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Momente des Innehaltens

Adrian Kasnitz’ Lyrikband „Reichstag bei Regen“

© Die Berliner Literaturkritik, 05.02.09

 

MÜNCHEN (BLK) – Im November 2008 ist in der Lyrikedition 2000 der Gedichtband „Reichstag bei Regen“ von Adrian Kasnitz erschienen.

Klappentext: „Was Poesie ist, diese Frage muss zu jeder Zeit neu beantwortet werden. Nach Postavantgarde und Formalismus der 80er und 90er Jahre hat der Stil sich nunmehr beruhigt. Jüngere Autoren führen die Dichtung auf ihr Eigentliches zurück: schlichte, klare Bildlichkeit, Verdichtung des Alltäglichen. Adrian Kasnitz gehört zu dieser kommenden Generation. Seine Lyrik ist scheinbar unaufgeregt, beinahe unbewegt. Doch hinter der sprachlich geglätteten Oberfläche lauern die Anwürfe des modernen Lebens, die vor allem eines nicht mehr zulassen wollen: Momente des Innehaltens, der Besinnung, der emotionalen Vergewisserung. Gerade diese Fähigkeit aber ermöglicht erst bewusste Wahrnehmung, und Kasnitz’ Gedichte tragen dazu bei, die Zeit anzuhalten, Erfahrungen zu subsumieren, Geschichte zu bilden.“ Enno Stahl

Adrian Kasnitz, geboren 1974, aufgewachsen in Queetz und Lüdenscheid, lebt als Schriftsteller, Herausgeber und Wissenschaftler in Köln. Neben dem vorliegenden Band veröffentlichte er „innere sicherheit“ (Gedichte, 2006) und „Die Maske“ (Kurzgeschichten, 2004). Seine Texte wurden u.a. mit dem Rolf-Dieter-Brinkmann-Stipendium der Stadt Köln und einem Arbeitsstipendium der Staatskanzlei NRW gefördert. (jud)

Leseprobe:

© Lyrikedition 2000©

KINDERGEWITTER, KÖLNER BUCHT

für harald gröhler

die blitze im rahmen / es donnert / mach

das fenster auf kipp / mach das fenster zu / du

sollst schlafen und nicht zittern /

schließ die augen / grüne blitze / ausgefranst /

so ausgefranst das land / die stadt als fähre

im sturm / das haus gegenüber als gefährte /

vogel flieg / singst du / vogel flieg /

grüne blitze / und die schwalben unterm

traufstein sind bang / gesangslos

 

 

EIN PHOTO ZEIG ICH DIR

von einer griechischen frau

gekleidet: schwarz und kopftuchumwickelt

hat sie einen korb oliven gepflückt

und blickt böse ins bild

ich erfinde eine stimme dazu

imitiere kehlige gurgellaute

die dem meeresboden entsprungen sein könnten

wahrscheinlich lebt sie auf einer insel

wir versuchen sämtliche aufzuzählen

nur lesbos und kreta

erscheinen auf unserer mental map

und bei zypern zweifeln wir zu recht

steigen wir zusammen in die badewanne

legst du die urlaubskataloge zur seite

die kleider ab

schicke ich dir die seifendose rüber

ein schiff kommt

wassiliki ein schiff

 

 

AM SEE

die genäßten leiber dicht gedrängt das nackte fleisch

vereinzelt mit buntem stoff behängt wie

lampions in einer lauen sommernacht

und junge hunde wie sie über badetücher

tapsen und nach turnschuhn schnappen

wir hingegen tauchen in das wasser

wie in glas gegossene fische

© Lyrikedition 2000 ©

Literaturangaben:
KASNITZ, ADRIAN: Reichstag bei Regen. Gedichte. Lyrikedition 2000, München 2008. 96 S., 9.50 €.

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