Petra Joys erster Film gilt als einer der ersten Pornos für Frauen
Petra Joys erster erotischer Film "Sexual Sushi", gilt als einer der ersten Pornos für Frauen. Bevor sie sich an das große Thema der weiblichen Lust mit eigenen Filmen machte, hat sie unter anderem als Fernsehjournalistin für "Liebe Sünde" und Erotikfotografin gearbeitet. Mit "Female Fantasies" und "Feeling it! Not faking it" folgten zwei weitere Pornos für Frauen. Unter dem Label "Strawberry Seductress" macht sie auch weiterhin erotische Fotos von Frauen. Sie gibt Seminare und Workshops für Frauen, die selber Pornos drehen möchten, und schrieb das Buch: "Adult Movie Making For Couples".
BRIGITTE.de: Viele Frauen mögen keine Pornos. Woran liegt das?
Petra Joy: An den Inhalten. Traditionell sind Pornos von Männern für Männer gemacht. In durchschnittlichen Pornos werden Männer extrem von Frauen verwöhnt. Da gibt es zum Beispiel den Kult um den Blowjob. Und quasi jede Szene endet damit, dass der Mann auf der Frau abspritzt. Wenn Sex im wirklichen Leben so aussehen würde, wäre das auch nicht toll.
BRIGITTE.de: Was wollen Frauen denn Ihrer Meinung nach sehen?
Petra Joy: Ich bin davon überzeugt, dass Frauen genau so visuell erregbar sind wie Männer. Den Unterschied macht die Qualität: Frauen mögen gerne schöne Bilder und gucken Pornos mehr als Gesamtkunstwerk. Wenn sie selbst im Mittelpunkt stehen, können sie sich auch damit identifizieren.
BRIGITTE.de: Haben Sie auch deshalb angefangen, selber Pornos zu drehen, um genau das besser zu machen?
Petra Joy: Ich war in den 80er-Jahren aktiv in der Anti-Porno-Bewegung. Ich war damals nicht grundsätzlich gegen Pornos, weil ich eine Frau bin oder eine Feministin. Ich liebe Sex. Aber zu dieser klassisch männlichen Art von Pornos musste ich erst mal "Nein" sagen. Später habe ich mich gefragt, warum man erotische Bilder den Männern überlassen sollte. Ich möchte Alternativen schaffen zu dem Ramsch, der auf dem Markt ist.
BRIGITTE.de: Was machen Sie also anders?
Petra Joy: Ich sehe mich nicht als Pornographin, ich sehe mich als Erotik-Künstlerin. Meine Filme sollen wieder Zauber in den Sex bringen, Sinnlichkeit und Intimität. Mir ist es wichtig, authentische Frauenphantasien zu veröffentlichen. In meinen Filmen zeige ich die meiner Freundinnen und Kundinnen. Teilweise sind es auch meine Phantasien. Dass jedes Loch gestopft wird - immer tiefer und immer mehr - ist eine männliche Phantasie. Frauen wünschen sich was ganz anderes: Sie wollen viel Oralsex erfahren, statt ihn immer nur zu geben, sie wollen Vielfalt. Ich will die Frauen mit meinen Filmen ein Stück befreien.
BRIGITTE.de: Kann man überhaupt einen gemeinsamen Nenner für das finden, was für Frauen erotisch ist?
Petra Joy: Ich kann zwar nicht dafür sprechen, was alle Frauen erotisch finden, aber schon für die Mehrheit. Ich beschäftige ich mit dem Thema Sexualität jetzt seit 20 Jahren, interviewe Frauen, schreibe Bücher... Natürlich gibt es Frauen, die auf Männerpornos stehen. Für Lesben spreche ich auch nicht, weil ich keine bin.
BRIGITTE.de: In Ihren Filmen gibt es zum Beispiel Szenen mit Federstreicheln und sehr zärtlichem Sex. Ist das nicht anders herum ein Klischee?
Petra Joy: Eigentlich gar nicht. Es gibt ja andererseits zum Beispiel auch die Szene mit der Frau, die sich von zwei Frauen in Matrosenuniform verwöhnen lässt. Das ist eine echte Sexphantasie der Darstellerin gewesen, die hat sie live das erste Mal so vor der Kamera erlebt. Da war überhaupt nichts inszeniert. Das ist in meinem Schlafzimmer gedreht und die haben vor Lust wirklich das Haus zusammengeschrien, so dass sich meine Nachbarn beschwert haben.
BRIGITTE.de: Aber auch bei der Szene bedient doch allein der Retro-Matrosen-Look wieder ein Klischee.
Petra Joy: Es ist ein bestimmter Look, aber es ist trotzdem nicht Mainstream-Porno. Die Frauen hätten sonst Acrylnägel, Acrylhaare, Silikonbrüste, ganz viel Make-up und würden ständig nur in die Kamera gucken. 95 Prozent der Frauen, die in Mainstream-Pornos Lesbenszenen machen, stehen überhaupt nicht auf Frauen. Man kriegt mit, dass die Frauen sich nur für die Kameras berühren und die Lust nicht echt ist. Ich mache nie Vorgaben für den Sex, der ist immer authentisch in meinen Filmen.
BRIGITTE.de: "Feeling it not faking it" ist also nicht nur Titel Ihres dritten Films, sondern auch ein Credo. Macht das Ihnen das Filmen nicht schwer?
Petra Joy: Ja, es ist allein schon total schwer, die Darsteller zu finden.
BRIGITTE.de: Und wie finden Sie die?
Petra Joy: Durch Mundpropaganda. Meine Flugblätter liegen in Frauen-Sexshops aus, es gibt einen Casting-Fragebogen auf meiner Homepage. Menschen, die normale Jobs und Leben haben und gleichzeitig sexuell befreit genug sind, sich so vor der Kamera zu zeigen, gibt es nur sehr vereinzelt.
BRIGITTE.de: Sie setzen also mehr auf Authentizität als auf Ästhetik?
Petra Joy: Ich caste nicht nach Schwanzlänge, ich sehe die Darsteller nicht nackt vor dem Dreh. Es ist mir wichtiger, was sie im Herzen und im Kopf haben. Ich könnte mir einen Pornostar mit einem perfekt muskulösen Körper mieten, aber der will dann rammeln wie so ein Idiot!
BRIGITTE.de: Glauben Sie, dass Frauen genau wie Männer auch mal Hardcore-Sex haben wollen?
Petra Joy: Natürlich! Ich habe nichts gegen Penetration, ich zeige auch männliche Ejakulation - allerdings nicht über das Gesicht der Frau, weil ich weiß, dass das viele Frauen als demütigend empfinden. Das Wichtigste ist zu zeigen, dass die Frauen kommen. Und ich zeige gerne Vorspiele, Frauen wollen sehen, wie die Erregungskurve verläuft. Man sieht die Gesichter und die Reaktionen - und auch den männlichen Körper.
BRIGITTE.de: Sie verkaufen Ihre Filme als Pornos für Frauen und Paare. Mögen denn auch Männer Ihre Filme?
Petra Joy: Ich habe sehr viele männliche Fans, nicht jeder Mann ist abgestumpft und will nur das Harte. Mir sagen viele Männer: endlich! Wie erfrischend! Ich verstehe jetzt besser, was Frauen anturnt! Ich verstehe meine Filme auch als Sexerziehung. Deswegen zeige ich immer wieder Safer Sex und baue mit als einzige Regisseurin weltweit die Benutzung von Kondomen in die Handlung ein.
BRIGITTE.de: Sie sind nicht die einzige Frau, die Pornos für Frauen macht. Sind eigentlich andere Frauenpornos ähnlich?
Petra Joy: Es gibt weibliche Filmemacherinnen, die ich sehr schätze. Und wieder andere, die der Pornoindustrie gegenüber Zugeständnisse machen und die männlichen Klischees wiederholen. Da endet dann eben doch wieder jede Szene mit der Ejakulation des Mannes auf der Frau. Es gibt viele verschiedene Stimmen, da soll frau sich selbst eine Meinung bilden, worauf sie steht.
BRIGITTE.de: Sie machen gar keine Zugeständnisse an die Pornoindustrie?
Petra Joy: Genau, meine Filme sind auch deswegen kein kommerzieller Erfolg, aber es geht schließlich nicht nur ums Geld. Es geht genauso darum, Zeichen zu setzen, Menschlichkeit rüberzubringen und zu inspirieren. Ich weiß, dass ich das Bild von Sexualität für viele Menschen verändert habe. Darauf bin ich stolz.