Von Dorit Koch
Musik und Malerei - für Udo Lindenberg die optimale Mixtur für all die Höhen und Tiefen im Showgeschäft. Als Musiker Mitte der 90er Jahre im „Tal des Zweifels“ angekommen, findet er zur Malerei. Er taucht ab in die Welt der Likörelle, immer häufiger zieht es ihn ins Atelier, immer seltener auf die Bühne. Was der Deutschrocker vorher in seinen Liedern ausdrückte, bringt er nun mit Pinsel und Farbe auf Papier. „In der Musik ein Wunderkind, in der Malerei ein Wundergreis“, beschreibt der 62-Jährige selbst seine erst spät entdeckte zweite Leidenschaft. Inzwischen ist ihm mit dem mehrfach vergoldeten Album „Stark wie Zwei“ ein Comeback gelungen - dennoch macht auch der malende Lindenberg weiter auf sich aufmerksam.
Der Bildband „Das Lindenwerk“ vereint hunderte Bilder in „Panikcolor“. Gemälde, Collagen, Comics und Zeichnungen des Künstlers aus mehr als 30 Ausstellungen. Seine Fotografin und Freundin Tine Acke, die bereits für Musiker wie Peter Maffay, Die Prinzen, Yvonne Catterfeld arbeitete, ist Herausgeberin des „Lindenwerks“ und hat mehr als 300 Seiten zusammengestellt. „Die Auswahl fiel schwer. Ich musste zwischen tausend Motiven entscheiden“, erinnert sie sich. Themen sind Sex und Erotik, Drogen und Rausch, Rock’n’Roll und Showbusinness, Politik und Provokation, Poesie und Panik. Das 2005 erstmals erschienene „Lindenwerk“ hat die Herausgeberin um neue Werke und neue Einblick in die Bilderwelt des Rockmusikers ergänzt.
Für Lindenberg sind Malen und Texten „ein Ding“. „Das ist alles miteinander verwoben. Viele Wege führen nach Rom, aber nach Rom- Lindenhausen führen sie eben alle - ob als Jodler oder Dichterfürst“, sagt er. Trotz des Erfolgs mit dem neuen Album - dem Comeback nach acht Jahren - findet der Panikrocker Zeit für seine Bilder. „Malen entspannt mich. Vorm Einschlafen fröne ich noch kurz der Pinselei, male auch Likörelle“, erzählt der Erfinder jener mit Likören gemalten farbenfrohen Bilder und gesteht: „Ich gebe zu, die Hälfte des Likörs trinke ich dann schon mal weg, um ein bisschen downzucoolen nach harten Managereitagen.“ Mit Likör hat er auch seiner „Miss World“ Angela Merkel kräftige Beine verpasst – „für den schwierigen Tanz auf schneeschmelzendem Polareis und afrikanischem Treibsand“.
Erstmals erhält man in dem Buch einen ausführlichen Einblick in die Malerei-Werkstatt des „Strichers von St. Georg“ (Udo über Udo). „Basisstation“ des im Hotel „Atlantic“ im Hamburger Stadtteil St. Georg lebenden Malers ist die Hotelbar. „Dieser künstlerische Raum ist nach außen offen, bietet Interaktion mit Freunden und anderen Gästen, Besuchern, Fans und Presseleuten - und kann zum einsamsten Ort der Welt werden, wenn außer dem Barkeeper und dem letzten Gast schon alles schläft.“ Später malt er in der „Panikpräsidentensuite“ oder seinem Atelier hoch oben unterm Hoteldach weiter. Fotos zeigen das Farblabor: Peppermint Green, Grenadine rot, Eierlikör goldgelb.
Bei den Preisen der „in Galerien von Sylt bis Dubai“ erhältlichen Werke will er sich nicht festlegen: „Das hängt von der Vermögenslage des Kaufwilligen ab. Ist er reich, zahlt mit drei Meter langen Schecks. Ist er bettelarm, male ich mal schnell in der Kneipe ein Bild und schenke es ihm.“ Gerade erst wurde eine Ausstellung mit seinen Werken im Frieder-Burda-Museum in Baden-Baden eröffnet. Lindenberg empfindet das als große Ehre und Verpflichtung: „Der Lindenstricher direkt neben Picasso und Matisse, in der Gesellschaft fühl ich mich ausgesprochen wohl. Doch das fordert mich auch heraus zu noch höherer Qualität. Ich bin ja in der Malerei noch ein relativ junges Talent.“
Literaturangaben:
LINDENBERG, UDO / ACKE, TINE (Hg.): Das Lindenwerk - Malerei in Panikcolor. Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, Berlin 2008. 308 S., 49,90 €.
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