Neue Wörter werden geboren, andere müssen sterben. So ist das eben. Doch während etwa in England die lexikalische Tradition den Wortleichen mit fortwährendem Abdruck etwa im
Oxford English Dictionary wenigstens ein ehrendes Andenken bewahrt, fallen sie in deutschen Wörterbuchredaktionen nach längerem Nichtgebrauch irgendwann durch den Rost, womit ihnen schlimmeres als der Tod, nämlich das Vergessen droht. Und manche Bezeichnung schafft es in ihrem kurzen Leben gar niemals in eines der gängigen Nachschlagewerke. Häufig hätten sie dies tatsächlich auch wirklich nicht verdient. Manchmal aber eben schon. Auch solchen Wörtern möchte Bodo Mrozek mit seinem vergnüglichen
Lexikon der bedrohten Wörter einen Schutzraum bieten. Der "Übelkrähe" etwa, von der wir erfahren, dass sie eine der zahlreichen Schöpfungen des ebenso schlagfertigen wie wortgewaltigen Herbert Wehner war, der den CDU-Abgeordneten Wohlrabe einmal als eine solche bezeichnet hat.
Ausgewählt wurden ausschließlich Wörter, die, wie Bodo Mrozek in seinem Vor-Wort schreibt, "keine Relevanz mehr haben oder voraussichtlich bald keine mehr haben werden". Und so bringt uns der unterhaltsam-lehrreiche Band vergessene Wortfreunde aus unserer jüngeren Geschichte (wie etwa Bonanzarad, Dialektik, Exportbier, Sozialstaat, Vollbeschäftigung oder Stoßstange) ebenso wie der älteren (zum Beispiel Abgunst, Behuf, Café Achteck, fürbass oder Nabob) wieder in Erinnerung und erläutert jeweils, was sie bedeuten und warum sie bedroht sind. Es versteht sich von selbst, dass einerseits die Auswahl subjektiv ist, andererseits ein solches Projekt langfristig auf regelmäßige Neuauflagen angelegt sein sollte. Für alle, die ein Wort vermissen, das sie gerne "unter Artenschutz stellen" möchten, hat der Autor deshalb eine Internetseite eingerichtet, auf der man begründete Vorschläge für Neuaufnahmen machen kann. Eine hübsche Idee, die dem Büchlein zu einem langem Leben verhelfen könnte. Wir wünschen es ihm! --Andreas Vierecke
Geboren 1968 in Berlin. Studium der Geschichte, Literatur- und Politikwissenschaft in Berlin und Amsterdam. War Mitarbeiter der Berliner Seiten der FAZ, Redakteur im Feuilleton des Tagesspiegels und schrieb u.a. für AD, dpa, Frankfurter Rundschau, Merkur, NZZ, Rheinischer Merkur, Der Spiegel, taz, SZ, Weltwoche, Die Zeit.
Lebt in Berlin.