Kleinigkeiten

Samstag, 12. Dezember 2020

Einige kurze Notizen zu neueren Meldungen:

  • In der Schriftenreihe ›Spuren‹ ist ein Heft zu Arno Schmidt erschienen: Georg Patzer, ›Arno Schmidt und Ulm‹. Eine lobende Erwähnung findet sich in der SZ.
  • Georg Patzer hat für das Online-Magazin ›Titel‹ den Reprint von ›Zwischen den Kriegen‹ und das neue Marbacher Magazin zu Peter Rühmkorf rezensiert, das anlässlich der ›»Laß leuchten!«‹-Ausstellung erschienen ist. Naturgemäß wird hier auch Arno Schmidt erwähnt.
  • Ein Facebook-Posting der Arno Schmidt Stiftung verrät etwas über kommende Publikationen: Derzeit wird »ein kleines Buch über den Zettelkasten zur Julia. Mit vielen Abbildungen« vorbereitet, das »voraussichtlich im Herbst 2021« erscheinen wird. (Nein, Facebook wird hier nicht verlinkt.)
  • In Michael Maars Buch ›Die Schlange im Wolfspelz. Das Geheimnis großer Literatur‹ (Rowohlt, 2020) wird Schmidt mehrfach erwähnt, es findet sich auch ein 5-seitiger Abschnitt zu ihm: ›Ein Phall für sich‹. (Ich muss ja zugeben, dass mich derartige Wortspiele im Titel eher abschrecken.)
  • In der ›Zeit‹ empfehlen Oskar Piegsa und Christoph Twickel »Platten und Bücher aus Hamburg, die auf den Gabentisch gehören«. Mit dabei als Geschenk Für Unbezwingbare: das ›Zettel’s Traum‹-Lesebuch.

›Zettel’s Traum. Ein Lesebuch‹

Dienstag, 24. November 2020

Schon seit rund vier Wochen ist ›Zettel’s Traum. Ein Lesebuch‹ auf dem Markt. Da wird es aber hohe Zeit, der Chronistenpflicht zu gehorchen und, wenn ich schon derzeit nicht dazu komme, das Buch ausführlicher vorzustellen, zumindest sein Erscheinen zu vermelden und auf die ersten Reaktionen zu verweisen.

Bereits am 6. November meldete sich Marius Fränzel in seinem Blog zu Wort und resümmierte:

[Das Lesebuch] liefert einen lesbaren, witzigen und durchaus gelungenen späten Roman Arno Schmidts. Aber es ist zugleich auch ein großer Schritt hin zu dem Eingeständnis, dass ›Zettel’s Traum‹ ein missglücktes Buch ist, eines, in dem der nun gehobene Roman untergegangen ist, der nur unter Opferung alles übrigen gerettet werden kann.

Am 20. November lobte Tilman Spreckelsen in der FAZ (›Das klirrende Gelächter der vierten Instanz‹) die »souveräne Auswahl des Herausgebers Bernd Rauschenbach«:

Am Ende seufzt Wilma: »der ganze Tag kommt Ma vor, wie’n wüster Alp –: Ch hab zu=viel gelebt heute.« Dass man das als Leser ganz anders sieht, dass man ein dringendes Verlangen nach einer wiederholten, ausschweifenden Lektüre von ›Zettel’s Traum‹ entwickelt, ist dieser Handreichung zu verdanken.

Die FAZ nimmt das Lesebuch auch gleich zum Anlass für eine etwas bemühte Hommage und kalauert sich durch die Titel Schmidt’scher Werke. Andere Beiträge der Literaturbeilage sind etwa mit ›Dasein mit Goldrand‹, ›Musikergespräche im Pandämonium‹, ›Mühe in Halbtrauer‹ und so weiter überschrieben – you get the idea …

Auch ›Lesart‹, das »unabhängige Journal für Literatur«, bespricht in der aktuellen Ausgabe 4/2020 auf S. 63 das Lesebuch positiv (›Schmidt lesen? Auf jeden Fall!‹). Hier zieht Matthias Schümann das Fazit:

Hat man sich erst mal »eingefuchst« mit dem orthografischen Sonderweg Schmidts, dann geht die Lektüre zusehends flotter vonstatten. Und macht Lust auf das komplette Werk.

›Lesart‹ nutzt ebenfalls die Gelegenheit zu einem kleinen Arno-Schmidt-Schwerpunkt. Auf S. 64 f. stellt Susanne Fischer ›Zettel’s Traum‹ vor (›Ein Monument für Poe und Pagenstecher. Was für ein Buch: 50 Jahre Arno Schmidts Typoskript-Roman ›Zettel’s Traum‹‹), im Anschluss folgt auf S. 66 f. eine Rezension zum neu aufgelegten Band IV von Theweleits Pocahontas-Studie (Stephan Lesker, ›‹Arno Schmidt und die Häuptlingstochter‹).

Und ich selbst? Nun, vielleich werde ich da mal ausführlicher und grundsätzlicher. Bis dahin mag es genügen, dass ich derzeit mit großem Vergnügen im Lesebuch lese und doch ein ums andere Mal laut auflachen muss. Je länger meiner Lektüre zurücklag, desto stärker und störender scheint meine Erinnerung daran unter den schieren Massen des Etymgerölls begraben worden zu sein – bis ich anscheinend völlig vergessen hatte, was für ein komischer, trauriger, herzbeengender, großer Roman ›Zettel’s Traum‹ ist. Oder vielleicht genauer: Hätte sein können.

Bargfelder Bote, Lfg. 455–456

Freitag, 20. November 2020

Die Lieferung 455–456 des ›Bargfelder Boten‹ ist erschienen. – Inhalt:

  • Günther Flemming, ›Zwei Miszellen‹ (›Con-Clave‹, ›Lektüre für Zuschauer‹)
  • Jochen Hengst, ›»Abend mit Goldrand« ausgelesen?‹ (Rez. zu Günter Jürgensmeier, ›»und noch was Andres«‹)
  • Alexis Eideneier, ›Das triste Jahrbuch als bunter Jahrmarkt‹ (Rez. zu Armin Eidherr (Hg.), ›GASL-Jahrbuch 2017/2018‹)
  • Gehört, gelesen, zitiert
  • In letzter Zeit ist erschienen und zu unserer Kenntnis gelangt

Rezensionen zum Briefwechsel Schmidt / Wollschläger [14. Update]

Freitag, 30. Oktober 2020

Update: 30.10.2020

Stand: 25.4.2020

Errata der ›Bargfelder Ausgabe‹

Dienstag, 27. Oktober 2020

Die Website der Arno Schmidt Stiftung hat einen neuen Menüpunkt: Errata. Hier finden sich aktuell die Erratazettel zum Supplementband 2 (›Lesungen, Interviews, Umfragen‹) und zum Band 1 der ›Bargfelder Ausgabe‹ (der jüngst fehlerbereinigt neu aufgelegt wurde).

Lektüreseminar ›Schwarze Spiegel‹

Dienstag, 20. Oktober 2020

Vom 30. April bis 2. Mai 2021 veranstaltet die Arno Schmidt Stiftung ein weiteres Lektüreseminar im Nordkolleg Rendsburg. Diesmal geht es um ›Schwarze Spiegel‹. – Ankündigungstext:

»Lichter? (ich hob mich auf den Pedalen) – : – Nirgends. (Also wie immer seit den fünf Jahren).«

So beginnt der Endzeittext »Schwarze Spiegel« (1951) – der letzte Überlebende nach dem Atomkrieg streift durch Norddeutschland. In diesem frühen Roman Arno Schmidts wird die menschenleere Welt nicht als Schreckensszenario beschrieben, vielmehr erklärt der Erzähler, es sei »doch richtig so«.

Der Text wird in gemeinsamer Lektüre erarbeitet. Dabei wird es um die Mikrostruktur des Textes ebenso gehen wie um die Gesamtkonzeption. Weitere Themen sind die Haltung des Erzählers, Utopie und Dystopie und die Verortung des Romans in Schmidts Gesamtwerk.

Anmeldungen sind auf der Webseite des Nordkollegs möglich.

›Nobodaddy’s Kinder‹ als Hörspiel zum Download

Sonntag, 18. Oktober 2020

1997/1998 richtete Klaus Buhlert Schmidts die Trilogie ›Nobodaddy’s Kinder‹ – also ›Aus dem Leben eines Fauns‹, ›Brand’s Haide‹ und ›Schwarze Spiegel‹ – für den Bayerischen Rundfunk als rund eineinhalbstündige Hörspiele ein.

Diese Hörspiele werden von den verschiedenen Rundfunksendern gelegentlich wiederholt – aktuell brachte etwa der Deutschlandfunk ›Schwarze Spiegel‹ –, aber nicht immer auch als Podcast bzw. zum Download bereitgestellt.

In der ASml wies Wolfgang Behrens nun dankenswerterweise darauf hin, dass alle drei Produktionen beim Bayerischen Rundfunk geladen werden können, nämlich hier: Nobodaddy’s Kinder.

Neuauflage von BA I, 1

Samstag, 3. Oktober 2020

Die Arno Schmidt Stiftung notiert in ihrem Blog am 1. Oktober:

Die Bargfelder Ausgabe der Werke Arno Schmidt sollte stets lieferbar sein, deswegen gibt es jetzt eine korrigierte Neuauflage von Band 1!

Eine Liste mit den (vermutlich) vorgenommenen Korrekturen findet sich in Sup I, S. 405–407.

Das Brockengespenst

Samstag, 3. Oktober 2020

Am 1./2. Januar 1963 besuchte Hans Wollschläger Arno Schmidt in Bargfeld. Zu diesem Besuch legte Schmidt ein Protokoll an, in dem er sich die Neuigkeiten zu Karl May notierte, die er von Wollschläger erfahren hatte. Unter Punkt 12 heißt es da:

Eine frühe Bekanntschaft aus den Jahren 1884 ein tauber Ingenieur namens Nehse: dessen Name erscheint im GEIST; denn er war der Sohn jenes ›Brockenwirtes‹, der das ›Brockengespenst‹ erklärt hat! Die Beiden unterhielten sich mit Hülfe eines sogen. ›Konversationsbuches‹ und das ist samt zahlreichen interessanten Marginalien erhalten. Hier schon die Bildung OS=KBN und ihrer Taten & Vielsprachigkeit zu verfolgen. (Das ›brockengespenst‹ sah übrigens SILBERSCHLAG 1780 zum erstenmale; d.h. beschrieb es.)
Briefe IV, S. 932

Wollschlägers Information hinterließ prompt Spuren in Schmidts Werk. Im März 1963 schrieb er ›Die Abenteuer in der Sylvesternacht‹. Darin heißt es:

Was iss=iss für Schnee?: stammt er aus tiefer Luft, vom Dümmer her? Kommt er vom Harz, wo das Gespenst brockt, nehst & silberschlackt?

Das »Brockengespenst« ist ein optisches Phänomen, das erstmals von Johann Esaias Silberschlag (dessen ›Geogonie‹ in ›Kaff‹ eine große Rolle spielt) beschrieben wurde. May erwähnt das Brockengespenst und Nehse in ›Der Geist des Llano estakata‹ (1888):

Er setzte sich zu Fred. Dieser meinte lächelnd:

»So groß braucht dein Entsetzen nicht zu sein. Die Erscheinung, welche wir hatten, läßt sich vielleicht auf ganz natürlichem Wege erklären. Denke doch nur an das Brockengespenst, dessen Entstehung der Brockenwirt Nehse so überzeugend nachgewiesen hat!«

»Nehse? Den kenne ich ooch. Sein Sohn is een berühmter Civilingenieur und wohnt in Blasewitz. Er hatte die Ehre, mich off eener Landpartie nach Moritzburg zu treffen und mir grad über das Brockengeschpenst seinen achtungsvollsten Vortrag zu halten. Das is eene harzreiche Lufterscheinung, halb Ozon und halb Sauerschtoff, die sich in der Atmosphäre niederschlägt und dann vom Nebel in glühende Hagelkörner offgelöst wird. […]

KMW, III, 1, S. 540

Bargfelder Bote, Lfg. 453–454

Freitag, 4. September 2020

Die Lieferung 453–454 des ›Bargfelder Boten‹ ist erschienen. – Inhalt:

  • Stephan Kraft, ›»Gipp ammall BILD.« Zur Initialzündung der Doppelhandlung in Arno Schmidts »Kaff auch Mare Crisium«‹
  • Rudi Schweikert, ›Rhythmisches Zitieren, Anspielungsverzahnungen – und mehr »Inferno« als »Faust«. Zu Arno Schmidts Radler-Geschichte »Nebenmond und rosa Augen«‹
  • Kai U. Jürgens, ›Befreites Schreiben im Spätwerk‹ (Rez. zu Günther Flemming, ›Orpheus‹)
  • In letzter Zeit ist erschienen und zu unserer Kenntnis gelangt