Der Spiegel attestiert Obama im aktuellen Heft eine “missglückte Präsidentschaft” (Ausgabe 24/2012). Tatsächlich stehen seine Chancen auf eine Wiederwahl nicht wirklich gut, trotz dem eher wenig überzeugenden Gegenkandidaten Mitt Romney.

Sehr bemerkenswert ist nun, was in der Businessweek zur Wahlkampftaktik Obamas geschrieben wird: Demnach wird der anstehende Wahlkampf noch sehr viel konsequenter digital geführt werden, als das im Jahr 2008 der Fall war. Verantwortlich hierfür ist Jim Messina, der sich offenbar ausgiebig im Silicon Valley hat beraten lassen, u. a. auch noch von Steve Jobs.

Insgesamt ist der Artikel in der Businessweek eine Pflichtlektüre. Denn er gibt einen (seltenen) Einblick in die Methodik modernster Kampagnenführung, die so nicht nur für politische Wahlkämpfe zum Maßstab werden könnte, sondern auch das Marketing in anderen Bereichen beeinflussen dürfte.

Wie viel sich seit 2008 verändert hat, zeigt ein Blick auf Twitter: Obama hatte am Tag der Wahl 116.000 Follower, aktuell sind es 16,5 Millionen. Enorm weiterentwickelt haben sich auch die Möglichkeiten im Bereich Collaboration (Enterprise 2.0). Deshalb wird im anstehenden Wahlkampf eine neu entwickelte Software-Plattform genutzt, die einerseits das gesamte Team vernetzt und Informationen in Echtzeit bietet, und andererseits eine Datenbank mit Angaben zu praktisch allen potenziellen Wählern enthält. Über eine App kann diese Plattform auch im Wahlkampf auf der Strasse genutzt werden, sei es um Daten abzurufen, sei es um Daten zu aktualisieren.

Abzuwarten bleibt, wer am Ende gewinnen wird. Mitt Romney mit seinem eher konventionellen Wahlkampf, der stark auf die Wirkung in Massenmedien setzt, oder Barack Obama mit dem Fokus auf Vernetzung und direkten Dialog mit jedem Wähler.

 

Apple bringt nun sein Retina Display auch in das MacBook Pro. Zwar zunächst nur im 15-Zoll-Modell, aber die Richtung ist damit klar: Es dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis alle Endgeräte damit lieferbar sein werden. Das könnte Folgen für den gesamten Markt an Desktop-Computern bzw. Notebooks haben, denn der Wettbewerb wird nachziehen müssen, wenn sich die Geräte gut verkaufen.

Dabei sollte man sich nicht vom hohen Preis des neuen MacBook Pro (mit Retina Display) täuschen lassen: Apple besteigt den Markt erst einmal von oben und testet die Zahlungsbereitschaft seiner Kunden. Preislich günstigere Varianten können im Prinzip jederzeit nachgeschoben werden, insbesondere wenn das Retina Display auch für Geräte ohne teure Flash-Speicher verfügbar gemacht wird. In diesem Sinne sieht John Gruber (Daring Fireball) das neue Flagschiff-MacBook Pro in einer Vorreiterrolle ähnlich dem ersten MacBook Air aus dem Jahr 2008. Dieses kam bekanntlich ebenfalls zu einem relativ hohen Preis auf den Markt und verkaufte sich nur in geringen Stückzahlen. Im Jahr 2010 jedoch kam die Neuauflage mit drastisch niedrigeren Preisen und am Markt gab es kein Halten mehr. Bis heute haben Apples Konkurrenten dem MacBook Air nicht wirklich viel entgegen zu setzen, das Gerät ist die Referenz schlechthin im Segment der Ultrabooks und verkauft sich in hohen Stückzahlen.

Die Folgen für das Marketing: Hoch auflösende Bilder werden zur Pflicht!

Wenn immer mehr Menschen Endgeräte mit sehr hoch auflösenden Bildschirmen nutzen, stiegt damit die Erwartungshaltung an das damit betrachtete Bildmaterial. Fotos und Videos müssen dem gerecht werden können, sonst sieht man schnell alt aus. Die bekannte Regel, dass “gute” Fotos nur für Print benötigt werden, während für den Online-Auftritt deutlich geringer auflösende Formate völlig ausreichen, dürfte damit bald der Vergangenheit angehören. Die Bildkommunikation muss sich umstellen.

Dieser Trend betrifft gleichermaßen die Bereiche B2C und B2B. Dazu kommt als weiterer Trend, dass hochwertiges und ästhetisches Bildmaterial zunehmend im Computer generiert wird. Eine mit Gras überwachsene Pumpe etwa (wie von timeRay hier gezeigt), ist demnach ganz im Sinne von Apple, denn solche visuellen Effekte kommen auf dem Retina Display besonders gut zur Geltung. Apple selbst versucht in vielen bunten Bildern und mit reichlich markigen Sprüchen (“simply amazing”, “total game changer”…) das Retina Display als neuen Standard in den Markt zu drücken. Dass es noch überhaupt keine Filme gibt, die eine derart hohe Auflösung heute schon konsequent ausnutzen können, wird dabei lieber nicht erwähnt…

 

instagram catchup from the last few weeks [autoposter] by philcampbell auf Flickr

Bekanntlich wirft, wer Werbung macht, dabei die Hälfte seines Geldes zum Fenster hinaus. Unklar ist nur welche Hälfte. In manchen Fällen wird sogar sicher mehr als die Hälfte des Geldes zum Fenster hinaus geworfen, etwa wenn Marken dem neuen Trend zum Marketing auf Instagram folgen. Adweek berichtet aktuell darüber.

Praktisch funktioniert das so: Ein Unternehmen sucht sich einen Fotografen mit hoher Anhänger-Zahl auf Instagram. Dieser wird zu einem Event eingeladen und darf bzw. soll dort möglichst viele Fotos machen. Das Publikum für die so erstellten Fotos bilden in erster Linie die Anhänger (Follower) des Fotografen auf Instagram.

Ohne Titel by ostromentsky auf Flickr

Doch selbst wenn dies im Einzelfall mehrere Zehn- oder gar Hunderttausend sind, muss doch die Frage gestellt werden, wie weit sich diese Anhängerschaften mit den Zielgruppen eines Unternehmens decken können. Im Zweifelsfall dürfte die Überlappung bei den Gruppen ziemlich gering sein. Da helfen dann auch virale Effekte von besonders gelungenen Fotomotiven nicht viel weiter.

Als weitere Einschränkung kommt hinzu, dass Instagram bis heute eine relativ stark in sich geschlossene Plattform ist, die bis auf ihre Verbindung zu Facebook oder Twitter kaum in anderen Medien sichtbar wird. Im “normalen” Web jedenfalls gibt sich Instagram kryptisch: Wer meint, hier interessante Fotos sehen zu können, irrt gewaltig. Ohne selbst einen Account anzulegen wird es ziemlich schwer, um nicht zu sagen, unmöglich, ein paar Eindrücke zu bekommen oder gar gezielt nach bestimmten Motiven zu suchen. Als Ausweg bleibt die Bildersuche auf Google und Flickr.

Das aber kann kaum im Interesse des Marketing sein. Werbemotive, die nur kurz in den Timelines von Social Networks und bei Instagram selber sichtbar werden und danach kaum noch aufzurufen bzw. wieder zu finden sind, können keine besonders große Wirkung entfalten.

Baddags (jag hoppade inte sådär) #mrg2012 by thejanner auf Flickr

Einen Vorwurf sollte man deshalb aber nicht an Instagram richten: Die Anwendung wurde nämlich gar nicht dazu entwickelt, als Trägermedium für Werbekampagnen zu dienen. Dazu auserkoren haben sie erst ein paar kreative Köpfe, die zwar einerseits stets auf der Spur nach neuen Trends sind, andererseits aber immer noch diese Denke in massenmedialen Konzepten und hohen, direkten Reichweiten im Kopf haben…

Fazit: Für Werbung mit Bildmotiven dürfte sich im Bereich Social Media Pinterest derzeit deutlich besser eignen. Nachdem aber Instagram jetzt zu Facebook gehört, könnte auf mittlere Sicht das Konzept der App geändert und um Werbeformate ergänzt werden. Allerdings dürfte Mark Zuckerberg dabei kaum an den hier im Artikel beschriebenen Weg denken. “Sponsored Photos” mit garantiert hoher Reichweite (und über Facebook zu buchen) dürfte da eher in seinem Sinne sein. Aber auch dann wird gelten: Die Hälfte des eingesetzten Geldes ist zum Fenster hinaus geschmissen.

Screenshot PandoDaily-Blog am 16.05.2012

So macht man das heute: Man nimmt einen aktuellen Anlass (hier den Börsengang von Facebook) und schreibt dazu ein paar längere Artikel. Diese kommen aber nicht ins Blog, sondern werden als E-Book (über Amazon) zum Kauf angeboten. Der Preis ist niedrig angesetzt: 4,11 US-$ bzw. 3,18 €.

Abzuwarten bleibt, wie viele dieser E-Books sich damit absetzen lassen. Insgesamt aber scheint mir das ein geeignetes Konzept zu sein, um ein Blog mit einer Paid-Content-Komponente zu verbinden. Dabei können die Artikel des E-Books später immer noch einzeln im Blog veröffentlicht werden, vielleicht in gekürzter Form.

PandoDaily, das von Sarah Lacy 2012 gegründete Blog, hatte zuletzt keine übertrieben gute Presse: Es fehle an Scoops sowie an originellen Analysen wurde moniert. Mit dem E-Book versucht die junge Herausgeberin offensichtlich wieder Boden gut zu machen.

Festzuhalten bleibt, dass die Kombination aus Blog und E-Books sich zu einer interessanten Freemium-Strategie entwickeln könnte. Das wäre dann auch eine Option für deutschsprachige Blogs – und nicht zuletzt natürlich für Carta.

Nachtrag zum Inhalt des E-Books (18.05.2012):

Das E-Book von Sarah Lacy kann mit einigen interessanten Details zu Facebook aufwarten und bietet insgesamt einen guten Überblick zur Entwicklungsgeschichte des jungen Unternehmens und seinen aktuellen Herausforderungen. Negativ fällt auf, dass nur Text zum Einsatz kommt und weder Fotos noch Grafiken verwendet werden. Ein paar Tabellen zur Entwicklung von Umsatz, Gewinn oder den Mitgliederzahlen hätten nicht geschadet. Dennoch ist das Buch seinen Preis wert, weil Sarah Lacy Mark Zuckerberg schon sehr lange genau beobachtet und aus dieser Erfahrung Einsichten und Zusammenhänge liefern kann, mit denen so nicht jeder Tech-Blogger aktuell aufwarten kann.

Selbstfahrende Autos sind keine Utopie mehr, praktisch alle Automobilhersteller arbeiten daran. Darüber hinaus hat Google eine kleinere Flotte solcher Fahrzeuge testhalber im Einsatz und denkt offenbar daran, deren spezielle Technik zu einem neuen Geschäftsfeld zu entwickeln.

Das folgende Video zeigt, wie selbstfahrende Fahrzeuge den Kreuzungsverkehr unter sich regeln könnten (gesehen auf The Next Web):

Was in erster Linie humorvoll gemeint ist, illustriert perfekt eine tiefer reichende Komponente: Künstliche Intelligenz kann auf Regeln bzw. Regelungsmechanismen zurückgreifen, die uns Menschen nicht mehr zugänglich sind. Was uns als unsinnig und hochgradig riskant erscheint, kann für solche Systeme noch vollkommen beherrschbar und übersichtlich wirken.

Ob eines Tages der Verkehr an Kreuzungen tatsächlich in der hier visualisierten Form geregelt werden wird, ist dabei nicht der Kern der Sache: Die Kernfrage lautet vielmehr, ob wir Menschen uns Systemen von künstlicher Intelligenz anvertrauen wollen, deren Aktionsmuster wir nicht mehr nachvollziehen können, weil sie unsere eigenen Fähigkeiten weit übersteigen.

Meines Erachtens ist diese Frage bereits beantwortet. Wir wollen es und wir werden es tun, weil es unseren (menschlichen) Handlungsspielraum vergrößern und damit unsere Lebensqualität verbessern kann. Natürlich wird es als Begleiterscheinungen dieser Entwicklung auch massive Proteste, Boykottaktionen und vermutlich auch mutwillige Zerstörungsakte geben. Verhindern lassen wird sich diese Entwicklung aber nicht.

Am Ende stehen dann vermutlich Systeme von künstlicher Intelligenz, die zwar autonom agieren werden, uns Menschen dabei jedoch die Illusion vermitteln, wir selbst seien es, die den Faden in der Hand hielten und Entscheidungen autonom träfen…

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