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Enzensberger wird 80 Jahre alt

Zorniger Literat und poetischer Kritiker

© Die Berliner Literaturkritik, 11.11.09

Von Britta Gürke und Frederik Obermaier

MÜNCHEN (BLK) - Hans Magnus Enzensberger will nicht darüber reden, aber er kann auch nichts dagegen tun: Am 11. November wird der Literat 80 Jahre alt ­ auch wenn er nichts von Geburtstagen halte, wie er einmal verriet. Er werde zu seinem Wiegenfest „gar keine Interviews“ geben, ließ er seinen Verlag mitteilen. Dabei hätte der Jubilar viel zu erzählen: Seit der Veröffentlichung seines Debüt-Gedichtbandes „Verteidigung der Wölfe“ vor 52 Jahren hat der preisgekrönte Schriftsteller die literarische und intellektuelle Diskussion in der Bundesrepublik entscheidend mitbestimmt.

Enzensberger kam am 11. November 1929 als Sohn eines Postbeamten im Allgäu zur Welt. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete er als Dolmetscher und Barmann der Royal Air Force, später als Radio-Redakteur, Dramatiker, Lektor und Dozent. Heute gibt es kaum ein literarisches Genre mehr, in dem Enzensberger sich noch nicht versucht hätte. Meist waren diese Versuche von Erfolg gekrönt. Bekannt wurde er vor allem als Lyriker und mit seinen Essays. Geschrieben hat das Mitglied der Gruppe 47 aber auch Romane.

Eine Gattung hat Enzensberger je nach Wissenschaftler-Meinung sogar entwickelt, zumindest aber angemessen weitergebracht: das politische Gedicht. Auf sein literarisches Debüt „Verteidigung der Wölfe“ folgte 1960 „Museum der modernen Poesie“. Mit seiner Lyrik, aber auch seinen Essays habe er mit „eisiger Unerbittlichkeit“ das Nachkriegsbewusstsein der Gesellschaft und die Bedingungen, die dazu führten, offen gelegt, heißt es. In den 1960er Jahren gehörte er zu den Wortführern der Studentenbewegung und der linken Intelligenz. Mit der kritischen Zeitschrift „Kursbuch“ gab er eines ihrer wichtigsten Organe heraus.

Obwohl Enzensberger für ein breites Publikum fest mit der Studentenrevolte verbunden ist, wurde er später zum schärfsten Kritikern „linker Gemütlichkeit“, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ Ende der 1980er Jahre schrieb. Heute zählt „HME“, wie Enzensberger auch genannt wird, nach Meinung von Kollegen neben Günter Grass und Jürgen Habermas zu den wenigen deutschen Intellektuellen, die auch im Ausland auf Resonanz stoßen.

Auf Enzensbergers Meinung hört die Republik. Wenn der „zornige junge Mann der deutschen Literatur“, wie ihn Schriftsteller-Kollege Alfred Andersch einst nannte, zitiert wird, spitzen auch die Oberen die Ohren. „Meinungsbildend“ sei er, müssen selbst seine Kritiker zugeben. In jüngster Zeit machte der Büchner-Preisträger vor allem mit seiner Kritik aktueller Ereignisse von sich reden. Unter anderem verteidigte er 2003 als einer der wenigen deutschen Intellektuellen den von den USA forcierten Irakkrieg. Im Februar 2010 erhält er den renommierten dänischen Sonning-Preis. Die Jury lobt den Münchner als einen „Dichter und Intellektuellen, der mit Humor, Ironie und versteckter Wärme ‚Nein’ zu sagen wagt“.

Weiterhin schreibt Enzensberger aber auch neue Bücher. Anfang 2008 kam „Hammerstein oder der Eigensinn“ über einen preußischen Karriere-General heraus. Der Mix aus historischen Fakten, fiktionalen Elementen und essayistischen Reflexionen wurde nicht von allen Kritikern geliebt. 2004 veröffentlichte er unter seinem Pseudonym Andreas Thalmayr das Buch „Lyrik nervt! Erste Hilfe für gestresste Leser“.

Weblink:

Suhrkamp Verlag


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