Norbert Scheuer: This maschine kills (Donovan)


“As a pilgrim I did go / To the and that I did know / To Shores of Triste la Quelle /
To see if I felt / The same….. / But the seagulls they have gone”

Sommer 1967, ich habe nachgelesen, was in diesem Jahr geschah…bei Demonstration gegen den Besuch des Schahs wurde Benno Ohnesorg erschossen - Studenten wollten in Kommunen die bürgerlichen Beziehungen zwischen den Geschlechtern und zu den Kindern aufheben. Zum ersten Mal wird im TV „Der goldene Schuß" in Farbe gesendet. Aber wir hatten damals noch keinen Farbfernseher zu Hause, wenigsten daran kann ich mich noch erinnern – auch ohne Internet. 1967 war ich sechzehn Jahre alt und machte eine Ausbildung zum Starkstromelektriker im Zementwerk in der Nähe des kleinen Dorfes, wo meine Eltern eine Gastwirtschaft gepachtet hatten. An einem Sommerabend nach der Arbeit, lief ich zu meinen Freunden. Meist hockten sie auf dem Garagendach der alten Dorfschule. Die alte Dorfschule war Maukes Elternhaus, das sie von der Gemeinde nach dem Krieg gekauft und zu einem Wohnhaus umgebaut hatten. Von Maukes Zimmer konnte man bequem durch das Fenster auf`s Garagedach klettern. Mauke und Hermes saßen bereits dort, als ich zu ihnen kam spielte auf Maukes Phillips Tonbandgerät „Summerday Reflexion Song“, ein Lied dessen Text ich nie verstanden habe und auch nicht mehr verstehen will. Summerday Reflexion Song ist von Donovans erster Langspielplatte „Fairy Tale“. Auf dieser Platte sind Lieder, die er gesungen hat, als er noch kein Popstar war. Wenn ich mich an Donovan erinnere, dann meine ich den, der Zeilen geschrieben hat wie:

“Cats smiling in the sun / Eyes take heed the colurs call / Sunlight pattern touch the wall
Red´ kerchiefs sail an fall / Cat´s smilling in to me”

Ich weiß noch, dass Hermes sagte, er würde dieses Lied nicht verstehen. Mauke und ich verstanden ohnehin nichts, denn Hermes war der einzige von uns der gut genug Englisch konnte und etwas Gitarre spielte. Er besuchte damals das Schleidener Gymnasium. Hermes war am Nachmittag mit diesen Liedern zu seinem Vetter Mauke gekommen und hatte sie ihm voller Stolz vorgespielt. Während ich auf das Flachdach kletterte, sagte Mauke, dass ich aufpassen solle wegen der Teerpappe, die von der Sonne fast geschmolzen war. Irgendwie habe ich damals das Gefühl gehabt, dass es ihnen nicht recht war, dass ich dort auftauchte.
Heute sehe ich mich auf Zehenspitzen über die geschmolzene Dachpappe tippeln, bis zum Rand des Daches, wo ich den Ast des Birnbaumes heranziehe, Birnen pflücke, dann zurück, mit dem Rücken an die Bruchsteinmauer gelehnt neben den Freunden sitzend, Birnen esse, die verholzt sind aber honigsüß schmecken, höre wie Donovan singt:

“My candy man is been and gone /….I got a peppermint stick / I got a little brass band….And I m a goin down to the gates, go on, candy man stand.”

Vom Garagendach sieht man weit ins Land, über Felder und Industriegebiete, so weit bis sich der Blick sich am Stadtrand von Köln im Flimmern verliert.

Hermes war der einzige von uns Dreien, der musikalisch war. Ich kannte nur Lieder, die in der Musikbox unserer Gaststätte dudelten, das besoffene Gegröle der Männer an der Theke. Das, was mich damals interessierte, waren Fußball und Mädchen, besonders die schöne ältere Schwester von Hermes. Bei der hatte keine Chancen, da ich ein ungebildeter zugezogener Trottel aus einem Dorf in der Südeifel war, in dem die Leute noch Misthaufen vor den Häusern hatten. Ich dachte an sie, als Donovan “Catch the Wind“ sang:

“In the cilly hours an minutes of uncertainty / i want to be / in the warm hold of your lovin mind”

Während wir auf der Garage saßen, schleppte Maukes Vater unten im Hof Gasflaschen zu einem VW-Bus. Er hatte in jeder Hand eine Flasche, hievte sie in den Wagen, ging wieder zur Garage zurück, in der er seine Werkstatt hatte. Ich schätze, er war damals ungefähr so alt, wie wir heute sind oder eher noch ein paar Jahre jünger, ein großer fast glatzköpfiger, korpulenter Mann. Er hatte noch acht weitere Brüder, die alle im Dorf wohnten, fast alle von denen sind mittlerweile gestorben, auch Maukes Vater. Keiner der Brüder war so verschlossen und schweigsam wie Maukes Vater, er hat nie auch nur ein einziges Wort mit mir geredet, manchmal redete er auch mit Mauke wochenlang nicht. Wir mussten uns ruhig verhalten, weil Mauke befürchtete mit ihm die Gasflaschen ausliefern zu müssen. Während am Abend auf dem Dach saßen, die Lieder von Donovan wieder und wieder hörten, knatterten Autos die steile Straße von Kall herauf, ins Dorf hinein, über den Dorfplatz, an der Kirche vorbei wieder hinaus zur Landstraße. Es war dunkel geworden, in der Ebene sah man Lichter der umliegenden Dörfer und Scheinwerferlichter von Autos, die über die Schnellstraße fuhren. Wir kletterten vom Dach und stromerten die ganze Nacht herum, ohne ein Ziel zu haben. Von diesem Abend an, waren die Donovans Lieder eigentlich immer dabei.

Ich denke jetzt darüber nach wie ich Donovans Lieder damals empfunden habe. Ich glaube ich habe gar keine Musik gehört, es war eher so, als würde er mir zuflüstern, dass sich in allem Geheimnisse befinden. Die ersten Textzeilen, das was Hermes uns übersetzte, hörte sich an wie Gedichtzeilen, wobei ich damals gar nicht wusste, was ein Gedicht ist. Vielleicht ist Donovan für mich deswegen so wichtig, weil ich durch seine Lieder lernte, wie magisch Sprache sein kann, sie eigentlich nichts anderes als Melodie ist.

Mit Hermes treffe ich mich gelegentlich, er ist Musiker geworden, schreibt Lieder. Manchmal bitte ich ihn, mir Lieder vorzuspielen, wie früher, wenn wir nachts im Winter in einem Schuppen um einen qualmenden Ofen herum hockten. Mauke, sehe ich nur noch selten, obwohl er nicht weit entfernt wohnt. Er lebt zurückgezogen, ihm scheint die Zeit von damals egal zu sein, lächelt wohl über unseren Philipp Leitch Fimmel von damals, über uns und jenen Sänger aus Schottland, der sich Donovan nannte, auf dessen Akustikgitarre stand: "Diese Maschine tötet.", der Protestlieder gegen den Vietnamkrieg und Rüstungswahn schrieb. Und auch Lieder, in denen er mit leise vibrierendem Tremolo kunstvolle Geschichten und Märchen erzählte von Katzen, die sich in der Nachmittagssonne aalen oder von der Liebe, die in einem kleinen Stück farbigen Glases schimmert.

“In the tiny piece of colloured class / My love was born / And reeds an gold and yellow
Where the colours in the dawn”

Donovan hat damals gesungen, was wir dachten und fühlten, wir hatten damals keine Worte und keine Melodien dafür. Wir sind mit diesen Liedern erwachsen geworden. Donovan, der nur wenige Jahre älter war, hatte aber bereits gewusst, wie es dann weitergehen würde: „And how´s going be the one / Just to say it was no good what we done.”




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Mit Texten von Horst Fascher, Lisa Fitz, Chuck Hermann, Jürgen Herrmann, Chris Howland, Klaus Kreuzeder, Gabriele Krone-Schmalz, Uschi Nerke, Abi Ofarim, Brian Parrish, Helmut Schmidt, Manfred Sexauer, Tony Sheridan, Pete York uvm.
Fotos von Bubi Heilemann, Werner Kohn, Ulrich Handl, Rainer Schwanke, Frank Seltier, Günter Zint u.a.