Der demografische Wandel zwingt die Automobilhersteller, bei der Nachwuchsförderung verstärkt auf Frauen zu setzen. Doch noch gibt es zu wenig Frauen in Ingenieursstudiengängen. Audi-Chef Rupert Stadler über zusätzliche Programme und den Anteil an weiblichen Beschäftigten in dem Ingolstädter Unternehmen.
Montag, 23. August 2010, 00.03 Uhr
Herr Stadler, inwieweit zwingen Sie die Folgen des demografischen Wandels, in Zukunft verstärkt Frauen zu rekrutieren?
Wir setzen schon seit vielen Jahren auf Frauen. Der Anteil qualifizierter Frauen in technischen und naturwissenschaftlichen Berufen wächst stetig. Das führt dazu, dass wir immer häufiger Mitarbeiterinnen auch in diesen Unternehmensbereichen einstellen. Dennoch liegt der Durchschnitt Technisch-Interessierter und entsprechend ausgebildeter Frauen deutlich unter dem der Männer. Daher bieten wir eine Vielzahl von Programmen an, um frühzeitig Kontakt zu Mädchen aufzubauen und den weiblichen Nachwuchs nachhaltig zu fördern.
Wie hoch ist der Frauenanteil in Ihrem Unternehmen?
Aktuell beträgt der Frauenanteil in unserem Unternehmen rund 13 Prozent.
Und wie hoch ist der Frauenanteil in Führungspositionen bei Audi?
Der Frauenanteil auf Managementebene beträgt sieben Prozent. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren lag der Anteil der Frauen bei nur 2,2 Prozent. Daran lässt sich eine klare Richtung erkennen: Der Anteil unserer Mitarbeiterinnen steigt stetig – und das über alle Unternehmensbereiche hinweg. Betrachten wir alleine den Personalbereich der Audi AG: Hier liegt der Frauenanteil bei 50,1 Prozent, davon arbeiten 21,6 Prozent im Management. Unser Standort in Brüssel wird von einer Geschäftsführerin für Personal mitgeleitet. Ein ähnlich ausgewogenes Verhältnis in den übrigen Geschäftsbreichen zu erreichen, ist natürlich wünschenswert. Hier sind wir auf einem guten Weg: Allein auf der Managementebene im Geschäftbereich Vertrieb beträgt der Frauenanteil heute bereits 13,6 Prozent.
Mit welchen Projekten fördern Sie den weiblichen Nachwuchs?
Wir stellen grundsätzlich fest, dass nur relativ wenige Frauen eine qualifizierte Ausbildung im technischen oder naturwissenschaftlichen Bereich haben oder anstreben. Wir sind sehr daran interessiert, Mädchen und jungen Frauen schon vor der Ausbildungs- oder Studienfachwahl für technische und naturwissenschaftliche Berufe zu begeistern – mit Programmen, konkret auf den weiblichen Nachwuchs zugeschnitten: Mentoring-Seminare durch Audi-Mitarbeiterinnen für Studentinnen, Mentoringprogramme innerhalb des VW-Konzerns, nationale und internationale Hochschulkooperationen. Darüber hinaus bieten wir Praktika für weibliche und männliche Schüler und Studenten, den Girls Day, das Mädchen-für-Technik-Camp, um nur einige zu nennen. Ziel dieser Initiativen ist es, den jungen Frauen ihre konkreten Perspektiven und Entwicklungsmöglichkeiten in unserem Unternehmen aufzuzeigen und sie für unsere Branche zu sensibilisieren.
Mit welchen Maßnahmen versuchen Sie, mehr Führungspositionen mit Managerinnen zu besetzen?
Bei Stellenbesetzungen spielen Qualifikation, Berufserfahrung und die Persönlichkeit der Bewerberin eine Rolle. Innerhalb des Unternehmens legen wir wert darauf, die einzelnen Managementebenen für das Thema Frauenanteil und Frauenförderung zu sensibilisieren. Hier finden beispielsweise Diskussionen zum Thema Frauen in Führungspositionen statt. Ebenfalls berichten wir regelmäßig über die Frauenanteile in den unterschiedlichen Managementebenen, insbesondere bei Berufungsrunden. Und natürlich spielt der Frauenanteil auf Managementebene auch bei Nachfolgeplanungen in den einzelnen Geschäftsbereichen eine große Rolle. Wir haben ein gutes Nachwuchspotenzial unter unseren Mitarbeiterinnen, das wir aktiv fördern.
Haben Sie ein internes Ziel, bis wann Sie den Frauenanteil auf einen bestimmten Prozentsatz erhöhen wollen?
Wir wollen den Frauenanteil auf allen Ebenen erhöhen. Das ist Teil unseres strategischen Ziels attraktivster Arbeitgeber in der Automobilindustrie zu werden. Wir setzen auf eine frühzeitige und damit nachhaltige Förderung junger Frauen und Mädchen. Mit dieser Entwicklung an der Basis erhöht sich der Frauenanteil in der Folge automatisch. Aktuell ist jeder vierte Auszubildende bei Audi weiblich.
Was halten Sie von einer Frauenquote, wie sie beispielsweise die Telekom eingeführt hat?
Eine Frauenquote bei Audi planen wir nicht. Stattdessen legen wir gezielt Schwerpunkte in unserer Personalpolitik: Zum einen durch die frühzeitige und damit nachhaltige Förderung von Frauen – ob während der Schulzeit, der Ausbildung oder dem Studium: Wir zeigen den jungen Frauen ihre Möglichkeiten und Entwicklungschancen in unserem Unternehmen auf. Zum anderen legen wir in unserer Personalpolitik besonderen Wert auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Das gilt bei Audi für Frauen und Männer gleichermaßen. Wir unterstützen Mütter und Väter durch Qualifikationsprogramme während der Elternzeit ("Job & Child“), durch die Bereitstellung von Kinderkrippen- und Kindergartenplätzen, durch flexible Arbeitszeitmodelle, durch die Möglichkeit eines Sabbaticals oder auch durch die Wiedereinstellungszusage über einen Zeitraum von bis zu vier Jahren über die gesetzliche Elternzeit hinaus beziehungsweise. die Audi Pflegezeit.
Kooperieren Sie mit Partnern, um die Frauenförderung voranzubringen?
Innerhalb des VW-Konzerns besteht eine Kooperation zu diesem Thema. Zudem ist Audi Mitglied beim EWMD e.V. (European Women`s Management Developement Network e.V.) sowie Mitglied beim Lokalen Bündnis für Familien, um auf lokaler Ebene die familienorientierte Personalpolitik mitzugestalten.
Welche Faktoren kennzeichnen Ihr Unternehmen als besonders frauenfreundlich?
Wir bieten interessante Arbeitsplätze und -inhalte und damit verbunden gute Entwicklungsmöglichkeiten inklusive Auslandseinsätzen. Individuelle Erfahrungen und Qualifikationen finden Berücksichtigung. Das gilt für Frauen gleichermaßen wie für Männer. Um die Work-Life-Balance unserer Mitarbeiter sicherzustellen, arbeiten wir mit flexiblen Arbeitszeitmodellen. Zudem haben unsere Beschäftigten die Möglichkeit zur Telearbeit oder zum Sabbatical. Wir unterstützen Mütter und Väter durch die Bereitstellung von Kinderkrippen- und Kindergartenplätzen. Auch eine Pflegezeit für pflegebedürftige Angehörige findet Berücksichtigung.
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