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„Die geheimen Gärten von Berlin“

Ein Bildband gewährt Einblicke in einzigartige Privatgärten

© Die Berliner Literaturkritik, 28.06.10

Von Jenny Schon

So vielfältig wie die Bewohner Berlin-Brandenburgs, so auch ihre Gärten. Hat der Berliner erst mal ein Fleckchen Erde, sind seiner Phantasie kaum Grenzen gesetzt. Selbst die einfacheren Gärten der Kleingärtner zeigen sich in dem Prachtband mit seinen wunderschönen Fotografien als kleine Paradiese.

In Klein-Venedig und im Hessenwinkel, am südöstlichsten Zipfel von Berlin, beginnt die Kahnfahrt, Gärten vom Wasser aus zu betrachten. Aber auch ein Reihenhaus inmitten des Häusermeers muss den Gartenkünstler nicht zur Untätigkeit verdammen. Christa Bering im Ortsteil Zehlendorf macht es vor, was in einem Reihenhausgarten von 200 Quadratmetern alles blühen kann, einschließlich der eigentlich für den märkischen Sandboden gar nicht geschaffenen Rosen. Unter dem Titel „Rosen-Rausch hinterm Reihenhaus“ öffnet sie ihren Garten gerne auch für Besucher.

Georg von Gayl beginnt selbstverständlich mit einer Hommage an den Garten-Schriftsteller und Garten-Philosophen Karl Foerster (1874 Berlin - 1970 Potsdam-Bornim). Er war der Sohn von Wilhelm Foerster (Direktor der Königlichen Berliner Sternwarte) und der Malerin Ina Foerster. Nach einer Gärtnerlehre im Schlosspark Schwerin und einer Ausbildung in der Gärtnerlehranstalt in Potsdam-Wildpark gründete er 1903 eine eigene Staudengärtnerei, 1911 erschien sein erstes Buch „Winterharte Blütenstauden“. Im Laufe seines Lebens züchtete er 370 Sorten von Pflanzen, vor allem neue Sorten von Rittersporn, Astern und viele Gräser. Ohne Foerster sähe der Garten des 20./21. Jahrhunderts anders aus. Durch die geschickte Pflanzfolge blüht der Garten die ganze Saison, in der Regel komponiert der Garten sich selbst, wenn der Gärtner ihm Freiräume lässt, sich zu entfalten.

Der Architekt Wilfried Schuh, aufgewachsen in Caputh, von Kindheit auf mit einer atemberaubend schönen Gegend vertraut, plaudert gerne mit den Bewunderern seines Hinterhofgartens in Schmargendorf. Zunächst erzählt er die abenteuerliche Geschichte eines gründerzeitlichen Bürgerhauses in der Nähe des schönen Rathauses, in dem Romy Schneider und viele andere Prominente geheiratet haben und heute noch heiraten. Er hatte das Grundstück von 450 Quadratmetern mit dem maroden Haus vor Abriss und bürokratischer Willkür gerettet und 1980 begonnen, es zu restaurieren. Während seiner Arbeit fand er Ziegelsteine mit dem Stempel der Ziegelbrennereien in Petzow und Glindow, den Orten seiner Kindheit, wo seine Vorfahren Havelschiffer waren und diese Ziegelsteine mit den Kähnen nach Berlin transportierten. Wilfried Schuhs Garten liefert nicht die Blumen für die Brautjungfern, aber – einem schäbigen Hinterhof als Aphorismus, dass das Schöne sich überall seinen Weg bahnen kann, ist ein kunstsinniger Schöpfer vor Ort, entgegengesetzt – sein im italienischen Stil geschaffener Garten könnte dem Brautpaar die obligatorische Hochzeitsreise nach Italien ersparen. Arkadien hinter Arztpraxen, Fitnessstudio und Betonflächen für Parkplätze, unglaublich aber wahr.

Bewegen sich die dichten Schleier der Trauerweide, die seinen Garten verdecken, ist es dem Betrachter möglich, in ein Paradies zu schauen von unvorstellbarer Schönheit. Da leuchtet das Ockergelb der Glindower Ziegeln an den Pergolen, die vor die hässliche Brandwand gesetzt sind, unter Palmen plätschert der arkadische Brunnen, an dem die Großstadtseele sich laben und genesen darf, dort duften Lorbeerbäume, Hibiskus und Oleander.

Wie recht doch wieder mal Goethe hatte. Für alle, die in den Ferien in Berlin bleiben und sich hier umschauen wollen, sei ein Vers aus seinen Epigrammen ins Poesiealbum geschrieben:

Weit und schön ist die Welt, doch o wie dank ich dem Himmel, dass ein Gärtchen, beschränkt, zierlich, mein eigen gehört. Bringet mich wieder nach Hause! Was hat ein Gärtner zu reisen? Ehre bringt’s ihm und Glück, wenn er sein Gärtchen versorgt.

Den Band beschließen die repräsentativen und historischen Gärten an der Havel, die Villa Lemm in Gatow und ein streng gegliederter japanischer Staudengarten mit Blick auf die Pfaueninsel.

Literaturangabe:

VON GAYL, GEORG: Die geheimen Gärten von Berlin. Refugien in der Metropole. Fotos von Christa Brand. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2009. 160 S., 190 Farbabbildungen, 49,95 €.

Weblink:

Deutsche Verlags-Anstalt

BLK-Notizblock

Die nächsten Offenen Gärten können am 11./12. September 2010 besichtigt werden, zu erfragen u.a. bei der Urania Potsdam www.urania-potsdam.de, weitere Gartenführungen werden angeboten u.a. von Individuelle Stadt- und Parkspaziergänge 030/8921338, jennyschon[at]arcor.de.


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