln der Mafia finden lassen. Lupo weist an akribisch nachkonstruierten Einzelfaellen auf, wie das gesamte Geflecht an persoenlichen Beziehungen, wirtschaftlichen Noeten, Zwaengen und Abhaengigkeiten, im spezifischen Umfeld des sizilianischen Grossgrundbesitzes in Kombination mit parteipolitischer Einflussnahme, der Organisation der oeffentlichen Verwaltung als Resultat der Gruendung der italienischen Republik und uebergeordneten politischen und wirtschaftlichen Interessen einen Humus geschaffen hat, indem zunaechst organisierte Kleinkriminalitaet entstehen konnte, die sich dann staendig ausweitete. Vom Viehdiebstahl angefangen, Stehlen oder mutwilligem Vernichten von Ernten zwischen konkurrierenden Grossgrundbesitzern, bis hin zu einem ausgepraegten Patronagesystem mit Auftragsmorden zur wirtschaftlichen oder politischen Vorteilsnahme. Da muss man schon wirklich sehr an den letzen Details des Thema interessiert sein, um da noch mit Aufmerksamkeit dabeizubleiben; anders formuliert: wer an diesen Details nicht ausgesprochen interessiert ist, der wird sich beim Lesen sehr langweilen.
2) Das Buch ist so geschrieben, wie eben soziologische Abhandlungen geschrieben sind - staubtrocken, neutral und objektiv. Es geht nicht um das Erzeugen von Spannung oder Unterhaltung, es geht um das wissenschaftliche Aufbereiten von Fakten, und die Sprache ist demgemaess.
3) "Die Geschichte der Mafia" ist keinesfalls ein Buch fuer den 'herkoemmlichen' Mafia-Fan, sondern hoechstens fuer diejenigen unter uns, die sich fuer die tatsaechliche Entstehungsgeschichte der sizilianischen Mafia aus der Sicht der italienischen Soziologie interessieren. Lupo hat eine wissenschaftliche Arbeit verfasst und diese veroeffentlicht. Die Verleger hatten dann vmtl. irgendwann die glorreiche Idee, das dann als Mafiabuch auch fuer Laien in den Handel zu bringen. Wie immer wird dann reisserisch im Klappentext und der Werbung geschwafelt. Mit dem Buch an sich hat das aber nichts mehr zu tun.
Fazit: Ich kann den Unmut und die Enttaeuschung ueber das Buch sehr gut nachvollziehen, da es mir aehnlich gegangen ist. Ich glaube aber dennoch, dass dem Buch an sich unrecht getan wird. Das ist eine wissenschaftliche Arbeit, die besser in eine soziologische Bibliothek passt, als ins Amazon. Das Buch ist schlichtweg nichts fuer Laien wie uns, die mit einem gut geschriebenen, gruendlich recherchierten und inhaltlich fundierten Sachbuch schon zufrieden sind, jedoch keine wissenschaftliche Aufarbeitung benoetigen. Das Buch haette richtigerweise heissen sollen: "Die Organisation der sizilianischen Landwirtschaft zwischen 1860 und 1920 als beguenstigender Faktor fuer die Entstehung der sizilianischen Mafia. Eine sozio-oekonomische Abhandlung." Nur wer wuerde es dann kaufen?
Auch ich habe mich einerseits ueber sehr weite Strecken regelrecht durchgequaelt; andererseits habe ich einen ungemein umfassenden und detaillierten Einblick in die ganz fruehen Jahre der Entstehungsgeschichte der Mafia erhalten, so, wie ich es noch nie gelesen habe und auch nicht geahnt haette. Dieser Erkenntniszuwachs hatte allerdings einen sehr hohen Preis - ein quaelend langweiliges Lesevergnuegen. 4 Sterne dafuer.

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Die Geschichte der Mafia Gebundene Ausgabe – 1. Juni 2005
-
Seitenzahl der Print-Ausgabe360 Seiten
-
SpracheDeutsch
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HerausgeberPatmos
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Erscheinungstermin1. Juni 2005
-
ISBN-103491961521
-
ISBN-13978-3491961524
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Produktbeschreibungen
Der Verlag über das Buch
Eine umfassende Studie aus berufener Hand über das Phänomen Mafia.
Über den Autor und weitere Mitwirkende
Der Historiker Salvatore Lupo gilt als einer der herausragenden Kenner des Faschismus und der Mafia.
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Produktinformation
- Herausgeber : Patmos; 2., Aufl. Edition (1. Juni 2005)
- Sprache : Deutsch
- Gebundene Ausgabe : 360 Seiten
- ISBN-10 : 3491961521
- ISBN-13 : 978-3491961524
-
Amazon Bestseller-Rang:
Nr. 944,910 in Bücher (Siehe Top 100 in Bücher)
- Nr. 949 in Mafia & Organisiertes Verbrechen
- Nr. 14,295 in Geschichte Allgemein
- Nr. 148,517 in Film, Kunst & Kultur (Bücher)
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Kundenrezensionen
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Spitzenrezensionen
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Rezension aus Deutschland vom 22. April 2008
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14 Personen fanden diese Informationen hilfreich
Nützlich
Rezension aus Deutschland vom 17. August 2008
Vorweg muss ich mich den vorangehenden Rezensenten anschließen: Das Buch lässt sich schwer lesen und erfordert die volle Konzentration. Es handelt sich anscheinend um eine Dissertation oder Habilitation, daher auch der extrem anspruchsvolle und beizeiten etwas dröge Stil.
ABER: Wenn sich jemand wirklich ernsthaft und objektiv mit dem Thema Mafia auseinandersetzen möchte, so muss er zuerst dieses Buch lesen - und verstehen.
Für alle die, die nur einen kurzweiligen Zeitvertreib und die Spannung vor dem Schlafengehen suchen, ist dieses Buch sicherlich verkehrt. Leider wird diese Art von Leser ohne das Buch von Lupo auch nur niemals ansatzweise das Thema Mafia verstehen.
Lupo legt in seinem Werk fundamentale Grundlagen und zeichnet akribisch ein höchst detailliertes und exaktes Bild der Geschichte der Mafia.
Er verlässt dabei die ausgetretenen Pfade der Effekthascherei und konzentriert sich auf eine nüchterne, schonungslose Skizzierung der Mafia. Zugegeben, die soziologischen Einteilungen erleichtern das Lesen nicht, zeigen jedoch sehr gut auf, wie sich die Mafia in ihrer Struktur in den letzten ca. 140-150 Jahren immer den aktuellen politischen Gegebenheiten angepasst hat.
Lupos Kritik an Hess und dem Werk von Arlacchi(Mafia imprenditrice)ist nur zu gut nachvollziehbar und absoltut berechtigt (Arlacchi selbst kritisiert in seinem Buch "Mafia von Innen" seine eigene Arbeit aus den 80ern).
Fazit: Wer lieber reißerische und blutrünstige Geschichten von der alles verzehrenden und tötenden Mafia liest, der ist bei Lupo nicht gut bedient.
Wer sich jedoch intensiv, konstruktiv, fundiert und nüchtern mit dem Thema Mafia auseinander setzen will, für den ist "Die Geschichte der Mafia" von Salvatore Lupo ein absolutes Muss!
Oder haben Sie schon mal versucht ein Haus ohne Fundament zu bauen?
ABER: Wenn sich jemand wirklich ernsthaft und objektiv mit dem Thema Mafia auseinandersetzen möchte, so muss er zuerst dieses Buch lesen - und verstehen.
Für alle die, die nur einen kurzweiligen Zeitvertreib und die Spannung vor dem Schlafengehen suchen, ist dieses Buch sicherlich verkehrt. Leider wird diese Art von Leser ohne das Buch von Lupo auch nur niemals ansatzweise das Thema Mafia verstehen.
Lupo legt in seinem Werk fundamentale Grundlagen und zeichnet akribisch ein höchst detailliertes und exaktes Bild der Geschichte der Mafia.
Er verlässt dabei die ausgetretenen Pfade der Effekthascherei und konzentriert sich auf eine nüchterne, schonungslose Skizzierung der Mafia. Zugegeben, die soziologischen Einteilungen erleichtern das Lesen nicht, zeigen jedoch sehr gut auf, wie sich die Mafia in ihrer Struktur in den letzten ca. 140-150 Jahren immer den aktuellen politischen Gegebenheiten angepasst hat.
Lupos Kritik an Hess und dem Werk von Arlacchi(Mafia imprenditrice)ist nur zu gut nachvollziehbar und absoltut berechtigt (Arlacchi selbst kritisiert in seinem Buch "Mafia von Innen" seine eigene Arbeit aus den 80ern).
Fazit: Wer lieber reißerische und blutrünstige Geschichten von der alles verzehrenden und tötenden Mafia liest, der ist bei Lupo nicht gut bedient.
Wer sich jedoch intensiv, konstruktiv, fundiert und nüchtern mit dem Thema Mafia auseinander setzen will, für den ist "Die Geschichte der Mafia" von Salvatore Lupo ein absolutes Muss!
Oder haben Sie schon mal versucht ein Haus ohne Fundament zu bauen?
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Rezension aus Deutschland vom 29. Oktober 2009
Es ist mit Bestimmheit ein tolles Buch, aber sicherlich eher für Studenten der italienischen Geschichte.
Schon mal was von der nachrisorgimentalen Zeit gehört? Ich bis dahin auch nicht, aber nun weiß ich, dass sich beim Risorgimento um eine Bauernbewegung in Sizilien der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts handelt und in der Zeit unmittelbar danach entstand im Westen Siziliens die Cosa Nostra.
Für dieses Buch empfehle ich unbedingt ein Fremdwörterbuch als Beilage oder sogar das Lesen am laufenden Computer und einer geöffneten Suchmaschine...es ist einfach inhaltlich und vom Termini her zu wissenschaftlich.
Ich habe nach ca. 150 Seiten kapituliert und lese nun "Cosa Nostra" von John Dickie. Dieses Buch ist eher für den Abiturienten, der vielleicht Geschichte als Prüfungsfach wählt, aber nicht vor hat, sich innig mit den Details der sizilanischen Bauerngeschichte seit ca. 1830 zu beschäftigen, gedacht.
"Cosa Nostra" könnte man als eine Abstraktion (auf das Wissenschaftliche bezogen) von "Die Geschichte der Mafia" bezeichnen, obwohl "Cosa Nostra" um einige Seiten mehr verfügt. "Cosa Nostra" ist einfach bespielhafter und mit deutlich mehr Handlung bestückt.
Wer die c't und die Computer-Bild kennt und auch den Unterschied in diesem Zusammenhang als Vergleich erkennt, der weiß, was ich hier sagen will. Das ist jedoch nicht auf evt. inhaltlich Schlechtes oder Unzureichendes in der Computer-Bild bezogen.
Wer einmal Departed und vielleicht noch Goodfellas gesehen hat und nun partial meint, er müsse etwas über die Mafia lesen, für den sind beide Bücher nichts. Wie auch für meine Oma c't und Computer-Bild nichts sind, weil sie einmal gehört hat, dass es im Internet eine Seite über den Musikantenstadl gibt.
Schon mal was von der nachrisorgimentalen Zeit gehört? Ich bis dahin auch nicht, aber nun weiß ich, dass sich beim Risorgimento um eine Bauernbewegung in Sizilien der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts handelt und in der Zeit unmittelbar danach entstand im Westen Siziliens die Cosa Nostra.
Für dieses Buch empfehle ich unbedingt ein Fremdwörterbuch als Beilage oder sogar das Lesen am laufenden Computer und einer geöffneten Suchmaschine...es ist einfach inhaltlich und vom Termini her zu wissenschaftlich.
Ich habe nach ca. 150 Seiten kapituliert und lese nun "Cosa Nostra" von John Dickie. Dieses Buch ist eher für den Abiturienten, der vielleicht Geschichte als Prüfungsfach wählt, aber nicht vor hat, sich innig mit den Details der sizilanischen Bauerngeschichte seit ca. 1830 zu beschäftigen, gedacht.
"Cosa Nostra" könnte man als eine Abstraktion (auf das Wissenschaftliche bezogen) von "Die Geschichte der Mafia" bezeichnen, obwohl "Cosa Nostra" um einige Seiten mehr verfügt. "Cosa Nostra" ist einfach bespielhafter und mit deutlich mehr Handlung bestückt.
Wer die c't und die Computer-Bild kennt und auch den Unterschied in diesem Zusammenhang als Vergleich erkennt, der weiß, was ich hier sagen will. Das ist jedoch nicht auf evt. inhaltlich Schlechtes oder Unzureichendes in der Computer-Bild bezogen.
Wer einmal Departed und vielleicht noch Goodfellas gesehen hat und nun partial meint, er müsse etwas über die Mafia lesen, für den sind beide Bücher nichts. Wie auch für meine Oma c't und Computer-Bild nichts sind, weil sie einmal gehört hat, dass es im Internet eine Seite über den Musikantenstadl gibt.
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